Mittwoch, 23. März 2022

Rallyekeil auf Abwegen - Lancia Stratos 24 h Daytona 1977 von Spark, 1:43

Auf den ersten Blick scheint manches Modellauto nicht sonderlich interessant, wenn man sich aber mit der Geschichte darum beschäftigt, wird es spannend. Beim Lancia Stratos von den 24 Stunden von Daytona 1977 ist das der Fall.

Bei der Entwicklung des Stratos lag natürlich der Schwerpunkt darauf, ein ideales Rallyeauto zu bekommen. Für die Rundstrecke war der kurze Keil aufgrund seines geringen Radstands und damit eher instabiler Fahreigenschaften weniger geeignet, Erfolge stellten sich dann eben nur auf kurvigen Strecken wie der Targa Florio oder bei rallyeähnlichen Veranstaltungen wie der Tour de France oder dem Giro d'Italia ein. Für Langstreckenrennen wie die 24 Stunden von Daytona war der Stratos sicherlich nicht die beste Wahl.

Das hielt Anatoly „Toly“ Arutunoff, einen begeisterten Amateurfahrer aus Oklahoma mit ukrainischen Wurzeln, nicht davon ab, mit einem solchen Auto insgesamt fünfmal in Daytona zu starten, der Erfolg blieb allerdings mit einer einzigen Zielankunft 1978 und Platz 26 sehr übersichtlich. Vor dem Stratos versuchte Toly sein Glück übrigens zweimal mit einem Lotus Europa, auch davon gibt es keine Erfolgsmeldungen. Wie er selbst beschreibt, war es gar nicht so einfach, an einen Stratos zu kommen. Lancia selbst lieferte nicht in die USA, so musste man das Fahrzeug bei einem italienischen Händler erwerben und exportieren. An privaten Renneinsätzen war das Werk genauso wenig interessiert, die einzige Unterstützung kam vom englischen Team „The Chequered Flag“. Dennoch hatte man mit dem Stratos alle, aber wirklich alle erdenklichen Probleme, so blieben die Einsätze immer spannend. Immerhin hielt Arutunoff dem Stratos bis 1984 die Treue, aber selbst bei kleineren IMSA-Läufen gab es keine zählbaren Erfolge. In Daytona 1977 war der Ausfallgrund übrigens ein Leck im Tank. Als Sponsor diente der Hallett Racing Circuit, eine von Arutunoff selbst initiierte Rennstrecke in Oklahoma, seine Copiloten waren José Marina und Brian Goellnicht, ebenfalls keine für uns bekannte Größen.

Der inzwischen 83jährige Toly Arutunoff war schon als Kind ein Autonarr, bereits mit 15 besaß er einen Führerschein und ein Lincoln Cabrio mit Kompressor. Sein erster richtiger Sportwagen war ein Porsche Carrera Speedster, sein erstes internationales Rennen die Targa Florio 1963, mit einem Lancia Flaminia Zagato belegte er zusammen mit Bill Pryor Rang 26. Ansonsten bewegte Arutunoff alles, was ihm in die Finger kam, ob Ferrari, Corvette, Morgan, nahm zweimal am damals illegalen Cannonball Run quer durch die USA teil, betätigte sich als Autohändler für Ferrari und viele andere Marken, entwarf und baute den Hallet Motoring Circuit, seine eigene Rennstrecke in der Nähe von Tulsa/Oklahoma. Nebenbei begann er, Autos und Automobilia zu sammeln sowie an historischen Veranstaltungen teilzunehmen, sein letzter Einsatz bei einem internationalen Rennen waren die 24 Stunden von Daytona 1982, damals fiel der Stratos mit Motorschaden aus. Als er kurz vor seinem 60. Geburtstag seine Frau Karen heiratete, die leider letztes Jahr verstarb, musste er eine größere Garage neben seinem Anwesen bauen. Karen meinte, dass er eine Menge „Stuff“ hätte, dass sie seine Sachen gerne hätte, aber sich nicht vorstellen könnte, das alles im Haus zu haben. Weniger ist es über die Jahre sicher nicht geworden, wie man in diesem Link sehen kann. Leider hat Toly 2011 bei einem nicht von ihm verschuldeten Unfall ein Bein verloren, was ihn natürlich beim Fahren etwas einschränkt. Auf jeden Fall ist dieser Amerikaner ein Original, das in Europa ziemlich unbekannt ist. Schön, dass Spark durch den gelben Stratos auf Arutunoff aufmerksam macht.

Das Modell selbst macht Freude, neben den vielen Rallye-Stratos ist dieser IMSA-GTU-Renner eine willkommene Abwechslung. Die abweichenden Details wurden berücksichtigt, wie das Sicherheitsnetz in der Fahrertüre hinter der offenen Seitenscheibe, die unterschiedlichen Rückspiegel, die spezielle Motorabdeckung ohne die üblichen Lamellen, die BBS-ähnlichen Räder mit breiten Racingreifen sowie der Frontspoiler nach dem Do-it-yourself-Prinzip. Die gelbe Lackierung und die Beklebung stimmen soweit mit den zu findenden Vorbildfotos überein, etwas störend sind wieder einmal die Trägerfolien der Decals, die auf dem hochglänzenden Lack unangenehm auffallen. Ansonsten gefällt mir dieser etwas exotische Stratos ausnehmend gut.

Lancia Stratos Hallet Motor Racing 24H Daytona 1977, Spark, Bestellnummer US170, Auslieferung März 2022, Limitierung auf 500 nummerierte Exemplare, Made in China.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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