Montag, 13. Oktober 2025

Die "Rote Sau" diesmal in Gelb - Mercedes Benz 300 SEL 6.8 AMG Le Mans Test 1972 von Spark, 1:43

Der von AMG als Renntourenwagen aufgebaute Mercedes 300 SEL 6.8 gehört sicherlich zu den spektakulärsten Exemplaren seiner Gattung, dazu konnte er mit einem zweiten Platz bei den 24 Stunden von Spa 1971 einen anerkennenswerten sportlichen Erfolg erzielen. Nachdem Minichamps bereits vor vielen Jahren ein ansehnliches Modell in 1:43 produziert hatte, kann der Sammler sich jetzt bei Spark bedienen. Für meine Modellvorstellung habe ich mir allerdings die Variante ausgesucht, die 1972 Testfahrten in Le Mans durchführte, aber letztlich nicht an den Start ging. Damit passt sie in der Sammlung gut zu anderen Autos mit dem Stern, die nicht am Rennen teilnahmen, wie z.B. der Mampe-AMG 450 SLC von 1978 oder der C291 von 1991.

Wenn man sich für die ganze Geschichte der Entwicklung dieses Autos interessiert, sollte man unbedingt die Website „Rote Sau“ von Grant Viljoen aus Pretoria, Südafrika besuchen. Er hat bereits 2011 begonnen, eine Replica des AMG-Mercedes 300 SEL aufzubauen und ist damit bei historischen Events in seiner Heimat unterwegs. Von den ersten Experimenten unter Erich Waxenberger bis zum traurigen Ende des Originals hat er auf seiner Seite alles akribisch dokumentiert.

Der in Spa erfolgreiche Mercedes wurde bei AMG aus einem Unfallfahrzeug neu aufgebaut. Eine Hubraumerhöhung auf 6,8 Liter, 130 Kg weniger Gewicht, weit ausgestellte Radkästen zur Aufnahme vorne 10 und hinten 12 Zoll breiter Räder, die aus dem Wankel-Prototyp C111 stammten, dazu ein mechanisches Schaltgetriebe zählten zu den Modifikationen, dazu kam eine straffere Fahrwerkseinstellung, um mit den 428 statt 250 PS und 608 statt 500 Nm Drehmoment klarzukommen. Zu den Schwachpunkten gehörten natürlich der Reifenverschleiß des mit 1635 Kg immer noch massiven Renners sowie der Benzinverbrauch von ca. 37 Litern/100 Km.

Da ab 1972 für die Europäische Tourenwagenmeisterschaft ein Hubraumlimit von 5.000 ccm galt, war der Mercedes außen vor. Seinen letzten Auftritt 1971 feierte er im November beim AvD-Saisonfinale am Hockenheimring. Für den neuen Sponsor, die Biermarke Hannen Alt, lackierte AMG die Limousine in Gelb, Hans Heyer belegte den 12. Platz im Gesamtklassement. Am 18./19. März 1972 fanden die Vortests und das 4-Stunden-Rennen in Le Mans statt, aus dem AMG-Renntransporter schlüpfte der 300 SEL 6.8, immer noch in Gelb, aber wieder mit der Werbung des Briefmarkenhändlers Sieger. Im Training war Hans Heyer über 17 Sekunden langsamer als der Werks-Ford Capri, der in der gleichen Klasse antrat. Im Rennen war bereits nach vier Runden Schluss, möglicherweise führten diese Ergebnisse dazu, nicht bei den 24 Stunden im Juni anzutreten. Bei drei weiteren Events durften die Fans den inzwischen wieder roten Mercedes noch sehen und vor allem hören: Beim Coup de Spa im Mai, dem 24 Stunden-Rennen am Nürburgring und am 6. August bei einem Rahmenrennen zu den 200 Meilen von Nürnberg am Norisring, wo noch einmal ein Klassensieg raussprang. Am Ende des Jahres verkaufte man den Mercedes an das französische Luft- und Raumfahrtunternehmen Matra, wo er als Testfahrzeug für Flugzeugreifen und-Fahrwerke diente, dazu wurde er verlängert und mit einem Loch im Boden versehen, durch das man die Testobjekte mithilfe eines hydraulischen Arms auf die Piste drücken konnte, um ihr Verhalten zu erproben. Wann und ob das Fahrzeug verschrottet wurde, ist unbekannt, jedenfalls gibt es keine Hinweise auf seinen Verbleib.

War das Minichamps-Modell noch in Diecast gefertigt, haben wir es jetzt bei Spark mit einer Resinminiatur zu tun. Natürlich findet man viel mehr feine Details und Fotoätzteile, wie die Scheibenwischer, Kühlergitter, Fensterrahmen, Seitenzierleisten oder Haubensicherungen, auffallend auch die filigraneren Türgriffe. Lackierung und Beklebung sind einwandfrei, die Verarbeitung der Rahmen von Front- und Heckscheibe allerdings grenzwertig. Teilweise stehen sie jetzt schon ab, wie das sich mit der Zeit entwickelt, möchte ich lieber nicht wissen. Formal kann mich die Spark-Miniatur nicht völlig überzeugen. Mir scheint der Dachaufbau etwas zu hoch im Verhältnis zum Karosseriekörper und nach oben hin zu breit. Das Heck wirkt zu kantig und der Lufteinlass vor der Windschutzscheibe zu wenig ausgeprägt. Kurios, wenn man bei einem aktuellen Modell sagen muss, dass die Reifen zu schmal sind! Meistens wählen die Hersteller speziell bei älteren Vorbildern eher zu breite Pneus, siehe viele frühe Porsches. Der Innenraum sieht komplett aus, auffallend der Überrollkäfig und das Holzfurnier oben auf dem Armaturenbrett, etwas Luxus durfte damals beim Rennauto schon sein.

So hinterlässt die Spark-Miniatur etwas zwiespältige Gefühle, bis auf manch feineres Detail würde ich ehrlicherweise das „alte“ Minichamps-Modell vorziehen. Schade eigentlich, aber ich bekomme immer mehr das Gefühl, dass in China bzw. auf Madagaskar inzwischen die Leute mit dem Wissen über historische Fahrzeuge fehlen. Dass man zu Höchstleistungen fähig ist, zeigen ja immer wieder die Modelle von aktuellen Vorbildern.

Mercedes Benz 300 SEL 6.8 AMG Le Mans Test 1972, Spark, Bestellnummer S5893, Auslieferung Oktober 2025, keine bekannte Limitierung, Made in Madagascar.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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