Freitag, 2. April 2021
Heckflossen aus Maranello - Ferrari Superfast 1956 von Tecnomodel, 1:18
Die Straßensportwagen dienten Enzo Ferrari immer nur als Mittel zum Zweck der Finanzierung der Rennsporteinsätze – dies galt besonders für die Anfangsjahre. Auch durch die Initiative des US-Importeurs Luigi Chinetti erkannte man in Maranello schnell das Potenzial des wohlhabenden US-amerikanischen Marktes und stellte 1955 mit dem 410 Superamerica ein Auto speziell für die Upperclass vor, mit eleganter Pininfarina-Karosserie und großvolumigem Zwölfzylinder. Für den besonderen Geschmack entstanden auf dieser Basis auch einige Sonderkarosserien, unter denen das Einzelstück von Ghia mit seiner auf Chrysler-Designstudien basierenden Form sicher eine der extremsten Erscheinungen war. Doch auch bei Pininfarina selbst entstand ein außergewöhnliches Unikat, welches auf dem Pariser Salon 1956 für Aufsehen sorgte. Das Chassis hatte man um 20 cm gekürzt, der 4,9 Liter große Zwölfzylinder erhielt eine zweite Reihe Zündkerzen und größere Vergaser. Aber diese technischen Feinheiten waren nichts im Vergleich zur Karosserie.
Pininfarina hatte die Gestaltung klar an den zeitgenössischen US-Designgeschmack angelehnt, diesen aber mit eindeutig europäischen Elementen kombiniert, die man bereits von Rennsportwagen aus Maranello kannte. So gab es vorne einen breiten, ovalen Kühlergrill und zurückgesetzte Scheinwerfer hinter einer Plexiglaskuppel. Die Karosserie wurde optisch durch eine umlaufende Chromleiste in zwei Hälften geteilt, ein Gestaltungselement, das Pininfarina lange Jahre verwendete. Die obere Hälfte war weiß lackiert, unten trug das Einzelstück ein helles Blau. Die Hinterräder waren teilweise abgedeckt und ab der B-Säule zogen sich auf jeder Seite lange Flossen zum Heck hin, ein klares Zitat in Richtung des amerikanischen Karosseriegeschmacks. Das Dach kam dank einer raffinierten Konstruktion mit Auslegern ohne A-Säulen aus, auch das eine Reminiszenz an den US-Geschmack, bei dem Panoramafrontscheiben seinerzeit groß in Mode kamen. Diesen spektakulären Wagen nannte man „Superfast“ und so sah er auch aus.
Außergewöhnliche Ferrari-Einzelstücke sind ein Thema, dem sich die italienische Firma Tecnomodel immer wieder gerne widmet und so brachten sie Anfang 2021 ein Modell des 410 Superfast im Maßstab 1:18 auf den Markt. Vier Varianten gab es, nur eine ist vorbildgerecht, nämlich die hier gezeigte Version in Weiß und Hellblau (die anderen Versionen sind aber immerhin recht hübsch). Die Form des Einzelstücks setzen die Tecnomodel-Modelleure sehr schön ins Modell um, wenn auch das Dach aus Stabilitätsgründen mit A-Säulen kommt, die beim Vorbild übrigens nachgerüstet wurden, als es nach seiner Karriere als Messeschaustück verkauft wurde. Das Lackfinish ist hochglänzend, die umlaufende Chromleiste allerdings leider ein wenig dick und flach, beim Vorbild ist sie dreidimensionaler. Auch die Chromrahmen um die Fenster sind etwas dick, aber bei meinem Modell immerhin sehr gut verarbeitet.
Der Kühlergrill vorne ist schön, wie auch die Scheinwerfer hinter ihren gewölbten Abdeckungen. Die ungewöhnlichen Rückleuchten werden gut getroffen, feine geätzte Schriftzüge an den Heckflossen und auf dem Kofferraumdeckel zeigen den Namen des außergewöhnlichen Ferrari. Die Speichenräder sind fein gestaltet und vielleicht nur einen Hauch zu tief. Den Innenraum bildet Tecnomodel ausreichend gut nach, aber für diese Preisklasse sind einige der Details schon recht grob gestaltet. Allerdings hat man da von Tecnomodel auch schon deutlich Schlechteres gesehen. Eine Motornachbildung gibt es bei diesem Resinemodell natürlich nicht, aber hier steht ja auch beim Vorbild klar die Karosserieoptik im Vordergrund – und da hat man sehr gute Arbeit geleistet. Der Tecnomodel-Superfast war fast überall schnell ausverkauft, auch das spricht für das gute Näschen, dass der Hersteller in der Vorbildwahl hat. Hoffentlich werden auch die zukünftigen Modelle so schön, wie diese gelungene Miniatur des 410 Superfast.
Fotos und Text: Georg Hämel