Dienstag, 2. April 2024
Was für ein Comeback! - Ferrari 499P 24h Le Mans 2023 von Bburago, 1:18
Man hat sich in Maranello schon ordentlich Zeit gelassen, endlich wieder um Gesamtsiege im Langstreckensport mitfahren zu wollen. 1973 war Ferrari zuletzt werksseitig in der Sportwagen-WM vertreten, danach gab es nur noch Formel 1 und die Werksunterstützung für Teams in den GT-Kategorien, aber die Top-Plätze, die überließ man anderen. Bis die exorbitant teuren LMP 1-Boliden der Langstrecken-WM WEC beinahe den Garaus machten und die Veranstalter sich einen illustren Kreis aus Sportwagenproduzenten an den Tisch holten, um ein neues Reglement für weniger Kosten und mehr Hersteller zu kreieren. Ferrari saß mit am Tisch und 2021 verkündete man nach Verabschiedung des neuen Reglements für die "Hypercar"-Klasse in der WEC den werksseitigen Einstieg ab 2023. Das entsprechende Fahrzeug, klassisch "499P" getauft, wurde im Rahmen des Ferrari-Challenge-Weltfinales 2022 präsentiert.
Ein V6-Triebwerk mit zwei Turboladern, dessen Grundarchitektur aus dem Straßen-296 GT und dessen Rennpendant 296 GT3 stammt, wird mit einem Elektromotor kombiniert, der 200 kW an die Vorderachse liefert. Ein Allrad-Ferrari in der WEC, neue Zeiten fürwahr... Das Design stammt aus dem hauseigenen "Centro Stile" und ist vielleicht nicht der ästhetisch ansprechendste Entwurf der WEC, aber auf jeden Fall prägnant und auch nicht gerade hässlich. Ich mag besonders die Livery in Anlehnung an den 312 PB von 1973, gelbe Akzente stehen einem Ferrari immer gut. Zwei Wagen wurden für die WEC genannt und das neue Auto war von Beginn an konkurrenzfähig. Zwar konnten sich die Platzhirsche von Toyota in den ersten drei Rennen durchsetzen, aber der 499P war von Lauf zu Lauf dichter dran. Zum Saisonhöhepunkt in Le Mans griffen die Veranstalter dann zu einem überraschenden und umstrittenen Mittel, um für mehr Spannung zu sorgen. Die Toyota bekamen per BoP-Anpassung sattes Zusatzgewicht - Ferrari auch, aber deutlich weniger. Der Sinn war nicht eine Stärkung der Italiener, sondern eine Verbesserung der Ausgangslage für die LMDh-Boliden von Porsche und Cadillac, die bis dahin deutliche Nachteile gegenüber den Hypercars von Toyota und Ferrari hatten. Das Ergebnis sorgte für Stirnrunzeln. Ferrari holte überlegen den Sieg in der "Hyperpole", die Startnummer 50 mit Antonio Fuoco, Nicklas Nielsen und Miguel Molina stand somit auf der Pole Position für das Rennen.
In der ersten Hälfte desselben gab es dann tatsächlich einen spannenden Führungskampf der verschiedenen Hersteller. Porsche, Toyota, Ferrari, Cadillac - sogar die sonst so abgeschlagenen Peugeot sammelten Führungskilometer. Dazu trug sicher auch das chaotische Wetter seinen Anteil bei. Doch ab der zweiten Rennhälfte wurde klar, dass der Sieg nur zwischen Toyota und Ferrari ausgemacht wurde. Das spannende Duell wurde letztendlich zu einem wahren Thriller, als der in Führung liegende Ferrari bei den Boxenstopps Elektronikprobleme hatte und jedes Mal "rebootet" werden musste. Nur gut, dass dies bei einem High-Tech-Hypercar schneller geht, als früher bei einem Windows-95-PC... Dennoch hätte der verbliebene Toyota den Italienern den Sieg noch abspenstig machen können, wenn man nicht für den Schluss-Stint aus patriotischen Gründen den zweifellos talentierten, aber auch noch ein wenig unerfahrenen Ryō Hirakawa in den Wagen gesetzt hätte. Jener verlor leider die Kontrolle über seine #8 und kollidierte mit den Leitplanken, was eine Reparatur zur Folge hatte. Dies brachte dem Ferrari einen ausreichenden Vorsprung, der auch einen weiteren Reboot beim letzten Boxenstopp verkraften konnte und so konnten Alessandro Pier Guidi, Antonio Giovinazzi und James Calado im 499P mit der Nummer 51 zum hundersten Geburtstag der 24 Stunden von Le Mans den zehnten Sieg für Ferrari erringen. Der zweite 499P erreichte auf dem fünften Rang das Ziel.
Rudi Seidel hat den siegreichen 499P in 1:43 von Looksmart bereits vorgestellt, nun ist das Le-Mans-Hypercar auch als 1:18-Modell von Bburago erschienen. Das Modell wird momentan über den italienischen Großhändler Carmodel vertrieben, aber auch über den offiziellen deutschen Vertrieb wird es den 499P bald geben. Mit einem Preis von knapp 80 EUR ist das Modell für Bburago-Verhältnisse recht teuer, es reiht sich dabei in die anderen Rennsportmodelle aus der Formel 1 ein, die ebenfalls relativ teuer sind. Der Grund hierfür ist in den umfangreichen Lizenzen zu suchen, die hier nicht nur an Ferrari, sondern auch an alle Sponsoren, an den ACO für die Le-Mans-Logos und andere Rechteinhaber fließen. Das Diecast-Modell präsentiert sich immerhin auf den ersten Blick wohlproportioniert und alle Logos, Schriftzüge und Akzente der Rennlackierung sind aufgedruckt. Die Flügelelemente sind aus Kunststoff und mit Karbonstruktur versehen. Einblicke in die Renntechnik gibt es nicht, die Hauben bleiben leider verschlossen.
Immerhin kann man die kleinen Flügeltürchen öffnen. Der beige Klotz auf der Fahrerseite ist teil der Kopfstütze und gehört eigentlich an die Innenseite der Tür, so könnte keiner der Piloten einsteigen. Aber Lenkrad und Cockpit sind umfangreich bedruckt und machen - abgesehen von dem erwänten Fauxpas - einen guten Eindruck. Die Frontleuchten sind gut nachgebildet, mehr Details sind hier in dieser Klasse kaum zu machen. Aber am Heck hätte man den LED-Streifen der Rücklicher vielleicht doch durch Druck hervorheben können, eine Gravur gibt es. Die Felgen sind schön, die vielen Luft-Leitelemente ausreichend dünn. Das macht insgesamt alles schon einen sehr ordentlichen Eindruck. Der 499P hat in 1:1 zwefellos Geschichte geschrieben, Bburagos 1:18-Modell ist weniger ein historisches Meisterwerk als vielmehr ein solides, ordentliches Modell für vergleichsweise günstiges Geld. Alle Alternativen liegen zwischen 250 und 300 EUR - teils auch deutlich darüber. Da erscheinen die unter 80 des Bburago-499P schon deutlich akzeptabler. Kein Modell für Detailfanatiker, aber alle anderen könnten da schon ihre Freude haben. Mir gefällt er sehr gut.
Fotos und Text: Georg Hämel