Dienstag, 6. Oktober 2015

Langerwartete Biographie: Rudolf Uhlenhaut - Ingenieur und Gentleman von Wolfgang Scheller und Thomas Pollak im Heel Verlag

Wir waren sehr erfreut, dass sich endlich jemand der Aufgabe gestellt hat, eine Biographie über einen der maßgeblichsten Kraftfahrzeug-Ingenieure seiner Zeit zu verfassen. Die Autoren Wolfgang Scheller und Thomas Pollak haben sich bisher noch keinen Namen als Autoschreiber gemacht, aber das kann ja durchaus ein Vorteil sein, da beide beruflich in der Auto- bzw. Motorenindustrie tätig sind und ein großes Interesse für historische Zusammenhänge hegen.

Rudolf Uhlenhaut wurde 1906 in London geboren, wuchs in England, Belgien und Berlin auf, studierte dann an der Technischen Hochschule in München Maschinenbau, dort erhielt er 1931 sein Ingenieursdiplom. Sofort danach begann er seine berufliche Tätigkeit als Betriebsassistent bei Daimler Benz unter Fritz Nallinger, auch ein großer Name unter den Ingenieuren. Seine Fähigkeiten in der Fahrzeugabstimmung und sein Talent am Steuer brachten ihn schnell nach oben, bereits 1936 wird er offiziell Leiter der Rennabteilung. Der Krieg unterbricht die Karriere, aufgrund seiner Ingenieursfähigkeiten wird er nicht an die Front geschickt, muss aber mit seiner Familienach Böhmen umziehen, um den alliierten Bombenangriffen zu entgehen. Man rettet sich vor der Roten Armee, schlägt sich in Niederbayern durch, um bereits 1948 wieder zum Daimler zurückzukehren. Dort wurde er vor allem als Schöpfer des 300 SL, Mitverantwortlicher beim Einsatz der W196 und 300 SLR Silberpfeile, aber auch als Leiter der Versuchsabteilung bekannt und berühmt. Viele Patente und der Einfluss auf die Fahrzeuge bei Mercedes, die sicherlich auch durch sein Wirken in den 60er Jahren technische Vorreiter waren, bis hin zum Wankelprojekt C111, Rudolf Uhlenhaut war maßgeblich beteiligt, wenn er auch aufgrund seiner Bescheidenheit seinen Anteil am Erfolg gerne auf das Team zurückführte, mit dem er arbeitete. Als Rentner sieht man ihn immer wieder beim alten Arbeitgeber, oft auch als Repräsentant der Marke bei allen möglichen Anlässen. Privat widmet er viele Zeit seiner Frau, seinem einzigen Sohn und der Liebe zum Segeln. Seine Yacht und sein Zweitwohnsitz auf Malta blieben bis ins hohe Alter erhalten. Im Mai 1989, im 83. Lebensjahr, schlief Uhlenhaut im Bett ein und wachte am nächsten Tag nicht mehr auf. Die Autowelt hat mit ihm einen hochbegabten, bescheidenen und sympathischen Ingenieur verloren.

Die Autoren hatten die Möglichkeit, auf private Unterlagen zurückzugreifen, was natürlich ein Segen für ein solches Werk ist. Viele alte Fotos und Dokumente ergänzen den flüssig geschriebenen und sehr informativen Text aufs Beste. Es war sicherlich nicht einfach, gerade bei einem so bescheidenen Menschen wie Uhlenhaut Privates zu recherchieren, denn er selbst hielt sein Leben ausserhalb des Berufs sehr im Hintergrund. Sehr sympathisch finde ich, dass die Autoren nicht die Phantasie spielen lassen, sondern ehrlich schreiben, wenn irgendwelche Fakten nicht zu ermitteln waren. Andererseits gefällt auch die Akribie, mit der sie sich an das Thema angenähert haben.

Am stärksten und wirklich fesselnd finde ich die Beschreibung der Jugend und der Ausbildung Uhlenhauts bis zu seiner Mercedes-Zeit, aber auch noch in den Fünfziger Jahren. Später wird es etwas schwieriger, sein Wirken explizit darzustellen, waren Entwicklung und Versuch doch immer Teamwork. Wahrscheinlich deshalb liest sich das Kapitel über die Zeit von 1965 bis 1972 etwas schwerer, fehlt doch irgendwo der deutliche Bezug zur Person Uhlenhaut. Seine Zeit als sehr aktiver Rentner wird dann wieder gut beschrieben, auch finden sich hier noch einige private Fotos, auch von seiner eleganten Segelyacht.

Die Qualität des Buches ist dem Preis von 49,90 Euro angemessen. Klares Layout, gründliches Lektorat, größtenteils gute Bildwiedergabe, interessante Dokumente, da lassen sich auch einige weniger aussagekräftige Werksfotos verkraften.

Diese Biographie ist für mich eine der erfreulichsten Neuerscheinungen des Jahres und sollte in keinem autobezogenen Bücherregal fehlen.

200 Seiten, ca. 250 Abbildungen, 260 x 260 mm, gebunden mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-95843-150-8.

Rezension: Rudi Seidel

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