Mittwoch, 6. Januar 2010
Star der 20er Jahre - Hispano Suiza H6 Boulogne von IXO in 1:43
Auf dem Pariser Salon 1919, der ersten großen Schau nach dem 1. Weltkrieg wurden einige der wegweisenden Luxusfahrzeuge der kommenden Epoche der Roaring Twenties vorgestellt. Neben dem Rolls Royce Silver Ghost, dem Renault 40 CV, einem leider nie in Serie produzierten Lancia V12 und den amerikanischen Klassewagen von Cadillac und Pierce Arrow stach vor allem der vom Schweizer Konstrukteur Marc Birkigt entworfene Hispano Suiza H6 hervor. Neben einer herausragenden Qualität überzeugten vor allem Detaillösungen wie die Vierradbremse mit mechanischer Servounterstützung und die Leistung von 134 PS bei lediglich 2750 1/min aus 6,6 Litern Hubraum. 1923 kam dann eine Sportausführung mit verkürztem Radstand dazu, der Boulogne mit 8 Liter Hubraum und ca. 170 PS. Das IXO-Modell stellt wohl das berühmteste Exemplar dieser Serie dar, das bei der Flugzeugfirma Nieuport im Auftrag des französischen Aperitif-Fabrikanten André Dubonnet karossiert wurde. Der Aufbau bestand aus Aluminium, auf das anschließend im Stil von damaligen Rennbooten mit tausenden Kupfernieten eine Holzbeplankung aufgebracht wurde. Unterschiedliche Quellen sprechen von „Tulipwood“ oder Rosenholz. Mit diesem Fahrzeug nahm Dubonnet, der auch ein guter Rennfahrer war, an der Targa Florio 1924 teil und belegte trotz zahlreicher Reifenwechsel noch den 7. Platz. Nach weiteren Einsätzen und dem Umbau in eine Straßenversion mit Kotflügeln landete der Hispano in England, wo er später restauriert wurde und die recht plumpen Kotflügel und eine Gepäckbrücke auf dem Heck erhielt. Heute kann man das Auto in der Blackhawk Collection in Kalifornien bewundern.
Was hat nun IXO aus diesem wirklich extravaganten Auto gemacht? Man weiß, dass die meisten Modelle der Museum Collection auf billigen Kioskmodellen basieren und mit wechselnden Erfolgen aufgepeppt wurden. Beim Hispano Suiza hat man sich viel Mühe gegeben: filigrane Speichenräder, chrombedampfte Zierleisten, feine Windschutzscheibe mit geätzten Wischern, Scheinwerfer mit freistehenden Leitungen und viele Anbauteile hinterlassen beim Betrachter großen Eindruck. Lenkrad und Armaturen sind gut reproduziert, lediglich die Details der linken Innenverkleidung fehlen. Weitere Kritik gilt manchen Passungen am Heck und an der Unterseite der Kotflügel, die im Modell noch plumper als im Original wirken. Die Anbringung der Reserveräder hätte man eleganter lösen können, sie hängen schief und zu nahe an der Karosserie. Der Kühler mit dem Hispano Suiza-Schriftzug und dem davor angebrachten fliegenden Storch überzeugt, das schwierig darzustellende Finish der Holzoberflächen ist sowohl vom Farbton als auch von der Maserung nicht optimal. Auf die Kupfernieten hat man ganz verzichtet, meiner Meinung hätte man eine bessere Lösung finden können. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Handel diese Modelle für unter 30 Euro anbietet!
Soweit, so gut. Auch wenn man kein Maßstabsfetischist ist, kommt einem der Hispano neben anderen Autos aus der Zeit riesig vor. Mein Verdacht geht dahin, dass man beim Vermessen vom falschen Radstand ausgegangen ist und die anderen Maße davon abhängig errechnet hat, da ja die Gesamtproportionen schon stimmig sind. Der H6 hatte 3,69 m Radstand, der Boulogne hingegen 3,39 m. Das IXO-Modell entspricht im Radstand der langen Version, die Spurweite beträgt aber umgerechnet dann ca. 1,65 m gegenüber 1,45 m beim Original. So ergibt sich für das Modell ein Maßstab von gerundet 1:39,5.
Fazit: Der Hispano Suiza H6 „Tulipwood“ von IXO ist ein für die Preisklasse sehr detailliertes Modell mit allerdings eklatanten Schwächen in der Maßstäblichkeit und einigen Details.
Wir danken Alexander Schakow von Supercars für die Unterstützung.
Für weitere Informationen zur Historie der Marke empfehle ich das Buch „Autos der 20er und 30er Jahre - Luxus-Wagen 1919-1939“ von Ferdinand Hediger / Hans-Heinrich von Fersen / Michael Sedgwick, erschienen im Motorbuch Verlag.
Text und Fotos: Rudi Seidel