Freitag, 24. Mai 2024

Wahrer Amateursport - Aston Martin 2-Litre Sports Le Mans 1949 von Matrix Scale Models, 1:43

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entschied sich der britische Industrielle David Brown, dessen Firmen vor allem Traktoren, aber auch Getriebe und Zahnräder produzierten, die beiden Autohersteller Aston Martin und Lagonda zu kaufen. Das erste Modell seiner Ägide war der Aston Martin 2-Litre Sports, der im Nachhinein DB1 genannt wurde, als der DB2 mit Sechszylindertriebwerk erschien. Der Erstling basierte noch auf dem nicht mehr in Serie hergestellten Vorkriegsprojekt Atom, deshalb besaß er noch den Vierzylindermotor mit seitlicher Nockenwelle, der aus 2 Liter Hubraum immerhin 90 PS holte. Vom Lagonda-Designer Frank Feeling kam eine ziemlich ausladende, rundliche Karosserie, die mit ihren ausgeprägten Kotflügeln noch an die späten 30er Jahre erinnerte. Mit 2,74 Meter Radstand, 4,47 Meter Gesamtlänge, 1,71 Meter Breite und 1138 Kg war das nicht gerade ein Rennsportwagen, dazu kam, dass gleichzeitig auf der London Motor Show der Jaguar XK120 vorgestellt wurde, der mit einem Sechszylinder-Motor nicht einmal die Hälfte des Aston Martin kosten sollte. So blieb es bei nur ungefähr 15 produzierten DB1, die Quellen widersprechen sich da etwas.

Zum ersten Nachkriegsrennen in Le Mans traten nicht nur drei nagelneue, vom Werk gemeldete DB2 an, sondern drei weitere private Aston Martin. Neben zwei Vorkriegsautos brachte Robert Lawrie seinen eigenen, kurz zuvor erstandenen DB1 mit der Fahrgestellnummer AMC49/5 an den Start, um den es hier gehen soll. Lawrie war ursprünglich Schuhmacher, spezialisierte sich aber bald auf Ausrüstungsartikel und Schuhe für Alpinisten und Expeditionen. Selbst als Bergsteiger und Abenteurer unterwegs, wurde 1959 sogar ein Gletscher in der Antarktis nach ihm benannt. Seine andere Leidenschaft waren Autorennen, und durch seine Bekanntschaft zu einigen Leuten beim ACO, dem Ausrichter der 24 Stunden von Le Mans, bekam er tatsächlich eine Einladung zur Teilnahme für 1949. Fehlten nur noch ein Auto und eine Lizenz als Rennfahrer. Also orderte er einen DB1, der für den Rennbetrieb optimiert werden sollte und fragte beim RAC (Royal Automobile Club) nach, der ihm tatsächlich ohne jegliche Bedingung eine Lizenz ausstellte. Zusammen mit seinem Freund Dr. Richard Parker, ebenfalls ein Amateur, bereitete Lawrie sich intensiv auf das Rennen vor. Größtes Ziel war, die 24 Stunden in Wertung zu beenden, was durch eine kontrollierte Fahrt gelang. Hätte Parker nicht kurz vor dem Ende einen Boxenstopp eingelegt, um seinem Freund die Zieldurchfahrt zu ermöglichen, wäre man sogar auf Platz 10 gelandet, so kam noch ein Konkurrent vorbei, dennoch war der 11. Rang für die beiden Privatiers ein Erfolg. Gerne hat Robert Lawrie betont, dass er den kompletten Einsatz selbst finanziert hat und man selbstverständlich auf eigener Achse nach Le Mans und zurück gefahren ist, echter Amateursport also.

Lawrie ließ den DB1 dann sozusagen auf Straßenversion zurücksetzen und später sogar den Sechszylinder aus dem DB einbauen, trennte sich aber doch von ihm und das Auto ging durch viele Hände, wurde nach einem Unfall repariert und blau lackiert. Viele Jahre später landete UMD123, wie der Aston nach seinem Kennzeichen genannt wurde, in Neuseeland bei einem gewissen Colin Gorden. Der verkaufte das Auto an einen vermeintlich reichen Japaner und lieferte es per Schiff an. Im Hafen wurde es gestohlen und bald stellte sich heraus, dass der neue Besitzer der Yakuza angehörte, einer Art japanischer Mafia. Der Versuch, sein Eigentum zurück zu bekommen, kostete Gorden wohl zuerst einige gebrochene Rippen und dann ein Vermögen für den Rechtsstreit in Japan. Als es dann endlich soweit war, verkaufte er den Aston Martin entnervt weiter. 2017 wurde das Auto erfolglos auf einer Auktion in Monterey angeboten, seitdem habe ich keine Informationen mehr gefunden.

Von Matrix Scale Models erschienen kürzlich einige Varianten des Aston Martin 2-Litre Sports, darunter auch das hier vorgestellte Le Mans-Auto von 1949. Eine erste Prüfung der Maßstäblichkeit verlief positiv, da haben wir leider bei diesem Hersteller schon andere Erfahrungen gemacht. Der DB1 ist eben mehr ein Sports Tourer als ein zierlicher Rennwagen. Die Grundform ist gut getroffen, die Detaillierung des Modells ist überragend. Viele feinste Ätzteile wie die Schnallen der Lederriemen über der Motorhaube oder die winzige RAC-Plakette links auf der vorderen Stoßstange zeigen, wie liebevoll man bei der Entwicklung, aber auch bei der Montage vorging. Feine, schwarz lackierte Speichenräder mit vorbildgerecht schmalen Reifen und vor allem der Innenraum mit Bodenteppich, filigranem Lenkrad und toller Armaturentafel machen Freude. Wenn man die wenigen verfügbaren Fotos zum Vergleich her nimmt, kann man mit der Originaltreue insgesamt zufrieden sein. Die vordere Startnummer sitzt etwas weit links, ob die Abdeckung des Verdeckkastens wirklich schwarz war, scheint mir nicht sicher wie auch das relativ helle Grün metallic der Karosserie. Aber wo gibt es aussagekräftige Farbfotos von 1949?

Natürlich ist dieser Aston Martin kein wichtiger Markstein in der Geschichte der 24 Stunden von Le Mans, aber gerade die Außenseiter sind immer wieder reizvoll. Und letztlich ist das Matrix-Modell einfach schön. Wer übrigens mehr über die frühe (Renn-)Geschichte der Marke und passende Modellautos wissen will, kann es in Hayo Herrmanns Artikel in seinem Journal „Minerva Endurance“ erfahren, sehr empfehlenswerter Lesestoff!

Unser Fotomuster kommt von unserem Fachhandelspartner Cologne Modelcars, vielen Dank für die Unterstützung!

Fotos und Text: Rudi Seidel

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