Donnerstag, 18. Februar 2021

Nur ein kleiner Erfolg - Chevron B16 BMW Hockenheim 1970 von Spark für Raceland, 1:43

Als Ergänzung zur Sportwagen-Weltmeisterschaft, in der die 5-Liter-Boliden von Ferrari, Porsche, Lola und Ford die Oberhand besaßen, kreierte die FIA 1970 eine Europameisterschaft für Sportwagen bis 2 Liter Hubraum. In neun Läufen sollte sowohl ein Konstrukteurs- als auch ein Fahrereuropameister gefunden werden. Neben einigen inzwischen in Privatbesitz befindlichen Porsche 906, 910 und 907 waren vor allem Abarth, Lola und Chevron konkurrenzfähig. Als Fahrer machten vor allem Brian Redman und Joakim Bonnier von sich reden, aber auch Arturo Merzario und Vic Elford konnten sich in die Siegerlisten eintragen. Der Fahrertitel ging in der ersten Saison letztlich an den Schweden Bonnier auf seinem Lola T 210, während Chevron die Konstrukteurs-Wertung für sich entschied. Allzulange lebte die Meisterschaft allerdings nicht, nach vier weiteren kompletten Saisons wurde 1975 bereits nach zwei Rennen abgebrochen, ohne einen Sieger zu ermitteln. 1974 ging der Titel übrigens an Renault Alpine, deren Rennsportwagen A 441 die Basis für den späteren Le Mans-Sieg legte.

Die 1965 von Derek Bennett in Nordengland gegründete Rennwagenmarke Chevron baute vor allem Chassis für die Formeln Junior, 3 und 2, aber auch kleine GTs mit Ford- oder BMW-Triebwerken. Vor allem die Coupés der Typen B 8 und später B 16 waren recht verbreitet, allerdings gab es von letzterem bereits einen Spider-Prototyp, die nachfolgenden Chevron Zweisitzer waren offene Sportwagen. 1978 verfolgte Bennett sogar ein Formel 1-Projekt, aber nach dem Unfalltod des Gründers bei einem Hängegleiter-Flug und finanziellen Schwierigkeiten der Firma wurde daraus nichts und 1980 wurde Chevron liquidiert. Es gab mehrere Nachfolgefirmen und auch heute noch werden sogenannte Continuation-Fahrzeuge für historische Rennen produziert und sogar ein moderner GT für die britische Meisterschaft entwickelt. Nach 1980 wurden übrigens die Maurer-Formel 2-Rennautos, die unter anderem von Stefan Bellof bewegt wurden, in den alten Chevron-Werkstätten gebaut. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Während Lola mit dem T 210 bereits ein offenes Auto einsetzen konnte, blieb Chevron am Anfang der Saison noch beim B 16 Coupé, das allerdings mit unterschiedlichen Triebwerken an den Start ging. Die meisten Bewerber vertrauten auf Ford-Cosworth, es gab aber auch ein Auto mit einem Mazda-Wankelmotor sowie den Semi-Werkseinsatz von BMW, der allerdings erst beim 4. Lauf in Anderstorp unter Dieter Basche an den Start ging und gleich Platz 4 erreichte. Für das nächste Rennen am Hockenheimring übernahm dann der Wiener und bisherige Abarth-Pilot Dieter Quester das bei Koepchen Tuning vorbereitete und von Eifelland Caravans gesponserte Chevron Coupé. Im ersten Lauf wurde Quester noch ausgebremst, aber im zweiten Lauf schaffte er Platz 3 hinter Bonnier und Redman. Das Triebwerk dieses Autos war übrigens mit dem bekannten Apfelbeck-Zylinderkopf ausgerüstet, die Ventilanordnung bedingt doppelte Ein- und Auslasskanäle, weshalb der Vierzylinder auf den ersten Blick wie ein V8 aussieht und links und rechts Auspuffrohre besitzt. Die weiteren Einsätze des Chevron-BMW standen unter keinem guten Stern, Trainingsunfälle von Basche in Pergusa und Quester bei den 500 km am Nürburgring sowie ein Motorschaden beim letzten Lauf in Spa machten keinen Mut, das Projekt fortzusetzen. Dafür konnte BMW später in der Formel 2 viele Erfolge verzeichnen, allerdings ohne den zu komplizierten Apfelbeck-Zylinderkopf. Ob und wo der B 16 mit der Fahrgestellnummer DBE09 noch existiert, konnte ich nicht recherchieren, von 1984 gibt es einen nicht bestätigten Hinweis aus Schweden. Unser Leser Florian Stempfhuber hat Informationen, dass der Chevron von einem gewissen Jorgen Zaborowski gekauft und sowohl in Europa als auch in den USA gefahren wurde. Ob es sich aber wirklich um das Originalcoupé handelte, ist unsicher, bei dem aktuell zum Verkauf stehenden Auto ist auch ein Triebwerk mit Querstromkopf installiert, siehe die Website des Händlers Phil Stott.

