Sonntag, 7. April 2019

Prachtband mit Schwächen - BMW - Der Traum vom Fahren, 503/507/3200 CS/Z8 von Eberhard Kittler bei Motorbuch

Ein neues Buch über die großen BMW-Sportwagen wollten wir uns nicht entgehen lassen und haben es bereits genau betrachtet und gelesen. Wie der Autor selbst schreibt, hat er bereits 1993 unter Pseudonym ein Werk zum Thema veröffentlicht und vor 14 Jahren erschien ein Buch nur über den 507 von Karlheinz Lange. Auf den mit neuen Erkenntnissen und dem Z8 ergänzten Prachtband waren wir gespannt.

Die erste Begegnung ist beeindruckend, 416 Seiten im großen Format schlüpfen aus dem Schuber, die Papierqualität wirkt hochwertig. Der Autor wollte die Geschichte der weiß/blauen Sportwagen mit Achtzylindern nicht ganz isoliert stehen lassen, deshalb werden sowohl die Vorgänger 327/328 als auch die zwischen den im Titel genannten Typen wie die CS-Coupés, M1, 6er und 8er kurz vorgestellt. Das verwendete Bildmaterial ist eine gute Kombination aus zeitgenössischen und modernen Fotografien, Detailaufnahmen, Skizzen, Schnittzeichnungen und alter Werbung, eine durchaus gelungene Mischung. Die Wiedergabe ist meist hochwertig, allerdings konnte man der Unsitte, Fotos über den Bund zu drucken, nicht ganz widerstehen. Nach 25 Seiten Einleitung und Vorkriegsgeschichte geht es richtig los, alleine dem ersten, noch bei Ernst Loof am Nürburgring entstandenen Prototyp 507a/528 widmet der Autor hochinteressante 20 Seiten. Das nächste Kapitel befasst sich ausführlich mit der technischen Entwicklung des 507, auch einige zeitgenössische Fahrberichte sind in Faksimile enthalten. Sehr schön zeigt Kittler anhand vieler Originalzeichnungen und Fotos von Modellen das Entstehen des grandiosen Goertz-Designs, aber auch anderer, gottseidank nicht realisierter Alternativen. Weitere Kapitel widmen sich den ersten Prototypen des 507, den Messeauftritten, der Werbung sowie dem Leben und Wirken des Grafen Goertz. Testfahrten zur Messung der Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h, die allerdings nur mit Modifikationen und unter idealen Bedingungen möglich waren, sowie die existierenden Sonderkarosserien von Loewy/Pichon Parat und Michelotti dürfen nicht fehlen, der auf CS-Coupé-Basis entstandene Spicup von Bertone darf auch dabei sein.

Sehr erfreut sind wir über den Exkurs, der über Sportboote mit V8-Triebwerken berichtet. Zufälligerweise hat ein Kollege bei der Retromobile in Paris ein solches Boot gesehen und fotografiert, leider konnte das Standpersonal keine Auskunft geben. Im neuen Buch wird die Geschichte des bei Rambeck in Starnberg gebauten, hocheleganten Sportbootes dokumentiert. Das beim 507 nicht so ergiebige Thema Motorsport darf nicht fehlen, noch wichtiger sind natürlich die prominenten Liebhaber und Besitzer eines solchen Traumautos. Vor allem der Wagen von Elvis, aber auch die BMWs von Ursula Andress und John Surtees werden genau präsentiert und ihre Geschichte bis in die Jetztzeit verfolgt. Über den 503 sowie das Bertone-Coupé 3200 CS berichtet der Autor in etwas kürzerer, aber durchaus interessanter Form, die rund 30 Seiten über die Sechser, Achter, M1 und CS-Coupés bis hin zum i8 wären aus unserer Sicht nicht unbedingt notwendig gewesen und sind auch fast ausschließlich mit Werksfotos bestückt. Genauer befasst sich Kittler mit dem letzten Titelhelden, dem Z8, von der Studie Z07 über die Serie, die Bertone-Studie Bigusa bis hin zum Alpina V8 Roadster reicht die Spannweite, das ist auch ok, wenn auch die sieben Seiten mit großformatigen Fotos vom Z8 mit Prinz Poldi von Bayern etwas aufdringlich wirken. Ein Quellennachweis und ein Personen- und Firmenverzeichnis ergänzen das insgesamt sehr feine Buch.

