Sonntag, 18. September 2016

Darf's noch etwas mehr sein? - Cadillac Series 62 Cabriolet Saoutchik 1948 von Minichamps, 1:43

Meine Vorliebe für die französischen Blechwolken der 40er Jahre dürfte inzwischen bekannt sein, um so mehr freue ich mich über Minichamps' eben präsentierten Cadillac im Pariser Chic. Das Original wurde übrigens erst dieses Jahr von Gooding in Pebble Beach für 907.500,- $ versteigert, erreichte allerdings das Estimate von 1-1,5 Mio. $ nicht ganz. Wir haben uns mit der Geschichte des Caddy und seines Schwesterfahrzeugs befasst und das Modell gründlich betrachtet.

Technisch war der Cadillac noch auf Vorkriegsniveau, ein V8 mit 5,7 Liter Hubraum, stehenden Ventilen und 150 PS, Kastenrahmenchassis mit blattgefederter Starrachse, technische Neuerungen kamen erst später. Die Serie 62 mit 328 cm Radstand war das zweitkürzeste Chassis, von 320 bis 346 cm reichte die Bandbreite. Eigentlich gab es nur komplette Autos, allerdings gingen zwei Chassis zu Jacques Saoutchik nach Neuilly Sur Seine bei Paris, der darauf zwei opulente Cabrios schuf. Und hier beginnt die leichte Verwirrung. Chassis # 486237307, das erste der beiden Fahrzeuge, ist schwarz über lila lackiert und steht heute in der Blackhawk Collection. Die Geschichte dieses Autos ist relativ gut erforscht, Erstbesitzer war der extravagante Louis Ritter, Mitgründer der New Yorker Schneiderfirma Ritter Brothers Furriers. Die Vergangenheit des Vorbilds des Minichamps-Modells, # 486234577 ist weniger klar. Ziemlich sicher war es das Ausstellungsfahrzeug von Saoutchik beim Pariser Salon 1949 und kam 1950 nach Kalifornien. Das Gerücht, dass die Hollywoodschauspielerin Dolores del Rio zu den frühen Besitzern gehörte, ist nicht bestätigt. Die Spur konnte erst 1985 aufgenommen werden, als der berühmte amerikanische Sammler Rick Carroll den Cadillac in seiner Sammlung präsentierte. Nach seinem Tod 1990 ging das Auto noch durch die Hände anderer wohlhabender Sammler, ein gewisser Noel Thompson gab dann bei Mike Fennell, einem renommierten kalifornischen Restaurator, eine komplette Aufarbeitung in Auftrag. 2002 wechselte das Cabrio erneut den Besitzer und wurde nach leichter Optimierung 2009 und 2012 in Pebble Beach präsentiert. Und dieses Jahr wurde der Cadillac dann, wie anfangs erwähnt, für 907.500,- $ versteigert, der aktuelle Besitzer ist derzeit nicht zu ermitteln. Auf jeden Fall ist dieses Auto mit seinen sehr extrovertierten Formen, der gewagten Farbkombination lila/rosa und dem aufgemalten Pseudokorbwerk an den Flanken ein absoluter Blickfang. Vergleiche der beiden Saoutchik-Kreationen zeigen einige Detailunterschiede, wie die Position der Stoßstangenhörner und die Form der Stoßstangen. Über Schönheit lässt sich nicht streiten, auf jeden Fall stellen diese Fahrzeuge in ihrem durchaus etwas überladenen Stil eher Skulpturen der frühen Nachkriegszeit dar als zukunftsweisendes Design, wie es in diesen Jahren Pininfarina z.B. mit dem Cisitalia schuf.

Minichamps hat ein wahres Meisterstück geschaffen. Die Form ist perfekt wiedergegeben, die Lackierung sowie das Korbmuster an den Seiten und das matte, halbgeschlossene Verdeck einwandfrei, viele Chromteile, feine Details und tolle Verarbeitung, lediglich die beim Modell mattsilbernen Beplankungen der Kotflügel sind beim Original hochglänzend, aber das stört den Gesamteindruck nicht. Das mehrfarbig gestaltete Interieur verdient ebenfalls Bestnoten, alleine das Armaturenbrett und die Türverkleidungen sind schon grandios. Der Unterboden ist nur stilisiert, die kaum sichtbaren Räder tragen Chromzierblenden und Weisswandreifen.

Warum das Modell allerdings in der Blackhawk-Collection-Serie erscheint, ist uns unklar. Folgt man dem Online-Katalog des Museums, stellt man fest, dass der andere Saoutchik-Caddy zum Bestand gehört. Aber das ist letztlich egal, wenn der Sammler so ein Prachtstück in die Vitrine stellen kann!

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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