Sonntag, 14. Januar 2018

Einzelstück aus Maranello - Ferrari 410 Superamerica Scaglietti von CMF, 1:18

Der 2011 im Alter von 91 Jahren verstorbene Sergio Scaglietti ist aus der Ferrari-Geschichte nicht wegzudenken. Der Karosseriebauer hatte 1951 seinen Betrieb in Maranello, gegenüber den Ferrari-Werkshallen als Karosserie-Reparaturbetrieb gegründet. Schon bald kam man auch mit Ferrari ins Geschäft und baute Karosserien für Ferraris Rennsportwagen. Die technischen und handwerklichen Fähigkeiten Scagliettis beeindruckten Enzo Ferrari und dass sein Sohn Dino bei Scaglietti gern gesehen war und dort einen Rüchzugsort fand, als seine gesundheitlichen Probleme ihn mehr und mehr beeinträchtigten, machte Scaglietti letztendlich zu einem echten Freund der Familie. Die Rennsportwagen des Hauses Ferrari wurden ab Mitte der 1950er Jahre meist bei Scaglietti eingekleidet, die schlichten und eleganten Formen der stets handgefertigten Karosserien bestätigten Ferrari in seiner Entscheidung und waren ein klarer Beweis für die ruhige Hand und das sichere Auge des Sergio Scaglietti. Besondere Beispiele waren natürlich der 250 Testa Rossa mit seinen "Pontoon Fendern", den freistehenden geschwungenen Kotflügeln und der 250 GTO, den Scaglietti in Zusammenarbeit mit Giotto Bizzarrini formte. Auch die legendären 250 GT California Spider entstanden bei Scaglietti. Nur selten baute man allerdings Sondermodelle für solvente Kunden, eine der wenigen Ausnahmen ist dabei der Ferrari 410 Superamerica Chassis 0671 SA, der 1957 bei Scaglietti entstand.

Der Auftraggeber war Dottore Enrico Wax, ein reicher Herr aus Bologna, der als Importeur ein Vermögen gemacht hatte und schon früh ein guter Kunde der Firme von Enzo Ferrari wurde. Der 410 Superamerica, ein großes Coupé mit 5 Liter-Zwölfzylinder, war seinerzeit eines der exklusivsten Automobile auf dem Markt. Meist wurden die Wagen mit einer eleganten Pininfarina-Karosserie eingekleidet, aber einzelne Wagen trugen auch von Boano oder Ghia geschaffene Designs - und dann gab es eben jenes eine Exemplar von Scaglietti. Die Grundform von 0671 SA stammte von Scagliettis Rennsportwagen, so gibt es 375er oder 250er, die ähnliche Linien hatten. Außergewöhnlich und extravagant sind dann das glänzenden Dach aus Edelstahl und die aus dem gleichen Material gefertigten , weiß lackierten Heckflossen. An den Seiten gibt es unten geschlitzte Bleche und die nackten Metalloberflächen kontrastierten perfekt mit dem schwarzen Lack des Einzelstückes. Dottore Wax behielt den 410 Superamerica wohl nicht sehr lange, der Wagen wurde 1958 nach Rom verkauft und gelangte später in die USA, wo die Karosserie modifiziert wurde. Im Jahr 1973 wurde 0671 SA gestohlen, der Dieb entfernte die Karosserie und versenkte sie in einem See. Das Chassis landete letztendlich bei einem Bauern in Oregon, wo es vom amerikanischen Sammler und Experten Greg Garrison entdeckt wurde, der glücklicherweise erkannte, welche Rarität er da vor sich hatte. Mit Hilfe von Scaglietti wurde der Wagen Mitte der 1980er Jahre komplett neu aufgebaut und erstrahlte nach zweijähriger Arbeit in neuem Glanz. Der Wagen war nun dunkelrot lackiert und auch die Heckflossen trugen nun nackten Edelstahllook. 1990 gewann Garrison mit dem wiedererstandenen 0671 SA seine Klasse beim Concours d'Elegance in Pebble Beach, ein schöner Lohn der Arbeit. Nach Garrisons Tod wurde der Wagen 2007 von Gooding & Co. für 1,32 Millionen US-Dollar versteigert, 2012 wechselte er bei einer RM-Auktion in Scottsdale für 1,815 Millionen US-Dollar wieder den Besitzer.

Resinemodellbau macht es Modellherstellern heute möglich, auch solche Einzelstücke als Modell anzubieten. Von CMF, einem Label von Modelcarworld, ist 0671 SA nun achtzehnfach verkleinert worden und wírd als Miniatur für knapp 170 EUR angeboten. Im Vergleich mit Vorbildfotos macht das Modell einen guten Eíndruck, die Linie passt, lediglich das Rot dürfte etwas dunkler sein. Das gebürstete Edelstahl des Vorbildes wird durch Decals recht gut nachgebildet, die außergewöhnliche Optik trifft CMF jedenfalls sehr gut. Vorne gibt es einen schönen Kühlergrill und Scheinwerfer mit ausreichend Tiefe, hinten sitzen die dreieckigen Rückleuchten in den Heckflossen. Es gibt vorne und hinten Stoßstangenhörner und die feinen Speichenräder haben die ríchtige Dimension. Innen wird das luxuriöse Interíeur gut wiedergegeben, da bietet CMF aber noch Luft nach oben. Das Armaturenbrett ist gut nachgebildet, die Instrumente werden mit Decals dargestellt - hier wäre etwas mehr Aufwand mit Chromringen etc. bei diesem Preis denkbar. Ebenso wären einzeln angebrachte Scheibenrahmen wünschenswert, die aufgedruckten Chromrahmen sind eine der wenigen Schwächen dieses ansonsten schönen Modelles.

Da zeigt sich wieder einmal, wozu die bei vielen Sammlern so verpönte Resinetechnik gut ist - ein Auto, das sicher nicht für tausendfache Verkäufe gut ist, sich aber in kleinen Stückzahlen an den Sammler bringen könnte, wird so tatsächlich als 1:18-Modell Wirklichkeit. Natürlich zeigen andere Hersteller in diesem Marktsegment, dass solche Modelle auch billiger realsiert werden können, aber ich persönlich bin für jeden Produzenten dankbar, der den Mut hat, solche außergewöhnlichen Preziosen in den Handel zu bringen und kann nur hoffen, dass sich dieser Mut auch finanziell lohnt. Denn es gäbe da noch so einige Ferrari-Raritäten, die ein Modell verdient hätten....

Text und Fotos: Georg Hämel

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