Dienstag, 5. April 2022

Carlos erster Fiat - Abarth 1500 Biposto 1952 von Avenue 43, 1:43

Der Wiener Karl Abarth machte sich ab 1928 bereits einen großen Namen als Motorradrennfahrer, nach den Kriegswirren verschlug es ihn nach Meran in Südtirol, wo er Repräsentant für Porsche und dadurch in das Cisitalia-Projekt eines Formel 1-Fahrzeugs involviert wurde. Leider kam der hochmoderne, von Porsche konstruierte GP-Renner nie zum Laufen, aber immerhin konnte man sich mit dem kleinen Monoposto D 46 und dem Sportwagen 202 einige Meriten verdienen. Allerdings gab es bald finanzielle Engpässe, die Piero Dusio, den Gründer der Marke zur Aufgabe und zu einer Art Flucht nach Argentinien zwangen. Carlo, wie sich Abarth inzwischen nannte, fand in Armando Scagliarini, dem Vater eines jungen Rennfahrers, einen finanzstarken Compagnon und so entstand im März 1949 Abarth & C., die erste Firma des PS-Zauberers. Die Anfangszeit überbrückte man mit weiterentwickelten Cisitalias, die als Abarth 204 bezeichnet wurden und recht erfolgreich waren. Dazu kam das frühe Tuning-Geschäft mit den ersten Auspuffanlagen, Ansaugsystemen für Doppelvergaser usw., mit dem schnell Geld verdient wurde. Natürlich war klar, dass der 204 keine Dauerlösung darstellte. Nachdem man für Fiats neue Mittelklasselimousine 1400 eine Zweivergaseranlage konzipierte, die 51 statt der serienmäßigen 44 PS brachte, entstand die Idee, auf Basis dieses Großserienprodukts einen Sportwagen zu entwerfen. Aufgrund der selbsttragenden Bauweise der Limousine schuf man einen Plattformrahmen, in den die optimierte Technik des 1400 montiert wurde. So wurde der Motor auf rund 1500 ccm aufgebohrt und mit den üblichen Tuningmaßnahmen erreichte man eine Höchstleistung von 75 PS. Für die Linie des als Anziehungspunkt auf dem Turiner Salon gedachte Projekt wandte Carlo Abarth sich an die Carrozzeria Bertone, wo sich der junge Designer Franco Scaglione seine ersten Sporen verdiente. Mit dem Abarth 1500 Biposto, wie das neue Auto genannt wurde, lieferte Scaglione sein erstes Meisterstück ab, dem bekanntlich noch viele folgen sollten. Die Front mit drei Scheinwerfern, von denen der mittlere, größere an die Nase eines Düsenjets erinnerte, die Stromform mit riesiger Panoramascheibe, das Heck mit um die Ecken gezogener, in der Mitte durch eine Längsfinne getrennter Scheibe, die Heckflossen mit den tief in Löchern sitzenden Leuchten und die weit ausgeschnittenen Radläufe ergaben eine noch nie gesehene Formensprache.

Beim Autosalon in Turin 1952 erfüllte der Biposto seinen Zweck perfekt, das Auto wurde als Sensation bezeichnet. So empfanden es auch zwei hochrangige Mitarbeiter der US-Marke Packard, die in Turin nach neuen Designideen suchten, letztlich den Abarth kauften und in die USA verschiffen ließen. Dummerweise wechselte während ihres Europa-Aufenthalts die Geschäftsführung des in finanziellen Problemen steckenden Unternehmens, man war daraufhin mehr an solider Technik als an Designfortschritten interessiert. Das Styling-Team von Packard inspizierte das Scaglione-Meisterwerk, letztlich ohne Folgen für die nächsten Modellgenerationen, interessanterweise fanden sich an einigen Produkten von General Motors für das Modelljahr 1954 die ersten Panoramascheiben an Serienautos. Nachdem man bei Packard keine Verwendung mehr für den Abarth hatte, bekam ihn 1953 der US-amerikanische Motorjournalist Richard Austin „Dick“ Smith als Kompensation, angeblich für Vorschläge zu einem neuen Werbeslogan. Smith hatte rund 20 Jahre Spass an dem Einzelstück, bis er ihn in einer Garage in seiner Heimat Conneticut parkte. Bis auf eine Neulackierung in einem dunkleren Blau metallic beließ er den Abarth im Originalzustand. Für die Öffentlichkeit blieb das Schicksal des Biposto unbekannt, bis er nach dem Tod von Dick Smith 2003 wieder auftauchte und von Christies für 293.500,- $ versteigert wurde, fast dem vierfachen des unteren Estimates von 80.000,-$. Der neue Besitzer schaffte den Abarth nach England, wo er restauriert werden sollte. Wiederum verschwand das Auto von der Bildfläche, bis der Besitzer aufgrund seiner Unzufriedenheit mit dem Fortschritt und den Kosten der Arbeiten den Rücktransport in die USA organisierte. Dort übernahm Randy Reed, ein bekannter Spezialist für exotische Fahrzeuge in Seaside/Kalifornien, den Auftrag. 2010 konnte man den Abarth 1500 Biposto wieder in seiner ganzen Schönheit bewundern, beim Concours d'Élegance in Pebble Beach gewann sein Besitzer den „Gran Turismo Award“, eine der wichtigsten Auszeichnungen. Es ist natürlich sehr erfreulich, dass Franco Scagliones erster Entwurf für Bertone sowie Carlo Abarths erstes Fiat-Derivat in guten Händen und der Nachwelt erhalten geblieben ist. Bei Bertone und Scaglione ging es unter anderem mit den berühmten BATs auf Alfa Romeo-Basis weiter, der Turiner PS-Zauberer Carlo Abarth startete ab 1956 mit heißen Varianten des kleinen Fiat 600 durch.

Ebenfalls erfreulich ist, dass das Team von Autocult um Thomas Roschmann sich an diese, fast unmöglich scheinende Aufgabe gewagt haben, dieses anspruchsvolle Design in den Maßstab 1:43 zu transferieren. Die geschwungenen Formen und vor allem die riesigen, gewölbten Fensterflächen stellen höchste Ansprüche an die Fertigung. Meiner Meinung nach hat man die Herausforderung gut bestanden. Das Modell sieht sehr attraktiv aus, die Lackierung ist perfekt, die Proportionen stimmig. Die Front mit den drei Scheinwerfern und den Kühllufteinlässen dazwischen ist spektakulär, feine Details sowohl auf der Außenhaut als auch im Cockpit sind vorbildgetreu reproduziert. Am heikelsten sind natürlich die Scheiben und ihre Rahmen. Natürlich wirken die in 1:43 etwas dicker als im Original, aber mit diesem Kompromiss müssen alle Hersteller leben. Die Verarbeitung ist jedenfalls bei mehreren Mustern, die ich sehen konnte, sehr sauber, kleine Ungenauigkeiten entlarvt die Makroaufnahme, aber kaum das menschliche Auge. Ich bin jedenfalls mit der Ausführung sehr zufrieden, wenn man sich Modelle von Brianza oder anderen hochpreisigen Kleinserienherstellern anschaut, ist für über 200 € auch nicht alles Gold, was glänzt. Es ist sehr schön, dass der Sammler ein tolles Modell dieses Design-Meilensteins zu einem noch fairen Preis in die Vitrine stellen kann. Wie immer ist die Auflage auf 333 Stück begrenzt, der Preis liegt bei ca. 95 bis 100 Euro, je nach Händler.

Mehr zum Original und schöne Fotos findet man unter: www.ultimatecarpage.comoder unter rickcarey.com/1952-abarth-1500-biposto-coupe/

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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