Sonntag, 8. Oktober 2017

Viel gewagt, nichts gewonnen - Lancia D20 Le Mans 1953 von Spark, 1:43

Nachdem die traditionsreiche Marke Lancia mit der Aurelia B20 das Muster eines Grand Tourisme schuf, der in etwas modifizierter Fassung auch bei Rallyes und Rennen erfolgreich war (2. Platz Mille Miglia 1951, 6. Platz Le Mans 1952, um nur zwei Beispiele zu nennen), gab Gianni Lancia, der Sohn des Firmengründers Vicenzo, die Entwicklung eines reinrassigen Rennsportwagens in Auftrag. Das Team von Vittorio Jano startete praktisch bei 0, man konstruierte einen Rohrrahmen mit tragendem Blechdach, ein Chassis mit rundum unabhängiger Radaufhängung sowie innenliegenden Bremsen und Getriebe an der Hinterachse sowie einen neuen Motor, der wie bei der Aurelia ein V6 werden sollte. Allerdings bekam das Triebwerk vier obenliegende Nockenwellen, Doppelzündung, Trockensumpfschmierung und drei Weber-Doppelvergaser. Bei 2962 ccm Hubraum wurden 217 PS erreicht. Für die Karosserie war Pininfarina zuständig, man entwarf ein Fließheck-Coupé mit aggressiver Frontgestaltung und großer Panoramaheckscheibe, das man auch selbst in Aluminium fertigte. Lancia entschied sich für eine eigene Farbgebung statt dem italienischen Rot, man wählte eine Zweifarbenlackierung in dunkelblau und cremeweiß.

Insgesamt waren sechs Coupés geplant, allerdings wurden nur vier davon mit den Fahrgestellnummern 003-006 fertiggestellt. Bei der Mille Miglia 1953 trat man mit der kompletten Mannschaft an, drei D20 blieben auf der Strecke, lediglich Bonetto kam ins Ziel, belegte immerhin den dritten Platz hinter Giannino Marzotto auf Ferrari und Fangio auf Alfa Romeo. Bei der damals nicht zur WM zählenden Targa Florio gelang Umberto Maglioli der erste große Sieg für einen D20, wer also ein Siegerfahrzeug für die Sammlung wünscht, sollte auf den von Spark bereits angekündigten Lancia mit der Startnummer 76 warten. Denn der Auftritt in Le Mans endete in einem Debakel. Man meinte, mehr Leistung zu benötigen, dies schaffte man mit einem Roots-Gebläse an einem auf 2693 ccm verkleinerten Triebwerk, so standen rund 270 PS zu Buche. Enttäuschend zeigte sich die erreichte Geschwindigkeit auf der langen Mulsanne-Geraden: Gerade einmal 219,1 km/h waren gegen über 240 km/h der Konkurrenz von Jaguar, Ferrari und Alfa Romeo zu wenig. Außerdem wurde es in den Cockpits so heiß, dass es für die Fahrer geradezu unerträglich schien. Die Ausfallorgie begann in der 6. Stunde mit der Nummer 32/Fahrgestellnr. 004 von Bonetto/Valenzano, in der 12. Stunde folgte die 30/006 mit Taruffi/Maglioli und in der 18. Stunde die 31/005 mit Manzon/Chiron. Am längsten hielt die 63/003 mit Gonzales/Biondetti durch, ein Motorschaden beendete deren Rennen in der 21. Stunde. Dieses Fahrzeug kam nur durch den Trainingsunfall eines Borgward von der Reserveliste in die Startaufstellung. Die Frage, ob der Einsatz des relativ unerprobten aufgeladenen Triebwerks die richtige Wahl war, lässt sich leider nicht mehr beantworten.

Folge des verpatzten Auftritts war der Umbau der Coupés in D23 Spider, richtig gut war dann aber erst die Weiterentwicklung, der D24, dessen große Siege bei der Carrera Panamericana 1953 und der Mille Miglia 1954 zu den größten Erfolgen der Marke Lancia zu zählen sind. Und dann stürzte sich Lancia mit dem D50 noch in das Abenteuer Formel 1, das Ende dürfte bekannt sein: Wirtschaftliche Schieflage - Tod des Nr. 1-Piloten Alberto Ascari (allerdings bei einer Probefahrt im Ferrari) - Übergabe des Materials an Ferrari - WM-Sieg Fangios mit dem von Ferrari optimierten D50 1956.

Da die vier Coupés, wie schon geschrieben, in Spider umgebaut wurden, existiert leider keines mehr, auch nur einer der Spider blieb erhalten und wird heute in Den Haag im Louwman Museum präsentiert.

Als erstes Modell präsentiert uns Spark den D20 von Gonzales/Biondetti, also das ausdauerndste Le Mans-Auto, inzwischen sind aber auch die anderen drei lieferbar. Außer der Startnummer unterscheiden sich die Lancias durch die Farbe der Ansaughutze auf der Motorhaube: rot bei der 63, weiß bei der 30, gelb bei der 31 und grün bei der 32. Die kleinen, feinen Details, die Spark realisiert hat, machen auch bei diesem Modell große Freude. Man beachte die Haubenverschlüsse, die kleine Abweiserscheibe auf der Motorhaube, das Kühlergitter mit der aufgedruckten Startnummer, die seitlichen Schiebefenster und vieles mehr. Am Unterboden findet man die stilisierte Transaxle-Einheit und eine feine Auspuffanlage. Das Interieur ist fein reproduziert und vor allem im Heckbereich durch die große Scheibe gut einzusehen. Die Speichenräder sind sehr fein, dass keine Bremstrommeln sichtbar sind, ist vorbildgerecht, hat der D20 doch rundum innenliegende Bremsen. Auch die Reifen sind maßstabsgerecht, 6 bzw. 6,5 Zoll Breite sind in 1:43 eben nur rund 3,5 mm bzw. 3,8 mm. Lediglich die Spur ist vorne etwas zu breit ausgefallen, aber das fällt nicht sehr auf. Ansonsten entspricht Sparks Lancia D20 den zu findenden Originalfotos sehr gut und ist formal und farblich eine Bereicherung für die Le Mans-Sammlung. Jetzt freuen wir uns noch mehr auf die angekündigten Aurelia B20, die hoffentlich ähnlich gelungen ausfallen wie dieser D20.

Unser Fotomuster kommt von raceland, vielen Dank für die Unterstützung. Natürlich bekommt man die Modelle auch bei anderen gut sortierten Spark-Fachhändlern.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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