Das Rennwochenende in Hockenheim im Juli zog 60.000 Zuschauer an, der zweite Lauf zur Interserie, Formel 3, GT und eben die Sportwagen-EM sorgten für ein spannendes Programm. Der erste Lauf der 2 Liter-Renner ging an Joakim Bonnier auf seinem eigenen, gelben Lola T 210 vor Kurt Ahrens, der trotz diverser Probleme seinen Abarth auf Platz 2 halten konnte. Quester hingegen betätigte laut der damaligen Berichterstattung von Auto, Motor & Sport versehentlich den Schalter für die zweite Benzinpumpe, deshalb sprang der Motor nicht mehr an. Im zweiten Lauf fing es besser an, Der Wiener brachte den Chevron-BMW in Führung, musste aber wegen Getriebeproblemen sowohl Bonnier als auch Redman ziehen lassen, immerhin blieben ihm die Schaltstufen 3 und 5 sowie der dritte Platz in diesem Lauf. Eine kleine Anekdote am Rande, die ich bei der Recherche entdeckt habe: H. G. Isenberg erzählte in seiner Reportage vom 500 km-Rennen am Nürburgring für die Zeitschrift sport auto im Oktober 1970, dass Dieter Quester über seinen Rücktritt vom aktiven Rennsport nachdenken würde. Wir wissen, dass der „Quastl“ wohl etwas länger nachdenken musste, war er doch noch 2007 im Rennauto unterwegs! Für den Chevron-BMW blieb dieser dritte Platz der einzige zählbare Erfolg, schön, dass der Sammler dank Raceland ein Modell dieses schönen kleinen Sportwagens in die Vitrine stellen kann. Und wer lieber eine Le Mans-Version will, wird im Spark-Standardprogramm fündig.

Von Raceland wissen wir, dass man es sich bei der Recherche nicht leicht macht und zusammen mit Spark einige Korrekturläufe bis zum fertigen Modell durchführt. Wer sich selbst schon einmal eine solche Aufgabe gestellt hat, weiß, wie schwierig es ist, beweiskräftige Fotos aus verschiedenen Perspektiven zu finden. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Originalität gewährleistet ist, mir sind jedenfalls keine Abweichungen aufgefallen. Die Grundform des hübschen Coupés ist sehr gut getroffen, die schlicht weiße Lackierung und relativ dezente Beklebung sauber ausgeführt. Die Scheinwerfer sind abgedeckt, vorne links gab es wohl eine kleine Macke, deshalb wurde mit etwas Tape abgeklebt. Räder und Cockpit entsprechen dem üblichen Standard, die zwei Auspuffrohre sind durch die Motorkonstruktion bedingt und richtig. Verglichen mit den älteren Chevron-Modellen von Bizarre fallen vor allem die Scheiben auf, die früher von innen als ganzes Teil eingesetzt wurden und deshalb vor allem die Frontscheibe oben nicht bündig war. Das sieht jetzt viel besser aus, leider zeigt unser Fotomuster eine Ungenauigkeit beim rechten Seitenfenster, das vorne unten etwas absteht. Ansonsten gibt es an der Fertigungsqualität nichts auszusetzen.

Bei lediglich 300 Stück Auflage und den beiden Sammelkriterien BMW und Quester denke ich, dass der interessierte Sammler nicht lange warten sollte, der Chevron aus der Gold Edition ist bei Raceland für 74,95 Euro bestellbar.

Unser Fotomuster kommt von Raceland, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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