Sonntag, 3. April 2022

Zu wenig Abtrieb führte zum Abflug - Aston Martin DB3S Coupé Le Mans 1954 von Spark, 1:43

In den Jahren von 1949 bis 1959 sorgten die Rennsportwagen von Aston Martin für einige Erfolge, die im Le-Mans-Sieg und dem Gewinn der Sportwagenweltmeisterschaft 1959 ihren Höhepunkt erreichten.

Der Industrielle David Brown, das DB in den Aston-Martin-Typenbezeichnungen, kaufte die Firma 1947 über eine Chiffreanzeige in der Times. Der Zufall ergab, dass im gleichen Jahr die Traditionsmarke Lagonda in Konkurs ging. Dort hatte der Konstrukteur W.O. Bentley gerade einen Doppelnockenwellen-Sechszylindermotor in Arbeit, der ideal für die neuen Aston Martin-Sportwagen schien. David Brown kaufte Maschinen, Prototypen und Pläne und schaffte so die Basis für die legendären DB-Typenreihen.

Geld war kein Problem, deshalb wurde auch ein offizielles Rennprogramm gestartet, nachdem bereits 1949 einige gute Ergebnisse erzielt wurden. Als Rennleiter kam John Wyer an Bord, der später auch mit Ford und Porsche noch große Erfolge feiern sollte. Mit den Plätzen 5 und 6 in Le Mans 1950 mit DB2 Coupés gab man sich nicht zufrieden, ein echter Rennsportwagen musste her. Konstrukteur dieses ersten DB3 war Professor Robert Eberan von Eberhorst, der frühere Chefingenieur der Auto Union. Mit Gitterrohrrahmen, schnittiger offener Karosserie und dem 2,9-Liter Sechszylinder-Triebwerk versprach das Auto einiges, leider blieben die Erfolge aus, der DB3 war einfach zu schwer. Deshalb entschied man Anfang 1953, ein leichteres Chassis zu entwickeln, auf die Kühlung des Motors besser zu achten, um ein konkurrenzfähigeres und zuverlässiges Fahrzeug zu bekommen. Der neue DB3S war sehr schön, auf Anhieb 75 kg leichter und auch schneller. Die ersten beiden Jahre verliefen dennoch eher durchwachsen: 1953 fielen in Le Mans beide Autos aus, in Großbritannien gewann man dafür fast alles, unter anderem die berühmte Tourist Trophy.

Das Jahr 1954 wurde nach den letzten Erfolgen sehr optimistisch angegangen, endete aber in den Worten von John Wyer als „complete disaster“. Hauptproblem waren zu viele Projekte mit zu wenig Manpower. Knapp 50 Leute in der Rennabteilung sollten gleichzeitig den DB3S weiterentwickeln, unter anderem mit einer Kompressor-Variante und neu geformten Coupés, mit dem Lagonda 4,5 Liter V12 einen völlig neuen Rennsportwagen auf die Räder stellen und ein anspruchsvolles Programm bestreiten, das bereits vor Le Mans Teilnahmen an den 1.000 km von Buenos Aires im Januar, den 12 Stunden von Sebring, der Mille Miglia sowie in Silverstone vorsah. Das einzige nennenswerte Ergebnis blieb Platz 3 in Sebring. Und für Le Mans plante man mit einem Großaufgebot von zwei Lagonda V12, zwei der neuen DB3S Coupés und einem aufgeladenen DB3S. Nachdem nur einer der neuen Zwölfzylinder rechtzeitig fertig wurde, nahm man noch einen der Vorjahres-DB3S dazu, statt sich auf die anderen Autos zu konzentrieren.

