Dienstag, 28. Dezember 2021
Sieg mit dem "Gebrauchtwagen" - Porsche 908/03 Martini 1000 km Nürburgring 1971 von Spark, 1:43
Trotz der überaus aufwendigen Entwicklung des 917 fuhr Porsche bereits in der Saison 1970 zweigleisig, für die kurvigen Strecken der Targa Florio und des Nürburgrings entstand ein weiterentwickelter, kompakter 3 Liter-Spyder, der 908/03, der an den ultraleichten Bergspyder 909 angelehnt war. Über die siegreichen Fahrzeuge und die davon produzierten Spark-Modelle haben wir bereits ausführlich berichtet, man findet die Besprechungen in unserem Archiv unter der Rubrik 1:43 - Spark. Schon damals hofften wir, dass auch die 71er verwirklicht werden, dieser Wunsch geht zur Zeit in Erfüllung. Wir haben uns für den Sieger der 1.000 km Nürburgring entschieden.
Nach den beiden erfolgreichen Einsätzen 1970 wurden die 908/03 abgestellt und erst wieder für die Targa Florio aktiviert. Viel wurde an den Fahrzeugen nicht geändert. Auffallend waren die vom 917 bekannten Heckflossen, dazu gab es einen stabileren Überrollbügel und breitere Hinterräder. In Sizilien erlebte man ein Desaster, weder die beiden Gulf-Porsche noch der Martini-908/03 kamen ins Ziel. Sowohl John Wyers Autos als auch der von Dieter Dechents Martini Racing gemeldete Porsche verunfallten auf dem kurvenreichen Madonie-Kurs. Nachdem Porsche Salzburg am Ende der Saison seine Rennaktivitäten einstellte, übernahm Dechent mit großzügiger Unterstützung des italienischen Vermouth-Fabrikanten das Team und konnte bereits die 12 h von Sebring gewinnen. Porsche hatte knapp zwei Wochen Zeit, den Teams für den Nürburgring Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Während man für John Wyer zwei neue Autos baute, musste Martini Racing mit wiederaufgebauten, alten Chassis vorlieb nehmen. Natürlich waren die Spyder nicht rennfertig, so musste man während der zwei Trainingstage an der Abstimmung arbeiten, was nicht gerade motivierend für die Fahrer war. Dazu kam, dass mit Alfa Romeo und dem neuen Ferrari 312 P ernstzunehmende Konkurrenz antrat. Auf der Pole Position stand eben der Renner aus Maranello, den Jacky Ickx in 7:36,1 um den Ring prügelte, der schnellste Porsche mit Vorjahressieger Vic Elford war 10,8 Sekunden langsamer! Der Brite war dieses Jahr mit Gérard Larrousse als Copilot unterwegs, bei John Wyer blieben aufgrund eines frühen Ausfalls Derek Bell und Jackie Oliver arbeitslos, man spannte mit Jo Siffert und Pedro Rodriguez die schnellsten Fahrer zusammen, was aber nicht konfliktfrei ausging. Leider fielen sowohl der Ferrari als auch der schnellste Alfa Romeo 33 von Rolf Stommelen/Nanni Galli aus, so wurde es doch wieder ein Porsche-Festival. Der großartige Allrounder Vic Elford konnte seinen insgesamt dritten und zweiten Sieg in Folge am Nürburgring feiern, der Franzose Larrousse unterstützte ihn dabei sehr gut. Zwei Anmerkungen am Rande, der erfolgreiche Spyder war das gleiche Chassis 008 wie 1970 und die Goodyear-Slicks hielten die ganzen 1.000 km ohne sonderliche Verschleißerscheinungen durch, das stelle man sich heute mal vor. Den möglichen Doppelsieg vergab Martini-Porsche. Der vermeintlich auf einem sicheren zweiten Platz liegende Gulf-908 mit Rodriguez wurde immer langsamer, so dass Helmut Marko kurz vor Ende an ihm dran war. Der Mexikaner rettete mit wilden Manövern und einem extrem breiten Auto eine Zehntelsekunde ins Ziel. Als Grund für die Schwäche von Rodriguez am Ende wurden sowohl ein Reifenschaden als auch Übermüdung genannt, hatte er sich doch beim letzten Tankstopp geweigert, das Auto an seinen Teamkollegen Siffert zu übergeben.
Der Dreifachsieg am Nürburgring sicherte für Porsche die dritte Markenweltmeisterschaft, danach konzentrierte man sich erst einmal auf andere Serien wie das CanAm-Abenteuer. Die noch einsatzbereiten 908/03 gingen an private Teams, die sie noch viele Jahre an den Start diverser Rennen brachten.
Wie bei allen Spark-Modellen des Porsche 908/03 bin ich mit der Grundform nicht ganz glücklich. Die Front wirkt auch hier zu flach und zu breit, wobei das Martini-Dekor diesen Mangel etwas kaschiert. Dazu kommt, dass der hintere Radausschnitt am Heck nicht nach unten, sondern nach oben verlaufen sollte. Die Verarbeitung und die Details sind auf gewohnt hohem Niveau, Cockpit, Motorraum und Heck zeigen viele Feinheiten, selbst die schwarzen Streifen links am Überrollbügel wurden nicht vergessen, hat man da beim Vorbild etwas getaped? Dagegen stehen wieder einmal vermeidbare Ungenauigkeiten. Der Rückspiegel ist immer noch zu hoch und bei der Beklebung ist zu bemängeln, dass die hintere Startnummer schräger und die Martini Racing Team-Schriftzüge auf den Flossen waagrecht positioniert sein müssten. Unser Leser Jörg Küpper weist auf zwei weitere Ungenauigkeiten hin: Die Form des Haubendecals stimmt an der Front nicht und der kleine Aufkleber vor dem Cockpit müsste mittig über dem Porsche-Logo sein. Ein nettes Detail sind hingegen die beiden weißen Schuhabdrücke auf der Karosserie, dort dürfen die Piloten beim Fahrerwechsel drauftreten. An anderer Stelle würden sie sofort durch die fast papierdünne Kunststoffhaut brechen.
Trotz der genannten Schwächen ist dieser Porsche 908/03 eine Bereicherung für die Sammlung, einerseits Sieger eines der wichtigsten Langstreckenrennen und andererseits das Auto, mit dem Vic Elford seinen letzten WM-Lauf gewann. Wenn man sich vorstellt, dass „Quick Vic“ 1968 die Rallye Monte Carlo, die 24h von Daytona, die Targa und die 1.000 km am Nürburgring gewann und nebenbei noch Formel 1 sowie später CanAm-Rennen bestritt, weiß man, was ein echter Allrounder ist.
Porsche 908/03 Martini Racing Team Sieger 1000 km Nürburgring 1971, Spark, Bestellnummer S2334, Auslieferung Dezember 2021, keine Limitierung, Made in China.
Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung. Leider ist das Modell dort bereits ausverkauft, aber aktuell bei Raceland noch erhältlich.
Fotos und Text: Rudi Seidel