Sonntag, 21. November 2021

Rückzug nach der Katastrophe - Mercedes Benz 300 SLR Le Mans 1955 von Spark, 1:43

Nach zwei Jahren Unterbrechung kehrte Mercedes-Benz zu den großen Sportwagenrennen zurück. Eigentlich hätte man bereits 1953 mit einer Weiterentwicklung des im Vorjahr überaus erfolgreichen 300 SL antreten wollen, dieses Projekt wurde aber vor allem wegen des großen Aufwands für die Teilnahme an der Formel 1 ad acta gelegt. Gleichwohl sah man die Möglichkeit, parallel einen siegfähigen Rennsportwagen zu entwickeln und damit war der 300 SLR (bzw. W 196-S in Anlehnung an den Formel 1) geboren.

Technisch waren beide Autos verwandt, aber nicht identisch. Für den Sportwagen konnte man den Hubraum auf 3 Liter vergrößern, bei der Formel 1 galten ja 2.500 ccm als Limit. Es blieb beim aus zwei Vierzylinderblöcken bestehenden Achtzylinder-Reihenmotor mit Mittelabtrieb und desmodromischer Ventilsteuerung, dem man für den Einsatz auf der Langstrecke noch einiges an Weiterentwicklung mitgab. So wurde die Zündfolge geändert und durch ein zusätzliches Rad in der Zahnradkaskade die gleiche Drehrichtung der Nockenwellen ermöglicht, was den Verschleiß verminderte und die Leistungscharakteristik verbesserte. Mit rund 300 PS war genügend Leistung vorhanden und für die Standfestigkeit sprach, dass es während der ganzen Saison keinen Motorschaden gab. Der Verbrauch lag übrigens bei rund 28 Liter / 100 km, der Tankinhalt je nach Einsatz 200 bis 260 Liter! Das Fahrwerk ähnelte ebenfalls dem Grand Prix-Renner, allerdings musste ein neuer Rahmen konstruiert werden, um den FIA-Bestimmungen für Innenraum, Türen und Sitzen zu genügen. Im Gegensatz zum großen Konkurrenten Jaguar setzte man noch Trommelbremsen ein, die prinzipiell unterlegen waren. Deshalb behalf man sich für schnelle Strecken wie Le Mans mit einer sogenannten Luftbremse, einem hydraulisch ausfahrbaren Blech hinter dem Cockpit.

Mercedes stieg erst im dritten Lauf in die Sportwagen-WM ein, die Läufe in Argentinien und Sebring kamen zu früh und passten nicht in den hauseigenen Terminkalender. Es folgte der Triumph von Moss/Jenkinson bei der Mille Miglia und die Tragödie von Le Mans. Durch die Absage der 1.000 km am Nürburgring sowie der Carrera Panamericana blieben nur noch die britische Tourist Trophy sowie die Targa Florio auf Sizilien übrig. Auf den Landstraßen des nordirischen Dundrod Circuit besetzten die drei angetretenen 300 SLR das komplette Siegerpodest, wieder war Stirling Moss Erster, diesmal gemeinsam mit John Fitch. Die Ausgangslage vor der Targa sah folgendermaßen aus: Mercedes musste gewinnen und Ferrari durfte nicht Zweiter werden. Durch einen Doppelerfolg von Moss/Collins und Fangio/Kling wurde das Ziel erreicht und die Weltmeisterschaft gewonnen.

Es gab übrigens insgesamt neun 300 SLR, sieben offene Rennsportwagen und zwei Coupés, die nie zum Renneinsatz kamen. Einer wurde in Le Mans zerstört, bis auf zwei, die im französischen Automobilmuseum in Mulhouse und im Deutschen Museum in München stehen, befinden sich alle anderen im Besitz von Daimler Benz. Am erfolgreichsten war die Fahrgestellnummer 004, das ist das Siegerfahrzeug von der Mille Miglia, der Tourist Trophy und der Targa Florio, damit sicherlich eines der wichtigsten Rennautos aller Zeiten.

Spark bietet sukzessive alle drei Le Mans-Teilnehmer an, das Auto mit der Startnummer 19 von Fangio/Moss folgt als letztes, erhältlich sind bereits das Unfallfahrzeug von Levegh/Fitch mit der 20 und die Nummer 21 von Kling/Simon, das ist die berühmte Fahrgestellnummer 004. Als Mercedes Benz seine verbleibenden 300 SLR in der 10. Stunde vom Rennen zurückzog, lagen Fangio/Moss an der Spitze und Kling/Simon auf Platz 3, dazwischen die späteren Sieger Hawthorn/Bueb auf dem Jaguar D-Type. Auf die Katastrophe will ich nicht weiter eingehen, darüber ist alles geschrieben. Ohne Zweifel hätte Mercedes alle Chancen gehabt, die 24 Stunden zu gewinnen und damit Fangio und Moss einen weiteren großen Triumph zu ermöglichen. Beide konnten Le Mans nie gewinnen. Im Vergleich zum bereits von uns vorgestellten Sieger der Targa Florio wurden alle Änderungen berücksichtigt. Verkleidete Scheinwerfer, anderer Rückspiegel, die Luftbremse mit den zwei kleinen Sichtfenstern, der Tankschnellverschluss und natürlich die Startnummern mit Beleuchtungen rechts und hinten. Einige Details wurden im Vergleich zum Targa-Auto verbessert: Die kleinen Rückstrahler zwischen der Nummernschildbeleuchtung und den Rücklichtern sind vorhanden, die Verschlussriemen der Motorhaube sitzen nicht mehr so schräg, zwischen Lenkrad und Fahrersitz ist zumindest etwas Abstand und die Lackierung ist feiner pigmentiert und (fast zu) glänzend. Ansonsten bleibt es beim guten Gesamteindruck, die Verarbeitung unseres Musters ist bis auf das etwas schief sitzende Decal der Chromschriftzüge auf der Kofferhaube gut, hoffen wir mal, dass Spark die Fertigung in Madagaskar weiterhin besser in den Griff bekommt. Warum Spark dem Le Mans-Modell einen Fahrersitz mit rotem Karostoff verpasst hat, ist unverständlich, inzwischen haben wir dank unseres Lesers Hayo Herrmann Gewissheit, der Bezug war aus graublauem Karostoff. Dass auch dieser Mercedes gut 2 mm zu kurz ist, soll erwähnt sein, fällt aber nicht zu stark ins Gewicht, wie auch die etwas zu breite Spur.

In meinen Augen ist dieser 300 SLR ein schönes Modell mit deutlichen Fortschritten gegenüber dem Targa-Sieger. Warum nicht gleich so?

Mercedes-Benz 300 SLR Le Mans 1955 Karl Kling, André Simon
Spark, Bestellnummer S4735, Auslieferung November 2021, keine nummerierte Limitierung, Made in Madagaskar.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

unsere fachhandelspartner:

Falls Sie Interesse an unserem Partnerprogramm haben freuen wir uns über eine Nachricht an info@auto-und-modell.de.