Die Pleite für die Briten begann bereits in der 29. Runde, als Eric Thompson den Lagonda in der Esses rückwärts in die Streckenbegrenzung setzte. Die beiden Coupés, die mit Hilfe des Luftfahrtunternehmens Vickers und deren Windkanal entwickelt wurden, erwiesen sich von Anfang an als zu langsam und dazu noch zu instabil im Fahrverhalten. Das Wissen um Aerodynamik war eben noch nicht weit fortgeschritten. Heute ist klar, dass den Autos schlichtweg der Abtrieb fehlte. So geschah, was geschehen musste. Sowohl Jimmy Stewart (der Bruder von Jackie) als auch der siamesische Prinz Bira hoben an einer Kuppe bei Maison Blanche ab und zerstörten die Coupés, wobei sie glücklicherweise ohne größere Blessuren davonkamen. Während Stewart/Graham Whitehead bereits nach 65 Runden abhoben, hielten Bira/Peter Collins immerhin 138 Runden durch. Der nachgemeldete DB3S von Shelby/Frère war bereits nach 98 Runden nicht mehr dabei, am längsten hielt erstaunlicherweise der relativ unerprobte Kompressor-Renner, Parnell und Salvadori mussten ihn nach 222 Runden mit durchgebrannter Kopfdichtung abstellen. Der Sieg in Le Mans ging 1954 bekanntlich an Ferrari, Gonzales/Trintignant konnten mit dem mächtigen Ferrari 375 sowohl den Jaguar D-Type bei seinem Debüt als auch den mächtigen Cunningham C4-R auf die Plätze verweisen. Aber Geschichten mit der Fehleinschätzung der Aerodynamik kamen ja öfters vor, man denke an die an Überhitzung gestorbenen Jaguar C-Type 1952 oder an die Flugeinlagen von Mercedes 1999.

Auf jeden Fall kam John Wyer mit einer Ladung Schrott zurück nach Feltham, zudem wurden die Weber-Vergaseranlagen der beiden Coupés in der Nacht gestohlen, früher blieben solche Wracks einfach bis Rennende am Streckenrand liegen, das wäre heute unvorstellbar. Aufgrund mangelnder Perspektive wurden die Coupés und der Lagonda verschrottet und ein neuer Lagonda für Le Mans 1955 aufgebaut. Ab diesem Jahr sollte es einige Erfolge geben, die ihren Höhepunkt 1959 mit dem Sieg in der Sarthe und der Weltmeisterschaft erreichten.

Wenigstens kann der Sammler jetzt dank Spark ein (oder zwei) Modelle des schönen, aber erfolglosen Coupés in die Sammlung stellen, ich habe mich für die #20 von Collins/Bira entschieden, weil ich finde, dass die gelbe Nase einen schönen Kontrast zum Metallicgrün darstellt. Die Grundform des zierlichen Coupés ist sehr gut getroffen, die geschwungenen Kotflügel, die Heckflossen und das in ein Fastback übergehende Dach ergeben einen stimmigen Gesamteindruck. Lackierung, Details und Gesamtfinish geben keinen Anlass für Kritik. Vor allem die Front mit den Zusatzscheinwerfern und dem vorbildgerecht kleineren Kühllufteinlass sieht perfekt aus. Die Speichenräder sind nicht ganz originalgetreu, bei Aston Martin wurden damals Borranis mit außenliegenden Speichen verwendet, dazu kommt, dass das Verhältnis vom Raddurchmesser zur Reifenhöhe vor allem vorne nicht stimmt. Und wo der Verschlussdeckel rechts in der Heckscheibe wohl hinführen soll? Auf Originalfotos sieht es übrigens so aus, als wäre links ebenfalls ein solcher Deckel. Aber trotz dieser kleinen Kritikpunkte macht das DB3S Coupé große Freude, hoffen wir, dass Spark in nächster Zeit noch andere angekündigte Modelle aus den alten Katalogen produziert und dabei auf die Qualität achtet.

Aston Martin DB3S Coupé David Brown Le Mans 1954, Spark, Bestellnummer S2435, Auslieferung März 2022, keine Limitierung, Made in China.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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