Dienstag, 1. Dezember 2020

Nur viermal gebaut - Maserati 3500 GT Coupé Frua Italsuisse von Kess Scale Models, 1:43

Nachdem Maserati in den 50er Jahren extrem viel Geld in die Entwicklung und den Einsatz von Rennautos gesteckt hat, bis 1957 andererseits gerade einmal 137 Straßenfahrzeuge an Kunden geliefert hatte, war die Zeit gekommen, einen Gran Turismo zu konstruieren, der in größeren Stückzahlen (letztendlich 1980 Stück!) produziert werden und Geld in die Kasse spülen sollte. Giulio Alfieri konstruierte einen 6-Zylinder-Motor mit 3485 ccm, zwei obenliegenden Nockenwellen, der mit Doppelzündung und drei Weber-Doppelvergasern anfangs 220 PS entwickelte. Das Coupé wurde zuerst mit einer klassischen Touring-Superleggera-Karosserie eingekleidet, deren Eleganz den 3500 GT sofort erfolgreich werden ließ. 1959 kam dann noch ein Vignale-Spider ins Programm, und vereinzelte Sonderaufbauten kamen unter anderem von Allemano, Bertone und Boneschi. Auch technisch wurde der Maserati ständig weiterentwickelt, so kamen ab 1960 vorne und ab 1961 auch hinten Scheibenbremsen zum Einsatz, und ein ZF-Fünfgang-Getriebe wurde 1961 Serie. 1962 folgte mit dem 3500 GTI eine stärkere Variante mit 235 PS und Lucas-Einspritzung und 1963 erschien der 3500 GTIS, ein moderneres Vignale-Coupé auf dem 100 mm kürzeren Radstand des Spiders, von dem bis 1968 348 Stück der ersten und 243 Stück der zweiten Serie produziert wurden. Von dem später als Sebring bezeichneten Coupé entstanden einige Fahrzeuge auch mit 3,7 oder 4 Liter Hubraum. Gegenüber den neuen Modellen Mistral und Quattroporte (mit Frua-Design!) verlor der Sebring bald an Bedeutung, weshalb man die Produktion einstellte.

Auch Pietro Frua schuf einige Sonderkarosserien auf dem Chassis des 3500 GT, ein Spider von 1959 blieb ein Einzelstück, ein Modell in 1:43 wurde von Matrix Scale Models produziert. Als Maserati den 3500 GT modernisieren wollte, reichte Frua eine Designstudie ein, die Entscheidung für den Typ 101/10 fiel aber für einen Entwurf von Giovanni Michelotti für Vignale, eben dem späteren Sebring. Fruas Entwurf wurde dennoch realisiert, insgesamt entstanden 1961/62 vier Coupés bei der Genfer Carrosserie Italsuisse, von denen drei heute bekannt sind, das erste Fahrzeug ist leider verschollen. Detaillierte Informationen über die Historie der Autos findet man unter www.pietro-frua.de

Kess Scale Models liefert nun zwei Versionen des Maserati 3500 GTI Coupés Italsuisse aus, es handelt sich um das zweite gebaute Exemplar mit der Fahrgestellnummer AM 101.1496, wie an Details wie den seitlichen Lüftungsöffnungen zu sehen ist. Dieser Maserati war ursprünglich rot mit hellbrauner Innenausstattung. Nachdem er durch einige Hände ging und Umbauten ertragen musste, begann ab 1996 eine Restaurierung und 2002 die erste Lackierung in metallicblau. Dies geschah aufgrund einer Verwechslung der Fahrgestellnummern mit dem verschollenen, ursprünglich blauen AM 101.1494. Die originelle Zulassung mit dem Kennzeichen „62 Frua“ erfolgte bereits 1992. Nach weiteren Besitzerwechseln wurde das Coupé auf der Techno Classica 2019 in Essen für 500.000,- € an einen nicht genannten Käufer veräußert. Genaues findet man wie gesagt unter www.pietro-frua.de

Als erstes fällt positiv auf, dass unser Fotomuster sehr sauber gefertigt ist, leider haben wir bei Kess ja schon große Schwankungen erlebt. Vor allem die Scheiben passen sehr gut, aber auch die restlichen Kleinteile sind gut verarbeitet. Scheinwerfergruppe, Rücklichter und Außenspiegel wirken allerdings etwas plump bzw. überdimensioniert. Das Interieur gefällt mir, auch das feine Lenkrad und die Details am Armaturenbrett. Die Borrani-Scheibenräder mit Chromradkappen und richtig dimensionierten Reifen hinterlassen einen guten Eindruck, was man leider von der Formwiedergabe des Modells nicht ganz sagen kann. Der Schwachpunkt ist in meinen Augen der Dachaufbau, der etwas zu flach wirkt, auch müsste die Windschutzscheibe steiler stehen und der Übergang vom Dach zur Heckscheibe etwas weicher verlaufen. Den fehlenden winzigen Maserati-Dreizack am oberen Ende der C-Säule kann man verschmerzen. Der Unterbau bis zur Gürtellinie hingegen ist stimmig, nur die, wie gesagt etwas groben Leuchteinheiten stören den Gesamteindruck. Das Kennzeichen „61 Frua“ ist nicht richtig, obwohl es eigentlich zum Baujahr des Coupés passen würde. Im Original trug der Maserati von 1992 bis 2012 die Zulassung „62 Frua“. Beim roten Modell hat Kess dann das spätere Kennzeichen des blauen Maserati verwendet, das passt überhaupt nicht!

So bleibt wieder der Zwiespalt, dass ein eigentlich schön gefertigtes Modellauto formal nicht vollkommen stimmig ist, die Produzenten verlassen sich scheinbar zu viel auf ihr Augenmaß, statt genaue Recherche zu betreiben. Aber das war und ist ehrlicherweise auch bei teuren Handarbeitsmodellen von BBR, Brianza usw. nicht anders, es sei denn, man bekommt die Daten vom Hersteller, wie es bei modernen Autos üblich ist. Letztlich entscheidet der Sammler, ob ihm ein Modell gefällt, oder er mit einem Kompromiss leben kann. Ein besseres Modell dieses Maserati-Exoten wird es sicherlich auf lange Sicht nicht geben, meine persönliche Entscheidung war dahingehend, für das Kess-Modell Platz in der Vitrine zu schaffen.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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