Sonntag, 22. Dezember 2019

Maybachs Automobil-Revolution - der Mercedes 35 PS von Schuco, 1:18

"Der erste Supersportwagen" - "das erste moderne Automobil" - das Pressematerial von Mercedes-Benz kennt in Bezug auf den Mercedes 35PS viele Superlative. Nicht zu Unrecht, denn der von Wilhelm Maybach, seinerzeit Chefkonstrukteur der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) in Cannstatt, im Jahre 1900 entwickelte Wagen setzte tatsächlich Maßstäbe. Entstanden ist er auf Initiative von Emil Jellinek, einem einflußreichen Geschäftsmann und Diplomaten, der in Nizza residierte und exzellente Verbindungen zur "High Society" an der Côte d'Azur hatte. Jellinek war vom Automobil in vielerlei Hinsicht begeistert, insbesondere aber reizte ihn der Einsatz als Sportgerät. Er hatte schon frühzeitig die positive Wirkung sportlicher Erfolge für die Verkaufsergebnisse der Wagen erkannt und setzte für die Rennwoche in Nizza im Jahr 1900 zwei Daimler-Phönix-Wagen ein, von denen einer allerdings bei einem Bergrennen schwer verunfallte, wobei sein Fahrer Wilhelm Bauer tödlich verletzt wurde. Von diesem Rückschlag ließ sich Jellinek aber nicht beeindrucken und orderte bei der DMG ein besseres Auto - leichter, leistungsstärker und mit tieferem Schwerpunkt. Eine große Herausforderung für Wilhelm Maybach, insbesondere, da das Zeitfenster für die Entwicklung und Fertigung sehr eng war. Um seiner Forderung zusätzlichen Nachdruck zu verleihen, bestellte Jellinek direkt 36 dieser neuen Fahrzeuge - ein damals gewaltiger Großauftrag. Als weitere Bedingung verlangte Jellinek, dass der neue Wagen den Namen von Jellineks abgöttisch geliebter Tochter Mercedes tragen sollte. Jellinek nutzte den Namen schon länger als Pseudonym für seinen Rennstall und für die verwendeten Wagen, hier sollte es tatsächlich erstmals der offizielle Markenname des Fahrzeuges sein.

Maybach konstruierte das Auto komplett neu, baute einen leichten Vierzylindermotor mit Kurbelgehäuse aus Aluminium, bei dem erstmals Einlass- und Auslassventile über Nockenwellen gesteuert wurden. Pro Zylinderpaar baute Maybach einen Vergaser ein, der Motor erhielt durch alle Maßnahmen eine bessere Laufruhe und ein wesentlich verbessertes Beschleunigungsverhalten. Wirklich revolutionär war der völlig neuartige Kühler des neuen Wagens. Während bis dahin Rohrschlangenkühler mit viel Kühlwasser und hohem Gewicht üblich waren, konstruierte Maybach mit dem Bienenwabenkühler eine deutlich leichtere Lösung mit geringerem Wasserbedarf. Der Motor saß nicht mehr in einem Hilfsrahmen sondern wurde direkt mit den Längsträgern verschraubt. Dies sorgte für den gewünschten tiefen Schwerpunkt und sparte Gewicht. Gegenüber dem Phönix-Wagen konnte Maybach das Gewicht des neuen Wagens um 500 Kilo senken, eine beeindruckende Leistung. Der Radstand wurde für bessere Straßenlage verlängert, die Spur für besseres Handling verbreitert. Wie gewünscht wurde der erste neue Mercedes-Wagen gegen Ende 1900 an Jellinek geliefert und begeistert die zahlungskräftige Kundschaft. Das Automobil hatte sich mit diesem Fahrzeug endgültig von der motorisierten Kutsche verabschiedet und es ist tatsächlich nicht übertrieben, ihn als erstes modernes Automobil zu bezeichnen. Im Rennsport war der Mercedes 35PS dann auch unschlagbar. Bei der Rennwoche in Nizza gewannen die Mercedes alles, was zu gewinnen war und die Kundschaft strömte und kaufte. Jellineks Rechnung war voll aufgegangen.

Ein Modell dieses historisch bedeutenden Fahrzeugtyps im Maßstab 1:18 gab es vor einigen Jahren von der seinerzeit wiedererstandenen Firma Distler, das wohl auch für Mercedes konstruiert worden war. Danach verschwanden Firma und Modell wieder, doch Schuco hat offensichtlich die Werkzeuge des Mercedes 35PS erworben und das Modell nun neu aufgelegt. Das ist sehr erfreulich, denn der Ur-Mercedes ist ein ausgesprochen schönes Modell. Komplett in Weiß lackiert trifft das Schuco-Modell die schlichte Optik des Vorbildes sehr genau. Die schmalen grauen Reifen sitzen auf schönen Felgen, hinten sind zwei Ersatzreifen zu finden. Die Vorderachse ist lenkbar, da ist bei der filigranen Konstruktion allerdings Vorsicht bei der Betätigung geboten. Das "Cockpit" liegt offen vor dem Betrachter und gefällt mit schönen Nachbildungen der Röhrchen und zahlreichen kleinen Hebeln. An der Motorhaube lassen sich drei Klappen abnehmen, dahinter gibt es Einblicke in die Motorentechnik von 1900. Das ginge an manchen Stellen vielleicht noch etwas filigraner, aber trifft das Bild des Vorbildes schon ganz gut. Hinten sind beidseitig die Antriebsketten nachgebildet (nicht funktionsfähig), Maybachs revolutionärer Kühler ist ein durchbrochenes Teil. Von unten gibt es viele weitere Einblicke in die aus heutiger Sicht primitive, aber seinerzeit bahnbrechende Technik dieses ersten Serien-Mercedes, der die Sammler von Miniaturen nach Vorkriegstypen sehr glücklich machen dürfte!

Mein Fotomuster stammt von unserem Fachhandelspartner modellauto18.de - vielen Dank für die Unterstützung!

Fotos und Text: Georg Hämel

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