Samstag, 14. Juli 2018

Italiener im feinen Anzug: Fiat 2100 Berlina Speciale 1959 von Autocult, 1:43

Oberklassefahrzeuge blieben im Programm der größten italienischen Automarke Fiat stets eine Randerscheinung, dennoch versuchte man immer wieder, die Kunden, die aus den kleineren Baureihen herausgewachsen waren, bei der Stange zu halten. So war die erste Neuentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg der 1400, dem kurze Zeit später noch der 1900 folgte, große Limousinen im amerikanisch angehauchten Pontonstil, mit Vierzylindermotoren, aber auch recht feiner Ausstattung. Besonders edel waren die Hardtopversionen Gran Luce bzw. Grande Vue auf 1900-Basis, in sehr kleiner Serie gefertigte Liebhaberautos.

Anlässlich des Genfer Salons 1959 präsentierte Fiat mit dem 1800 und 2100 zwei Sechszylindermodelle, die mit ihrer damals hochmodernen Trapezform und einem geräumigen und gut ausgestatteten Innenraum überzeugten, die Triebwerke waren mehr auf Laufkultur als auf Höchstleistung ausgelegt, 75 und 82 PS reichten für gute Fortbewegung, aber natürlich nicht für sportliche Fahrweise. Der Verkaufserfolg ausserhalb Italiens blieb übersichtlich, manche Kinderkrankheit belastete den Ruf, erst die ab 1961 angebotene zweite Serie mit Namen 1800B und 2300 war richtig ausgereift.In Deutschland gab es eben auch mit dem günstigeren Opel Kapitän sowie der teureren, aber sicherlich hochwertigeren Mercedes Heckflosse überlegene Konkurrenten. Neben der Limousine produzierte Fiat noch einen sehr eleganten Kombi namens Familiare, aber damals war die Zeit der luxuriösen Transporter noch nicht gekommen. Und für besondere Repräsentationszwecke war die Berlina Speciale (in Deutschland Spezial Limousine) im Angebot, die mit 8 Zentimeter mehr Radstand für verbesserten Raum im Fond und besonders elegantem Interieur anspruchsvolle Käufer ansprechen sollte. Die lag dann aber preislich mit 13.100,- DM auf Mercedes-Niveau, klar, für welches Auto man sich entschied. So blieb es von 1959 bis 1961 insgesamt bei 1.174 der feinen, bei der Turiner Carrozzeria Ellena gefertigten Berline Speciale. Das kleine goldene Logo am Vorderkotflügel steht übrigens nicht für den externen Karosseriebauer, sondern für die Carrozzeria Speciale Lingotto, wo Fiat zum Beispiel auch den Fiat 500 C Giardiniera fertigte, in diesem Fall also ein Etikettenschwindel. Auch vom Nachfolger 2300 gab es noch eine Berlina Speciale, deren Produktion allerdings bereits 1964 wieder eingestellt wurde, während die Basisversionen noch bis 1968 im Programm blieben. 1969 kam dann mit dem 130 eine richtige Oberklasselimousine, aber das ist wieder eine andere, ebenfalls nicht besonders erfolgreiche Geschichte.

Die Berlina Speciale unterschied sich von der Basis nicht nur durch den längeren Radstand und einen etwas höheren Pavillon, sondern vor allem durch die Frontpartie und die Grafik der Zierleisten. Doppelscheinwerfer, die in dieser Form erst beim späteren 2300 wieder auftauchten, darunter ein über die ganze Breite gezogener Kühlergrill mit horizontalen Elementen bestimmten die Front, der Wegfall der durchgezogenen Zierleisten an der Flanke sowie eine Leiste oben auf den hinteren Kotflügeln ergaben zusammen mit der dunkelblauen Lackierung und den Weißwandreifen eine hochelegante Erscheinung. Im Innenraum ersetzte man die zweifarbige, an amerikanischen Vorbildern orientierte Gestaltung des Basismodells durch einfarbig beige Velourspolster, auch die inneren Türverkleidungen wurden komplett anders ausgeführt. Ein Wort noch zu den Dimensionen: Eine Länge von 4.625 mm, eine Breite von 1.628 mm sowie ein Leergewicht von 1.285 kg ist weit vom heutigen Begriff eines Oberklassefahrzeugs entfernt. Trommelbremsen an allen Rädern sowie das Fehlen von Servolenkung, Klimaanlage oder vollautomatischem Getriebe sind allerdings heute auch nicht mehr vorstellbar. Immerhin konnte man den Saxomat bestellen, eine automatische Kupplung.

Man ist immer wieder erstaunt, welche Lücken das Autocult-Team um Thomas Roschmann entdeckt und mit hochwertigen Resinminiaturen füllt. Der Fiat 2100 macht keine Ausnahme, der Sammler bekommt ein tolles Modellauto für die Vitrine. Die für italienische Limousinen typische dunkelblaue Lackierung, die Weisswandreifen auf vorbildgerechten Felgen mit Chromkappen, auf denen das Fiat-Logo nicht fehlt sowie die Chrom- und Ätzteile reproduzieren die Eleganz des Originals perfekt. Auch die Verarbeitung lässt keine Wünsche offen, ob Fenstereinsätze, Zierleisten oder Schriftzüge, alles einwandfrei. Schön, dass man bei Spurweite und Reifendimension nicht meinte, dem heutigen Geschmack mit breiten Reifen, die die Radhäuser ausfüllen, entgegenkommen zu müssen. Autos der 50er oder frühen 60er Jahre hatten eben relativ schmale Räder, die die Karosserie deutlich überragte. Im Innenraum fehlt nichts, die auffälligen Türverkleidungen ebensowenig wie der Bandtacho, das im Original auf Wunsch lieferbare Autovox-Radio (mit Sendersuchlauf für Mittel- und Langwelle!) und das dünne Lenkrad mit Hupring und Schalthebel. Fein auch die Stabantenne mit winzigem Sockel, der Aussenspiegel ist dem Vorbild geschuldet, einem in Kleve in Nordrhein-Westfalen zugelassenen Fahrzeug, möglicherweise die einzige Berlina Speciale in Deutschland. In Italien gab es damals zumindest in Serie keine äusseren Rückspiegel. Erfreulich, dass Autocult dem Fiat alte italienische Kennzeichen verpasst hat, vor allem die winzige Tafel vorne stört den Gesamteindruck nicht wie die riesigen deutschen Exemplare.

An diesem Modell gibt es nichts auszusetzen, selbst der Preis von rund 90 Euro ist für die kleine Auflage von 333 Stück und die gebotene Qualität gerechtfertigt. Aufgrund der Vielzahl von Fiat-Liebhabern auf beiden Seiten der Alpen dürfte die Berlina Speciale flott abgekauft werden, der interessierte Sammler sollte nicht zu lange warten. Und wenn Thomas Roschmann wirklich einmal die Ideen ausgehen sollten, würden wir ihn gerne unterstützen, da gäbe es schon noch das eine oder andere Auto!

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

unsere fachhandelspartner:

Falls Sie Interesse an unserem Partnerprogramm haben freuen wir uns über eine Nachricht an info@auto-und-modell.de.