Montag, 28. März 2016

Darauf einen Jägermeister! Porsche 917/30 TC Interserie 1973 von Minichamps, 1:43

Minichamps stellt den Sammler vor eine Herausforderung; gleichzeitig mit dem CanAm-Sieger von 1972 kommt der Jägermeister-Porsche vom darauffolgenden Jahr in den Handel, eine Woche später folgt dann Willi Kauhsens gelber 917/10. Bei 75 Euro pro Modell wird das Budget kräftig belastet und bei den kleinen Stückzahlen (380 beim Jägermeister) ist Abwarten sicherlich die falsche Strategie.

Porsche produzierte insgesamt drei 917/30-Chassis. Während 002 und 003 als Einsatzfahrzeuge in die USA gingen, war 001 ursprünglich ein Versuchs- und Entwicklungsauto, das von November 72 bis April 73 3.000 km zurücklegte. Für den Südwest-Pokal in Hockenehim, den fünften Lauf der Interserie, des europäischen Pendants zur CanAm, wollten die Veranstalter ein besonderes Zugpferd haben, so kam es, dass 917/30-001 im Werk rennfertig gemacht und orange lackiert wurde. Fairnesshalber brachte man das Chassis auf 917/10-Spezifikation, was vor allem bedeutete, dass der Radstand wieder auf 2.316 mm eingestellt wurde. Offiziell wurde das Auto also vom Motorsportclub Stuttgart bei Porsche ausgeliehen, als Fahrer konnte man mit Vic Elford einen Topmann und grandiosen Allrounder verpflichten. Bereits im Training zeigte Quick Vic mit dem von ihm vorher nie gefahrenen Turbo den Stammpiloten der Interserie, wo der Hammer hängt. 0,6 Sekunden schneller als Kauhsen, 0,9 Sekunden Vorteil gegenüber Kinnunen, den beiden Protagonisten der Saison! Georg Loos, ebenfalls auf einem 917/10 unterwegs, bekam gleich eine Packung von 5 Sekunden verpasst. Davon waren die Porsche-Kunden natürlich nicht begeistert, aber für die Meisterschaft war Elford mit diesem einen Start natürlich keine Gefahr.

Im ersten Lauf musste der Jägermeister-Porsche nach einem Dreher mit Karosserieblessuren an die Box, Vic Elford konnte aber noch den zweiten Platz retten, nachdem Kinnunen mit Getriebeschaden ausfiel. Den zweiten Lauf und die Gesamtwertung des Süd-West-Pokals holte sich der Engländer souverän vor Georg Loos, da Kauhsen im zweiten Lauf ebenfalls der Defektteufel ereilte.

Für 917/30-001 war die Geschichte noch nicht zu Ende, 1974 wurde das Auto an das Privatteam Dannesberger-Martini ausgeliehen und der Schweizer Herbert Müller wurde damit Gesamtsieger der Interserie. Der letzte Einsatz erfolgte 1975 wieder in Hockenheim, standesgemäß verabschiedete man sich mit einem Sieg, diesmal im Vaillant-Dekor. Die gelegentlich für das Auto genannte und auch von Minichamps benutzte Bezeichnung 917/20 ist meines Erachtens falsch, auch Walter Näher verwendet in seinem 917-Standardwerk ausschließlich 917/30 für dieses Auto, 917/20 ist ausschließlich das schweinchenrosa lackierte kurze und breite Le Mans-Coupé.

Für das Minichamps-Modell gilt im Prinzip das in unserer Besprechung des CanAm-917 gesagte. Auch der orange Jägermeister-Porsche beeindruckt durch gute Form, saubere Dekoration und feine Details. Allerdings findet man bei genauer Betrachtung einige Ungenauigkeiten. Die vorderen Radkästen dürften nicht komplett schwarz ausgelegt sein, die Flügelstützen sind auch hier etwas dick und innen falsch geformt, ausserdem müssten sie orange statt silber sein. Bei der Technik am Heck sieht auch nicht alles genauso aus wie beim Original, verglichen mit einem schönen Foto im erwähnten Näher-Buch gibt es da anders laufende Leitungen und Schläuche, während Minichamps einfach die gleichen teile wie beim 917/10 verwendet. Die Fronthaube, das größte Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem 917/10, hat Minichamps gut getroffen, leider aber den Kühllufteinlass falsch reproduziert. Beim Original gab es ein zusätzliches Blech oder Kunststoffteil in Form einer breiten Schaufel, während beim Modell nur zwei senkrechte Streben vorhanden sind, der "Boden" fehlt einfach. Dass die Shell-Logos etwas größer bzw. weiter vorne platziert sein müssten, ist dann eher marginal. Auf einen weiteren Fehler weist unser Leser Robert Balb hin, die NACA-Einlässe oben aussen auf der Motorhaube hatten die 917/30 nicht, die haben die Aachener einfach vom 917/10 übernommen.

Auch hier bleibt die Entscheidung beim Sammler, ob er dieses, wie gesagt auf lediglich 380 Stück limitierte Modell trotz offensichtlicher Fehler in die Sammlung stellen will. Wir würden uns von den Produzenten etwas genauere Entwicklungs- und Recherchearbeit wünschen, damit solche dummen Fehler vermieden werden.

Unser Besprechungsmuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

unsere fachhandelspartner:

Falls Sie Interesse an unserem Partnerprogramm haben freuen wir uns über eine Nachricht an info@auto-und-modell.de.