Samstag, 29. Mai 2021

Kein Schweizer Uhrwerk - Alfa Romeo Giulietta SZ Coda Tronca Le Mans 1963 von Spark, 1:43

Vor einem guten halben Jahr konnten wir bereits die erste Giulietta SZ von Spark präsentieren und haben uns auch die drei Autos von Le Mans 1963 gewünscht, und siehe da, alle wurden für die nächste Zeit angekündigt und die rote Variante von der Schweizer Scuderia Filipinetti macht den Anfang.

Mit der Giulietta präsentierte Alfa Romeo sein erstes in größerer Serie produziertes Auto. Zuerst zeigte man 1954 das kleine Sprint Coupé, im Folgejahr die Berlina (= Limousine). Natürlich waren das keine Brot- und Butterautos, sondern sportliche Klassefahrzeuge mit dem typischen Doppelnockenwellen-Vierzylinder von anfangs 1290 ccm und 53 PS bei der Limousine oder 65 PS beim Sprint. Natürlich kamen sofort Einsätze bei Rallyes und Rennen, bereits 1956 legte man eine Giulietta Sprint Veloce mit 79 PS nach, damit waren schon gut 170 km/h möglich. Noch schneller ging es mit der Giulietta Sprint Speciale, die eine aerodynamisch bessere Karosserie mit dem Design von Bertones damaligem Chefdesigner Franco Scaglione erhielt, von diesem schönen Exoten entstanden immerhin in fünf Jahren 1252 Stück.

Am sportlichsten waren dann die Versionen von Zagato, die mit Leichtmetallaufbauten gleich rund 100 kg weniger wogen (ca. 840 statt 950 kg). Die ersten dieser Sprint Veloce Zagato entstanden fast in Einzelanfertigung, das Problem lag darin, dass Alfa Romeo keine Chassis liefern wollte, und Zagato deshalb neue oder gebrauchte Giuliettas umbauen musste. Ab 1960 bekam man Fahrgestelle geliefert und konnte dann eine kleine Serienproduktion beginnen. Diese Giulietta Sprint Zagato war ursprünglich kurz und rund, für die zweite Serie entschied man sich für die "Coda Tronca", ein abgehacktes Heck nach den Erkenntnissen von Kamm. Von beiden Varianten wurden insgesamt 217 Stück produziert, von denen viele im Renneinsatz "verbraucht" wurden. Dementsprechend ist heute eine originale Giulietta SZ eine gesuchte und teure Rarität.

Werksseitig gab es keine Renneinsätze, aber Privatiers oder Teams wie die Scuderia Sant'Ambroeus oder die Scuderia Filipinetti kamen mit den kleinen Alfas auch zu großen Rennen wie z.B. der Targa Florio oder Le Mans. Nach einem guten 10. Platz bei den 24 Stunden in der Sarthe 1962 hoffte man im Folgejahr auf weitere Erfolge, aber von den drei gestarteten Giulietta SZ kam keine ins Ziel. Die beiden Autos der Scuderia Sant'Ambroeus waren noch länger unterwegs, einer wurde in der siebten Stunde disqualifiziert, der andere schied in der 16. Stunde mit einem Schaden an der Kraftübertragung aus, die Startnummer 36 aus der Schweiz mit Karl Foitek und Armand Schaeffer erlitt bereits in der zweiten Stunde einen Motordefekt.

Georges Filipinetti, der Gründer des gleichnamigen Rennteams, war eine wahrhaft schillernde Persönlichkeit. Bereits 1962 wurde das Team als „Equipe National Suisse“ gegründet, um Jo Siffert den Einstieg in die Formel 1 zu ermöglichen, kurze Zeit später wurde es in Scuderia Filipinetti umbenannt. Sein Geld verdiente der Schweizer mit mehreren Autovertretungen in Genf, unter anderem für Ferrari, Lamborghini, Shelby Ford, aber auch Lancia, Rover oder NSU. Schon 1960 kaufte er das Schloss Grandson am Neuenburger See, eine veritable Ritterburg aus dem Mittelalter. Dort fanden regelmäßig hochkarätige Veranstaltungen statt, schließlich war Filipinetti auch noch Botschafter von San Marino bei den Vereinten Nationen. Die Rennautos der Scuderia gehörten zum Feinsten, das man kaufen konnte. Von Ferraris wie 250 GTO, 250 LM, 365 P2/3, 365 GTB 4 Daytona, 512 S, um nur einige zu nennen, Ford GT 40, Cobra Daytona, Chevrolet Corvette, Porsche 904 und Carrera 6, über Abarth, Alfa Romeo, Lotus Ford Cortina bis hin zu Monoposti verschiedener Formeln reichte der Fuhrpark, Piloten wie Siffert, Herbert Müller, Mike Parkes, Jo Schlesser, Willi Mairesse und viele mehr wurden engagiert. Filipinetti selbst kam standesgemäß zu den Rennen, Rolls Royce Silver Cloud oder Mercedes 600 sollten es schon sein. Den größten internationalen Erfolg feierte das Team bei der Targa Florio 1966, als Herbie Müller und Willi Mairesse auf einem Porsche Carrera 6 siegten. Als Filipinetti 1973 im Alter von nur 65 Jahren an den Folgen seiner Diabetes starb, fiel das Kartenhaus in sich zusammen. Die Aktivitäten der Scuderia mussten sofort eingestellt werden, was zu langen Rechtsstreitigkeiten mit den inzwischen vorhandenen Sponsoren Antar und Seita/Gitanes führte. Alle Rennautos wurden verkauft und zur Begleichung der angehäuften Schulden musste man sich auch von Schloss Grandson trennen. Georges Sohn Jean-Pierre hatte die undankbare Aufgabe, die Situation in den Griff zu bekommen. Aus Hoffnungslosigkeit setzte er 1987 seinem Leben ein Ende. Wer mehr über die Scuderia Filipinetti erfahren will, sollte sich nach dem gleichnamigen, hervorragenden Buch von Ed Heuvink umsehen, das allerdings derzeit nur antiquarisch erhältlich ist (ISBN 2-84707-016-8).

Für die rote Giulietta trifft im Prinzip alles zu, was ich bereits über das Modell von 1962 geschrieben habe. Es beginnt bei der Gesamtform, die hervorragend getroffen ist. Details wie Haubenverschlüsse, Startnummernbeleuchtungen, Zusatzscheinwerfer usw. sind gewohnt gut reproduziert, vorbildgerecht vorne und hinten unterschiedliche, etwas zu breite Räder, perfekt eingesetzte Scheiben und Scheinwerferabdeckungen machen Freude. Wer es ganz genau nimmt, könnte sich vielleicht an den nur aufgedruckten Seitenscheibenrahmen stören, ich persönlich bin damit zufrieden. Das Cockpit ist vollständig, auch das hinter den Sitzen liegende Ersatzrad wurde nicht vergessen. Vor allem wurden die ganzen kleinen Unterschiede beachtet: Die Hutze und der Insektenabweiser auf der Motorhaube, der Talbot-Außenspiegel, die andere Position des Tankdeckels und die Verschlüsse an der Heckklappe. Mit dem typischen weißen Streifen auf der Haube und den Logos der Scuderia Filipinetti auf den Kotflügeln ist diese rote Giulietta eine hübsche Ergänzung, auch wenn das Original sich nicht mit Ruhm bekleckert hat. Für Variantenfans wäre sicherlich noch die Startnummer 34 vom gleichen Jahr interessant, die hatte nämlich eine andere Schnauze ohne Scudetto und mit Lüftungsklappen à la Ferrari GTO.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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