Sonntag, 16. Februar 2025

Das verhinderte Kanzler-Auto - BMW 505 Pullman-Limousine 1955 von Autocult, 1:43

Auf der Internationalen Automobilausstellung 1955 in Frankfurt präsentierte BMW nicht nur neue sportliche Fahrzeuge, neben den Hauptattraktionen 503 und 507 stand auch eine Repräsentationslimousine namens 505. Die Münchner hofften, durch dieses Auto mit der Bundesregierung ins Geschäft zu kommen und damit in direkte Konkurrenz zu Mercedes Benz zu treten.

Da eine komplette Neukonstruktion aus finanziellen Gründen ausgeschlossen war, wurde das Chassis 59034 einer 502 Limousine um 20 cm verlängert sowie verbreitert und mit einem 3,2-Liter V8 versehen. Über den damaligen BMW-Direktor Finanzen und Verkauf, Hanns Grewenig, gelangte das Fahrgestell in die Schweiz zur Carrosserie Ghia-Aigle in Lugano. Für das Design der Pullman-Limousine waren der BMW-Chefkarosserieentwickler Kurt Bredschneider und der Italiener Giovanni Michelotti verantwortlich, die Kontakte von Michelotti mit den Schweizern führten wohl zur Auftragsvergabe an Ghia-Aigle. Da nicht einmal Zeichnungen vorhanden waren, mussten die Karosseriebauer nur nach einem Modell arbeiten, letztlich waren viele Nachbesserungen notwendig, die zum Teil mit einer Menge Zinn ausgeführt wurden, damals eine gängige Arbeitsweise. Aber wenn man bedenkt, dass das Chassis im Juli 1955 in der Schweiz ankam und das fertige Fahrzeug am 22. September in Frankfurt gezeigt wurde, kann man ermessen, mit welch schneller Nadel hier gestrickt wurde. Die Form des 505 war für eine so große Limousine durchaus gefällig, die Front zeigte Anleihen an den 503, die Seitenlinie war glatter und gestreckter als beim 502 und der Dachaufbau wies eine modische Panoramascheibe und viel Fensterflächen auf.

Leider blieb der Erfolg aus. Die Geschichte, dass der 1,86 Meter große Kanzler Adenauer nach der Probefahrt beim Aussteigen seinen Hut verlor und deshalb den BMW verweigerte, klingt zwar nett, ist aber dennoch reine Erfindung, ebenso wie die oft geschriebene Aussage, dass es zwei 505 gegeben hätte. In Wirklichkeit fuhr Adenauer nie mit dem BMW, lediglich sein Fahrer und der Kanzlerreferent Hans Kilb waren bei den Probefahrten dabei. Da Herr Kilb, wie später durch eine Veröffentlichung im „Spiegel“ bekannt wurde, ziemlich gute Beziehungen zum Haus Mercedes Benz pflegte, die sich für ihn sehr positiv auswirkten, hatte er natürlich keinerlei Interesse an Geschäftsbeziehungen nach Bayern. Und so wurde der 505 gewissermaßen ein Opfer von Spezlwirtschaft und blieb ein Einzelstück.

Immerhin konnte der BMW ab 1956 in Bayern als Repräsentationsfahrzeug eingesetzt werden, als Leihgabe an die Bayerische Staatsverwaltung. Schon gut ein Jahr später wurde er aber für 12.000,- DM an einen Privatmann verkauft, über Georg von Waldburg-Zeil aus Leutkirch landete er 1969 bei der Familie von Opel, wo er, inzwischen Weiß lackiert, für Carlo von Opels Kartoffelchipfabrik als Werbefahrzeug diente. Dafür bekam er noch riesengroße, rote Schriftzüge „Chio-Chips“ an die Flanken. Über einen weiteren Besitzer fand das Einzelstück 1988 in inzwischen ziemlich erbärmlichen Zustand zurück zu BMW, wo er von 2016 bis 2021 zu altem Glanz restauriert wurde. Ab und zu wird der 505 von der Leine gelassen, zum Beispiel im Mai 2023, als der Ex-Rennfahrer und Markenbotschafter „Poldi“ von Bayern ihn als Hochzeitsauto für den Bayernprinzen Ludwig und seine Braut Sophie ausleihen durfte.

Weitere Informationen zum BMW 505 findet man zum Beispiel bei BMW Group Classic, auf Stefan Dierkes' Website über Ghia Aigle, beim BMW V8-Club und in einem sehr lesenswerten Artikel von Martin Puthz, den er 2022 für Auto Bild verfasst hat.

Es ist höchst erfreulich, dass Autocult ein 1:43-Modell dieses BMW-Exoten produziert hat. Der Sammler kann zwischen einer schwarzen Miniatur im aktuellen Zustand sowie einem weißen Auto aus der Chio-Chips-Zeit wählen, vielleicht wären die Schriftzüge als Decals eine nette Ergänzung gewesen.

Wir haben uns für die schwarze Variante entschieden und freuen uns, dass der Hersteller die Form gut getroffen hat und die Proportionen stimmig sind. Wie üblich handelt es sich um ein Resinmodell mit vielen Chrom- aber auch Fotoätzteilen. Die schwarze Lackierung ist einwandfrei und hoch glänzend ausgeführt. Die Räder mit Chromkappen und Weißwandreifen sind vorbildgerecht. Auch das Interieur ist schön reproduziert, lediglich das Lenkrad hätte man wesentlich feiner ausführen müssen. Die ebenfalls etwas wuchtigen Rückspiegel deuten auf den aktuellen Zustand des 505 hin, die Schwellerzierleisten sind heute allerdings nicht mehr vorhanden, ursprünglich aber schon. Apropos Zierleisten, was uns an Autocult-Modellen schon öfters gestört hat, sind die durchgehend montierten Leisten, bei denen man sich fragt, wie denn wohl die Türen zu öffnen sind. Solche Exemplare finden sich auch beim BMW unterhalb der Seitenfenster. Und bei einem Modell dieser Preisklasse möchte ich eigentlich auch keine Kleberflecken sehen, die unser Muster am rechten Rand der Heckscheibe aufweist. Zu hoffen ist , dass das Modell noch in einigen Jahren gut aussieht, leider stehen in der Vitrine einige Miniaturen, auch von Autocult, bei denen sich die Scheibenrahmen selbständig machen oder Zierleisten ablösen. Wir werden sehen...

Prinzipiell gefällt mir das Modell und die Vorbildauswahl sehr gut, aber ich finde, dass man bei den Preisen, die solche Miniaturen heute kosten, penibler wird und im Zweifelsfall verzichtet. Dieser BMW 505 darf jedenfalls trotz kleiner Mängel in meine Sammlung.

Unser Fotomuster kommt von Autocult, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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