Samstag, 29. November 2008

Ein Stück Geschichte: Ferrari 250 GTO Le Mans 1962 von Kyosho, 1:18

Der Himmel strahlt blau an der Sarthe am Samstag, dem 23. Juni 1962. Die Dutray-Uhr an der Boxengasse des berühmten Rennkurses zeigt kurz vor 16 Uhr und die Menschen auf den überfüllten Tribünen entlang der Start- und Zielgerade richten ihre Blicke in gespannter Erwartung auf die lange Reihe der Fahrzeuge, die vor den Boxen aufgereiht stehen. Die Reihenfolge der Wagen richtet sich nach der Hubraumgröße des Motors und so steht ganz vorne die Corvette des Amerikaners Tony Settember neben dem Aston Martin DP212 von Graham Hill und Richie Ginther. Es folgen 53 der wohl schönsten Rennsportwagen aller Zeiten, die in leichtem Winkel zur Strecke stehen, ihnen gegenüber auf der anderen Seite der Strecke warten nervös ihre Fahrer, bereit, sich auf das Startzeichen hin in ihre Wagen zu stürzen und die große Hatz zweimal rund um die Uhr zu beginnen: die dreißigsten 24 Stunden von Le Mans.

Etwas weiter die Startreihe hinunter glänzt ein wohlgeformter Bolide in der französischen Sonne, der brandneue Ferrari 250 GTO des französischen Piloten Jean Guichet. Der Sohn eines bekannten Arztes und Inhaber eines Großunternehmens für Schiffsreparaturen ist als talentierter und schneller Rennfahrer bekannt und von Enzo Ferrari sowohl als Kunde wie auch als Fahrer sehr geschätzt. So war er einer der Glücklichen, die 1962 einen der ersten GTO in Empfang nehmen durften, die Ferrari ja nur in den Händen guter Rennfahrer sehen wollte.

Natürlich hatte Guichet für die 24 Stunden von Le Mans genannt. Als zweiten Fahrer wählte er seinen langjährigen Freund und Landsmann Pierre Noblet, wie Guichet ein Industrieller und seit Jahren schon ein erfolgreicher Amateur-Rennfahrer. Beide hatten einen ähnlichen Fahrstil und konnten sich über die lange Distanz durch konstante Rundenzeiten perfekt ergänzen. Nachdem um 16 Uhr die Flagge fiel und das Rennen begann, konnten das Team Guichet/Noblet den GTO mit der Fahrgestellnummer 3705GT so immer im oberen Bereich des Klassements halten, während die Konkurrenz mehr und mehr Federn lassen musste. Schon nach 30 Runden erwischte es den "Breadvan", den von Bizzarrini rekarossierten Ferrari 250 GT, der die GTO schlagen und so Giotto Bizzarrini zu seiner persönlichen Rache an Enzo Ferrari verhelfen sollte. Nur 56 Runden hielt der 330 GTO von Mike Parkes und Lorenzo Bandini, den Ferrari hatte bauen lassen, weil er dem schwächeren GTO keinen Sieg an der Sarthe zutraute. Nach 77 Runden endete das Rennen des Aston Martin von Hill und Ginther mit einem kapitalen Motorschaden, doch Jean Guichets GTO jagte problemlos durch die Nacht und in den Morgen.

