Mittwoch, 9. November 2022

Einmaliger Auftritt - Serenissima Spyder 24h Le Mans 1966 von Spark, 1:43

Der renn- und autobegeisterte venezianische Graf Giovanni Volpi di Misurata gründete 1960 in Modena einen Rennstall, die Scuderia Serenissima, benannt nach dem Beinamen der Republik Venedig. Bekannte Piloten wie Carlo Maria Abate, Joakim Bonnier, Colin Davis, Nino Vaccarella oder Maurice Trintignant, um nur einige zu nennen, gingen auf Maseratis und Ferraris an den Start, aber auch in der Formel Junior war man mit Stanguellinis aktiv. Die Weigerung Enzo Ferraris, einen GTO an die Scuderia zu verkaufen, führte zur ersten Eigenkonstruktion, den auf 250 GT-Basis von Giotto Bizzarrini entwickelten Breadvan, der viele neue Ideen zeigte. Eine kurze Beteiligung am unglücklichen Projekt ATS brachte den Grafen dazu, seine eigene Autofirma zu gründen, die Serenissima Automobili Srl, ebenfalls mit Sitz in Modena.

Deren erstes Produkt war die Serenissima 308 V, ein nach Entwürfen von Franco Scaglione von der Carrozzeria Gran Sport eingekleidetes, von Alberto Massimino konstruiertes Mittelmotorcoupé mit einem 3 Liter-V8, der angeblich auf dem 2,5-Liter Triebwerk des ATS 2500 GT basierte, einer Colotti-5-Gang-Box und einem Rohrrahmen mit unabhängig aufgehängten Rädern. Aus der Straßenversion wurde ganz schnell der 308 Jet Competizione, mit dem man sogar 1966 in Le Mans teilnehmen wollte. Das klappte schon deswegen nicht, weil man den 3-Liter-V8 an Bruce McLarens neues Formel 1-Team auslieh.

Stattdessen trat man mit einem eilig aufgebautem 3,5-Liter Spyder an, dessen Aluminium-Karosserie von Medardo Fantuzzi gestaltet wurde, von dem auch die Ferrari-Prototypen aus der gleichen Zeit stammten, daher die große Familienähnlichkeit. Der größere V8 produzierte immerhin 340 PS, mit vier obenliegenden Nockenwellen, Trockensumpfschmierung und vier Weber-Doppelvergasern war das ein Triebwerk auf dem damaligen Stand der Technik. Unter der Bewerbung des Rennstalls Scuderia San Marco wurden sogar zwei Serenissima gemeldet, aber nur einer erschien bei der Abnahme, die erfolgreich verlief. Auf der Waage wurde ein Gewicht von 985 kg festgestellt, aber schon im Training zeigte sich, dass der Spyder nicht konkurrenzfähig war. Das französische Fahrerteam Jean-Claude Sauer und Jean de Mortemart erreichte mit einer Zeit von 4:24,9 Minuten lediglich Startplatz 42, das war im Bereich der Alpine 1,3 Liter, der schnellste Ford Mk II wurde zum Vergleich mit 3:30,6 Min. verzeichnet. Während der ersten vier Stunden dümpelte man weiterhin zwischen Rang 41 und 45 herum, bis man bereits in der 5. Stunde nach 40 gefahrenen Runden mit Getriebeschaden ausfiel. Es blieb der einzige Auftritt der Marke bei den 24 Stunden von Le Mans.

Der Spyder mit der Fahrgestellnummer 005, manchmal auch als Torpedo bezeichnet, blieb nach Le Mans im Besitz des Conte Volpi, zusammen mit anderen Serenissima wurde er in Modena in einer Garage eingesperrt. Ab und zu gab es Gerüchte, dass die Autos verkauft werden sollten, aber erst 2019 trennte sich der Conte von ihnen und ließ sie bei Artcurial anlässlich der Retromobile in Paris versteigern. Der Schätzwert von 1,3 bis 1,8 Millionen Euro für den in ziemlich schlechtem, aber absolut originalem Zustand befindlichen Spyder wurde weit übertroffen, ein amerikanischer Sammler bezahlte letztlich inklusive Aufgeld 4.218.000,- Euro. Was seitdem mit dem raren Stück passiert ist, konnte ich nicht recherchieren, bleibt zu hoffen, dass er möglichst viel seiner Patina behält und mit Gefühl restauriert wird. Wie man auf den im Internet leicht zu findenden Fotos von Artcurial sieht, fehlt zum Beispiel die Auspuffanlage. Aber irgendwann wird der Besitzer sicherlich bei einem der großen Concours in Europa oder den USA mit seinem Spielzeug auftreten.

Wenn Spark ein Modell eines solchen, noch dazu italienischen Exoten ankündigt, bin ich voller Vorfreude, auch wenn ich weiß, dass Geduld erforderlich ist. Jetzt ist die Serenissima da und das Warten hat sich gelohnt. Die Form ist hervorragend wiedergegeben, der Gesamteindruck der Miniatur sehr gut. Anhand der Detailfotos des versteigerten Fahrzeugs kann man sehen, dass das Cockpit stimmt, das gleiche gilt für die meisten kleinen Anbauteile und die Lackierung mit dem roten Längsstreifen. Dass der Windschutzscheibenrahmen nur aufgedruckt ist, kann ich verschmerzen, der war auch im Original sehr zierlich. Natürlich sind die vielen feinen Lüftungsschlitze beim Modell nicht durchbrochen, sondern nur schwarz ausgelegt, das ist bei der Wandstärke der Resinkarosserie nicht anders machbar. Schöne Scheinwerfer und exakt passende Räder ergeben ein attraktives Modell. Dennoch bleiben ein paar kleine Kritikpunkte, die kurioserweise hauptsächlich das Heck betreffen. Kann es sein, dass man bei Spark keine Heckansicht des Originals gefunden hat? Im dreibändigen Buch über die 24 Stunden von Le Mans ist die Serenissima von hinten in der Startaufstellung abgebildet. Beim Modell fehlen die Haubensicherungen links und rechts am Heck, die kleinen waagrecht befestigten Rückstrahler sowie ein kleiner Serenissima-Schriftzug unter den linken hinteren Lüftungsschlitzen. Ferner vermisse ich auf beiden Seiten die fünf Schraubenköpfe, mit denen die Schwellerbleche befestigt sind und zwei waagrechte Lüftungsöffnungen auf der Fronthaube vor der Windschutzscheibe. Die Haube selbst wurde beim Original sowohl mit den Lederriemen, als auch mit zusätzlichen Verschlüssen gesichert. Dass die Zusatzscheinwerfer während des Rennens mit Schutzhauben versehen waren, ist logisch, sie wurden nicht gebraucht, da im Juni die Tage lang waren und die Serenissima schon vor Einbruch der Dunkelheit ausfiel. Es gibt aber Bilder von vor dem Start ohne die Schutzhauben, also ist das beim Modell ok. Beim Training waren die zusätzlichen Scheinwerfer übrigens gar nicht montiert.

Eigentlich schade, wenn man bei einem wirklich schönen Modell über solche vermeidbaren Fehler im Detail schreiben muss, die Sorgfalt der Recherche speziell bei historischen Vorbildern bleibt wohl ein Thema. Und natürlich sind die Ansprüche der Sammler genau so wie die Preise gestiegen. Persönlich freue ich mich dennoch sehr über die Serenissima, wie es so schön heißt: „Nobody is perfect“.

Serenissima Spider V8 Scuderia San Marco Le Mans 1966, Spark, Bestellnummer S7560, Auslieferung November 2022, keine Limitierung, Made in China.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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