Sonntag, 20. November 2011
Klare Kanten - Lancia Stratos Zero, Lancia Stratos Prototyp und Lancia Stratos HF von PremiumX und HPI Racing in 1:43
Dem Publikum des Turiner Autosalons 1970 muss es wohl schier den Atem verschlagen haben, als sie das kupferbraune Exponat auf dem Bertone-Messestand erblickten. Nach dem brachialen Alfa Romeo Carabo von 1968, dem ersten Vertreter der messerscharfen Keilform, zeigte man mit dem Lancia Stratos Zero eine sensationelle Studie für einen kompakten Sportwagen. Die extreme Keilform des Stratos Zero ging weit über die damaligen Grenzen des Autodesigns hinaus, eine Form, wie aus einem Stück, Geschwindigkeit und Dynamik illustrierend. Der Fahrer saß extrem weit vorne, der Einstieg erfolgte dirch die große, nach oben schwenkbare Frontscheibe. Aber das Auto war nicht nur ein Stück Designkunst auf vier Rädern, es war voll funktionsfähig. Im Mittelpunkt des Wagens saß der Motor einer Lancia Fulvia HF, aus einem Unfallwagen entnommen und in ein speziell angefertigtes Monocoque gesetzt. Das Publikum war fasziniert, Bertone hatte sein Ziel erreicht: Man erregte Aufmerksamkeit, auch bei Lancia.
Dort war man an einem Nachfolger für die in die Jahre gekommene Fulvia interessiert, einen Sportwagen für die Rallye-WM und das Bertone-Konzept stieß auf Interesse. Das stellte Bertone und seinen genialen Chefdesigner Marcello Gandini vor Probleme, denn sie waren sich bewußt, dass der Stratos Zero nicht für ein Serienfahrzeug geeignet war. Man machte sich an die Arbeit, ein geeigneteres Konzept für einen Mittelmotorsportwagen zu entwickeln und laut Gandini startete man mit einem weißen Blatt, ohne Bezug zum Stratos Zero. Das Ergebnis präsentierte Bertone ein Jahr später, wiederum in Turin. Das neue Auto unter dem Namen "Lancia Stratos", in mattem Leuchtrot lackiert, war schon dicht am letztendlichen Serienprodukt. Ziel war eine visuell beeindruckende Form mit kurzem Radstand für maximale Agilität. Fahrgastkomfort oder Kofferräume waren nicht von Bedeutung. Diese Studie war die Basis für das letztendliche Serienprodukt, dessen sensationelle Rallyekarriere zu drei Weltmeistertiteln in Folge führen sollte.
Die beiden "Urväter" des Lancia Stratos sind nun von PremiumX Models im Maßstab 1:43 erschienen. Dieses Label des großen IXO-Markenverbundes produziert Resineminiaturen nach exotischen Vorbildern und da passen die beiden Bertone-Meisterstücke perfekt ins Programm. Der Lancia Stratos Zero kann dabei mit sehr guten Proportionen glänzen, die schwierige Form sitzt wie angegossen, wenn auch so manche Kante noch schärfer ausgeprägt sein könnte. Vorne finden wir die riesige Frontscheibe, tiefdunkel getönt (wie beim Vorbild), die leider keinen Blick in den Innenraum zulässt. Man kann nur erahnen, dass auch das Interieur dargestellt wird. Die zwei Seitenscheiben sind korrekt mit Linien bedruckt, der silberne Scheibenrahmen ist auf den mir vorliegenden Vorbildfotos aber nicht zu erkennen. Schade auch, dass die Lufteinlässe an den Seiten nur stiefmütterlich behandelt werden. Gut dagegen die geätzte Frontschiene, hinter der im Original die Beleuchtung sitzt. Auf dem Heck sitzt das gewaltige silberne Dreieck mit Kühlluftrippen, im Heck finden wir einen geätzten Lüftungsgrill und darunter eine gute Andeutung der Hinterachstechnik und die beiden gewaltigen Endrohre. Die Felgen wissen zu gefallen, wie auch die Verarbeitung des Modelles mit makellosem Lackglanz und gelungener Optik zu überzeugen weiß. Der Stratos Zero ist nicht perfekt, aber ein ordentliches Modell dieses extremen Meisterwerkes aus dem Studio von Nuccio Bertone.
Auch am Lancia Stratos Prototyp gefällt zunächst das Lackfinish. Der hellrot-leuchtende Lack ist seidenmatt aufgetragen und trifft mit der wohlproportionierten Karosserie das Bild des Originales sehr gut. Die Lüftungsschlitze in Fronthaube und Motorabdeckung sind mit schwarzer Farbe ausgelegt, die Scheiben dunkel getönt. Auch hier lässt sich das Interieur - wie beim Vorbild - nur erahnen. Hinten finden wir Gandinis große Rückleuchten mit vier Segmenten, die leider beim Serienfahrzeug nicht zu finden waren. Vorne sind die Frontleuchten wenig detailiert, wie auch der Lufteinlass in der Mitte - aber auch das ist vorbildgerecht. Auch hier können die Felgen überzeugen, die man fein gestaltet hat. Scheibenwischer, Lancia-Logo und Bertone-Signets sind als Ätzteile ausgeführt. Ein sehr schönes Modell, welches das ursprüngliche Erscheinungsbild des Stratos gut trifft.
Der Vollständigkeit halber zeige ich auch noch das meiner Ansicht nach beste Modell des Serien-Stratos in 1:43. Dieses stammt aus der Produktion von HPI-Racing und überzeugt mit perfekten Proportionen, messerscharfen Kanten und tollen Details aus jedem Blickwinkel. Fein gestaltete Felgen, makellos verarbeitete Anbauteile und aufwändige Detailierung bis ins Interieur zeichnen den HPI-Stratos aus, der auch in verschiedenen, fantastisch detailierten, Rallyeversionen zu bekommen ist.
Text und Fotos: Georg Hämel