Vorne lag inzwischen der 330 TRI/LM von Ferrari, ein Einzelstück, kombiniert aus einem 4-Liter-Zwölfzylinder in einem alten Testarossa-Fahrwerk mit Teilen der neuen Aerodynamik der Dino-Mittelmotor-Sportprototypen. Am Steuer wechselten sich Phil Hill und Olivier Gendebien ab, zwei Genies des Langstreckensports, eine Paarung, die gemeinsam bereits zweimal an der Sarthe erfolgreich war - so auch im Vorjahr. Doch ihr Glück schien sie in den Mittagsstunden des 24. Juni langsam im Stich zu lassen, die Kupplung rutschte aufgrund der enormen Leistung des V12. Vielleicht rettete Ferraris Teammanager Eugenio Dragoni ihnen den Sieg, als er die führenden Ferrari-Teams bat, vorsichtiger und schonender zu fahren, um den Dreifachsieg für Maranello nicht zu gefährden. Guichet und Noblet folgten den Ratschlägen Dragonis, nicht wissend, dass sie eine echte Siegchance vergaben. Hätten sie Hill und Gendebien gehetzt, vielleicht wäre die Kupplung kollabiert - aber so folgten sie dem Zwölfzylindermonster um 16 Uhr am 24. Juni 1962 in ehrfürchtiger Distanz über die Ziellinie, hinter ihnen der GTO der Ecurie Francorchamps. Drei rote Autos hintereinander, wunderbares Material für die Fotografen und eindrucksvoller Beweis der Dominanz Ferraris in Le Mans 1962. Jean Guichet und Pierre Noblet hatten die hart umkämpfte GT-Klasse gewonnen und wurden mit einer knappen Runde Rückstand Zweite - ein mehr als nur respektables Ergebnis. Für Pierre Noblet war es die Krönung seiner Fahrerkarriere, die durchaus viele Erfolge aufzuweisen hatte, Jean Guichet hingegen sollte 1964 endlich auch auf das oberste Treppchen in Le Mans steigen können - er siegte auf Ferrari 275P gemeinsam mit Nino Vaccarella. Der GTO, mit dem er 1962 erfolgreich war, existiert natürlich immer noch. Ein amerikanisches Ehepaar besitzt ihn und hat ihn zu Ehren seines großen Sieges mit dem blau-weiß-roten Längsstreifen versehen lassen, den Guichet ihm 1962 auch aufmalen ließ.

Ein Auto mit bewegter Geschichte, das nun von Kyosho in 1:18 in begeisternder Manier umgesetzt wurde. Basierend auf dem ja erst vor Kurzem erstmals ausgelieferten wunderbaren Modell des GTO, hat man 3705GT mit viel Liebe zum Detail nachgebildet. Die authentische Rennlackierung - eine Selbstverständlichkeit. Weniger selbstverständlich dürften aber die etwas erhöht montierten Rückleuchten sein, ein Detail, das bei vielen Miniaturen übersehen wurde. Da wundert es schon, dass man bei Kyosho den Heckspoiler nicht vorbildgerecht aufgesetzt dargestellt hat. Auch das auf dem Ferrari-Pferdchen im Kühlergrill montierte rote Positionslicht hat man vergessen, aber beides ist zu verschmerzen. Dafür trägt der GTO korrekterweise aerodynamische Abdeckungen über den Luftauslässen am Heck, die sehr effektiv eine der wenigen Schwachstellen von Kyoshos GTO verdecken. Vorne fehlen die Abdeckungen über den Kühlöffnungen und geben dem GTO so endlich sein typisches Gesicht. Gelungen auch die Verlängerung der Belüftungsöffnung auf der Motorhaube samt Windabweiser.

Innen bleibt alles beim Alten. Schönes Lenkrad, tolle Instrumente, schöne Sitze, eine fantastische Nachbildung des ewig langen Schalthebels samt Schaltkulisse - einfach toll. Dass durchaus auch mehr Details am Armaturenbrett möglich gewesen wären, sei Kyosho verziehen. Unter der Heckklappe fehlt dieses Mal das Reserverad, haben die Japaner da versucht, Teile einzusparen? Man weiss es nicht. Die Speichenfelgen sind jedenfalls wieder sehr gut, erfreulich auch die winzigen Beleuchtungsnachbildungen für die Startnummer auf der Beifahrerseite. Den perfekten Abschluss bildet das vorbildgerechte Nummernschild. Ein fantastisches Modell, das ein Stück Rennsportgeschichte wieder erlebbar macht!

Unsere Fotomuster wurden uns freundlicherweise von Menzels Lokschuppen zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns herzlichst für die Unterstützung!

Text und Fotos: Georg Hämel

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