Montag, 28. Juli 2025
Interessantes Vorbild, enttäuschendes Modell - Ferrari 250 GTO/64 2.000 Km Daytona von Tecnomodel, 1:43
Während vom klassischen Ferrari 250 GTO bereits einige mehr oder weniger gelungene Interpretationen in 1:43 existieren, musste der Sammler bei der 64er Variante mit neuer Karosserie bisher auf alte Kits, Handarbeitsmodelle von BBR, Kioskware oder eine nicht besonders schöne Miniatur von Jouef zurückgreifen. Als Tecnomodel eine ganze Menge verschiedener Versionen diese Autos ankündigte, hoffte ich darauf, eine Lücke in der Sammlung zu schließen, da mir vor allem das Siegerfahrzeug von den 2.000 Km Daytona 1964 fehlte. Nach dem Kauf des Modells war die Enttäuschung groß, aber dazu später mehr.
Von den 39 produzierten Ferrari GTO wurden lediglich die letzten drei Exemplare mit einer neuen, bei Scaglietti entstandenen Karosserie ausgeliefert. Später modifizierte die gleiche Carrozzeria im Kundenauftrag weitere vier GTOs auf den 64er Standard. Ursprünglich hatte Enzo Ferrari die Vorstellung, dass das Mittelmotorcoupé 250 LM als Weiterentwicklung des 250 GT homologiert werden könnte, aber da spielte die FIA nicht mehr mit, hatte sie sich ja schon beim GTO über den Tisch ziehen lassen. So übernahm der GTO 64 Stilelemente des 250 LM wie das Heck und das längere Dach, teils sogar mit integriertem Spoiler und wurde gegenüber dem Vorjahr optimiert. Vor allem die bessere Aerodynamik und sowohl breitere Spur als auch breitere Räder sorgten dafür, dass der GTO konkurrenzfähig blieb.
Die erste Feuerprobe und gleichzeitig das erste Aufeinandertreffen mit dem neuen Shelby Cobra Coupé fand in Daytona statt. Die von drei Stunden im Vorjahr auf 2.000 Km verlängerte Distanz bedeutete für den Sieger 327 statt 81 Runden, de facto also ein 12-Stunden-Rennen, wie es auch in Sebring stattfand. Erst 1966 wurde aus Daytona der 24-Stunden-Klassiker, wie wir ihn heute noch kennen. Von den sieben gemeldeten Ferrari GTO war nur der vom NART eingesetzte 5571GT ein 64er Werksauto, das war auch der erste am 6. Februar 1964 an Luigi Chinetti ausgelieferte GTO/64. Konkurrenz kam in Form von zwei Aston Martin DP 214 sowie einigen Corvettes und Cobras, darunter das erste fertiggestellte Daytona Coupé. Der Ferrari war mit Phil Hill und Pedro Rodriguez hochkarätig besetzt. Vom Start weg zeigte sich, dass der Cobra Daytona mit Bob Holbert und Dave MacDonald absolut das schnellste Auto war, dem nur der GTO 64 einigermaßen folgen konnte. Das restliche Feld blieb auf Distanz. Der erste größere Zwischenfall ereilte Rodriguez, ein Reifenschaden vorne links kostete Zeit und ein großes Stück des vorderen Kotflügels. Der lange Weg zur Box und die Reparatur bescherten MacDonald vier Runden Vorsprung und sogar Lucien Bianchi auf einem weiteren Ferrari GTO ging vorbei. Zum Leidwesen von Shelby Racing bekam das Coupé Probleme mit dem Differential, beim Boxenstopp lief Benzin auf die heiße Bremsscheibe und sofort stand die Cobra sowie der darunter liegende Mechaniker in Flammen. Glücklicherweise waren die Verbrennungen von John Olsen zwar schmerzhaft, aber nicht lebensbedrohlich, doch für Shelby war das Rennen gelaufen. Hill/Rodriguez gingen wieder in Führung und hatten im Ziel vier Runden Vorsprung auf Piper/Bianchi und acht auf den Drittplatzierten, einen Ferrari LMB mit Grossman/Hansgen. Für Pedro Rodriguez war es der zweite Sieg in Folge in Daytona.
Tecnomodel fertigt Resinminiaturen mit vielen Details zu einem an sich noch vertretbaren Preis um 100 Euro, also günstiger als die bei Spark gefertigten Look Smart-Modelle. Die Vorbildauswahl wäre attraktiv, wenn der Hersteller endlich eine vernünftige Recherche und mehr Formgefühl entwickeln würde. Der 250 GTO ist dafür ein negatives Musterbeispiel, er wirkt wie eine Karikatur des Originals. Zu kurz, zu hochbeinig, irgendwie stimmt gar nichts. Die Position der kleinen Lichter und der Seitenblinker ist falsch, der Querstreifen auf der Schnauze gehört silbergrau, nicht weiß, die Form der Windschutzscheibe ist daneben, während des Rennens war kein Scheibenwischer montiert, dafür eine Art Sicherung diagonal vor dem Beifahrersitz. Das Heck passt auch nicht, vor allem die Lüftungsschlitze hinter der Hinterachse sind zu klein. Einen durchbrochenen Dachspoiler hat sogar das Kioskmodell für unter 20 Euro, der Tecnomodel-GTO nicht. Der Klarlack ist etwas dick aufgetragen, ansonsten ist die Verarbeitung befriedigend, aber was nutzt das, wenn ansonsten nicht viel passt. Schade drum, aber erfahrungsgemäß finden sich genug Sammler, die dennoch das Geld locker machen ( mich eingeschlossen...), 70 Stück des Daytona-Siegers werden schon verkauft werden. Ich werde jedenfalls Modelle dieses Herstellers nicht mehr vorbestellen und erst einmal kritisch beäugen.
Unser Fotomuster kommt von Supercars in München.
Fotos und Text: Rudi Seidel

























