Dienstag, 31. Dezember 2019

Unglaubliches Vorbild, etwas enttäuschendes Modell - Lancia Stratos Zero von Top Marques Collectibles, 1:18

Bertones Chefdesigner Marcello Gandini hatte gegen Ende der 1960er Jahre mit spektakulären Designstudien die Keilform im Sportwagendesign etabliert. Die wohl extremste Ausprägung dieser Stilrichtung entwickelte er 1970 für ein Schaustück, mit dem sich Bertone bei Lancia ins Geschäft bringen wollte. Basierend auf Hilfsrahmen und Motor eines Lancia Fulvia Coupés entstand ein unglaublicher Sportwagen, der bis heute geradezu außerirdisch anmutet. Auf dem Turiner Salon 1970 wurde das Ergebnis dem erstaunten Publikum erstmals präsentiert - der Lancia Stratos Zero. Bei einer Höhe von gerade einmal 84cm waren keine herkömmlichen Türen möglich, der Einstieg in den Statos Zero erfolgt durch die nach oben öffnende Frontscheibe, das schwarze Element vor dieser dient als Trittfläche. Innen gibt es ein flaches Instrumentenpanel, das die heutigen Bedienoberflächen von Tesla alt aussehen lässt und tiefe Ledersitze im Design einer Tafel Schokolade. Angesichts des Designs erscheint es fast unglaublich, dass es sich bei dem Stratos Zero um ein voll funktionsfähiges Automobil handelt, aber so ist es. Nuccio Bertone nutzte den Wagen angeblich, um damit zu Lancia zu fahren und ihn dort zu präsentieren - er kam problemlos auf das Firmengelände, weil der flache Keil einfach unter der Einfahrtsschranke durchrollen konnte.

Für Bertone lohnte sich der Aufwand, Lancia erteilte dem Designstudio den Auftrag für die Gestaltung eines neuen, kompakten Sportwagens für die Rallye-WM und das Ergebnis ist wohlbekannt - der Lancia Stratos HF. Der Stratos Zero verschwand im Bertone-Museum und wurde 2011 bei einer Auktion versteigert, die etwas Geld in die Kasse des fast bankrotten Unternehmens bringen sollte. Gerade einmal 760.000 Euro brachte das Einzelstück, dessen neuer Eigentümer den Wagen allerdings nicht in seiner Sammlung verschwinden ließ, sondern ihn gerne bei Ausstellungen und Concours d'Elegance zeigt - und auch auf öffentlichen Straßen fährt.

Ein spektaküläres Automobil wie der Stratos Zero ist immer auch als Vorbild für Modelle beliebt. In 1:18 hat sich nun Top Marques Collectibles an den extremen Keil gewagt. Früher war Top Marques mit BBR verbandelt, seit einigen Jahren ist man nun alleine unterwegs und füllt immer wieder interessante Lücken auf dem Modellmarkt, wenn auch manchmal mit nicht optimalem Händchen bei der Formwiedergabe. In dieser Hinsicht kann der Stratos Zero im Maßstab 1:18 absolut überzeugem. Das erstaunlich kleine Modell (absolut vorbildgerecht und maßstäblich) trifft die kniffligen Linien des Vorbildes hervorragend. Der bronzefarbene Metalliclack ist perfekt aufgetragen und erfreulich dünn, so dass die scharfen Kanten des 1:1-Stratos Zero auch in der Miniatur korrekt sitzen. Das Modell iat auf einem Ledersockel montiert, den ich nicht gebraucht hätte, aber den die Zielgruppe wohl zu schätzen weiß.

Die großflächigen Scheiben biteen dennoch wenig Sicht in das dunkle Interieur - auch das ist vorbildgerecht. Die Felgen sind sehr schön, feine Linien in Karosseriefarbe bringen etwas Leben in die Chromfläche. Am Heck sitzen das Getriebe und die fast schon karikaturhaften Endrohre, beides gut verarbeitet. Aber damit enden auch die positiven Aspekte des Modelles, denn je näher man es sich anschaut, desto mehr Probleme gibt es. Dabei bestehen diese Probleme nicht in der Vorbildwiedergabe, sondern nur in der Verarbeitung. Bei meinem Exemplar ist das Frontgitter, das aus geätztem Metall besteht, wellig und schief eingeklebt (dass sich dahinter keine Spur der Frontleuchten findet, ist ein anderes Thema. Rund um die Seitenscheiben gibt es Klebespuren, die sich immerhin entfernen ließen. Bei den Klebepunkten rings um die Scheiben lässt sich vermutlich nicht viel machen, aber auch die sind nicht so richtig schön. Am Heck gibt es ein großes Gitter über die gesamte Fläche, auch dieses ist bei meinem Modell schief und wellig eingeklebt. Sehr enttäuschend für ein Modell mit einem VK-Preis von über 200 Euro. Der Stratos Zero ist nun wirklich kein Modell, das voller aufwändiger Details steckt, um so wichtiger, dass diese Details anständig verarbeitet werden. Das ist Top Marques hier leider nicht gelungen. Als einziges Modell dieses Vorbildes in dieser Baugröße ist es konkurrenzlos und vermutlich wird es so schnell auch keine weiteren Modelle geben. Schade drum, so muss man bei Interesse darauf hoffen, dass man ein gutes Exemplar erwischt.

Mein Fotomuster stammt von unserem Fachhandelspartner tmcollectibles.com - vielen Dank für die Unterstützung!

Fotos und Text: Georg Hämel

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