Alles gut also? Leider nein, die Häufung der Satzfehler lässt vermuten, dass eine sorgfältige Korrekturphase wohl eingespart wurde, in diese Preisklasse sollte das nicht so sein. Ein paar Beispiele gefällig: Der Puddingmillionär Oetker schreibt sich nicht mit zwei "t", der bekannte Quizmaster heißt immer noch Kulenkampff und nicht Kulenkampp, der BMW 503 besaß eine großzügige Verglasung, nicht Vergasung usw. Ein paar sachliche Fehler sind uns beim Lesen auch noch aufgefallen, obwohl wir sicherlich nicht die Fachkompetenz des Autors besitzen. Das bekannte bayerische Bergrennen wurde am Rossfeld, nicht am Rossberg ausgetragen (S. 237). Der Assistent Loofs, Heinz Jacht soll 1920 geboren sein und 1954 als 24-jähriger am 507-Prototyp gearbeitet haben? Das doppelseitige Foto auf Seite 142/143 ist keinesfalls in Turin aufgenommen, da der werbende Händler Förenade Bil heute noch in Schweden existiert. Der auf Seite 155 gezeigte angeblich französische Prospekt kommt uns eher spanisch vor. Und die Behauptung, dass das 6er Coupé der Reihe E24 nie im Rennsport eingesetzt wurden, ist absolut falsch, wie drei Gesamtsiege in der Tourenwagen-EM 1981, 1983 und 1986, drei Siege bei den 24h von Spa, zwei Siege bei den 24h am Nürburgring sowie der Titel von Volker Stryczek bei der DPM 1984 ausreichend beweisen dürften. Und wenn Eberhard Kittler der Meinung ist, dass Zwischenzeiten des BMW 507 bei der Mille Miglia 1957 nicht überliefert sind, helfen wir gerne aus: Die erste Etappe über 151 km von Brescia nach Padua erreichte „Henriquez“, wie Enrique Mora in den Startlisten genannt wurde, als letzter seiner Klasse der Sportwagen über 2.000 ccm in 1.11.07 Stunden, das entsprach einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 127,396 km/h. Der schnellste Teilnehmer war Graf Trips, der mit seinem Ferrari in 46,24 min mit 195,258 km/h Schnitt über die Straße flog. Bereits in der zweiten Etappe von Padua nach Ravenna kam der 507 aus nicht bekannten Gründen nicht mehr ins Ziel. Quelle für diese Ergebnisse ist übrigens das Buch „Mille Miglia 1957“ von Carlo Dolcini, das 2011 bei Nada Editore erschienen ist.

So bleibt ein zwiespältiges Ergebnis: Ein an sich sehr schönes Buch, mit interessanten Fakten, durch Gespräche mit Zeitzeugen wie Graf Goertz, Heinz Jacht und anderen bereichert, und mit bis in die Aktualität recherchierten Geschichten auch einzelner Autos wird durch ungenügende Feinarbeit beeinträchtigt. Wenn man schon als Nicht-Fachmann der Materie Fehler findet, kann man Zweifel an der Richtigkeit des Inhalts bekommen. Unserer Meinung wäre ein leistungsfähiges Lektorat wichtiger als ein Schuber und die nicht besonders aussagekräftigen 30 Seiten über die nicht ganz zum Thema gehörenden Typen.

„BMW - Der Traum vom Fahren, 503/507/3200 CS/Z8“ von Eberhard Kittler ist im Motorbuch Verlag erschienen, 416 Seiten, 575 Abbildungen, ISBN 978-3-613-04138-7, Preis: 98,- Euro

Rezension: Rudi Seidel

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