Montag, 14. August 2017

Besser als die Isetta? - Heinkel Trojan Typ 601 Kabinenroller 1962 von Oxford Diecast, 1:18

Die Ankündigung von Oxford Diecast, nach dem Messerschmitt Kabinenroller auch eine Heinkel Kabine in 1:18 zu produzieren, erfreute den Autor dieser Zeilen ganz besonders, dieser fahrbare Untersatz war das erste "Auto" der damals jungen Familie, wie einige historische Fotos bezeugen. Vom Fahrrad- und Motorradhändler hatte mein Opa zusammen mit seinen beiden Söhnen den Schritt zum Heinkel Tourist und zur Kabine gewagt, ein unglückliches Intermezzo mit dem Maico 500 endete mit der Übernahme einer Fiat-Fabrikvertretung, die im oberfränkischen Hof heute noch existiert.

Wie Messerschmitt war auch Ernst Heinkel ein begnadeter Flugzeugkonstrukteur, der nach 1945 seinem Metier nicht mehr nachgehen durfte. Also kümmerte man sich um die Motorisierung der nicht gerade wohlhabenden Bürger. Der Heinkel Tourist war sicherlich einer der besten Motorroller seiner Zeit, dann gab es noch das Kleinkraftrad, die Heinkel Perle, aber die Menschen wollten ein Dach über dem Kopf und etwas mehr Komfort. So machte man sich nach dem Muster der ISO Isetta an die Entwicklung eines Kleinwagens. Heinkel nutzte seine Erfahrung im Leichtbau und konstruierte eine zierliche, aber geräumige Kabine mit riesigen gewölbten Fensterflächen, die sogar Platz für zwei Erwachsene und zwei Kinder oder etwas Gepäck bot. Der Viertakter aus dem Roller mit 9,5 PS aus 174 ccm Hubraum wurde mit einem Viergang-Klauengetriebe gekoppelt, das sogar einen Rückwärtsgang besaß. Mit dem Leergewicht der Kabine von nicht einmal 250 kg (!) kam man fast auf 90 km/h, an das Fahrgefühl kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern, es dürfte aber spannend gewesen sein. Die vorderen Bremsen mussten sogar verkleinert werden, da die ursprüngliche Anlage zum Blockieren neigte. Wo durch die riesigen Fenster viel Licht war, gab es natürlich keinen Schatten, deshalb heizte sich die Kabine bei Sonneneinstrahlung extrem auf, das zu öffnende Stoffdach war kein Luxus, sondern Notwendigkeit. Bei Regen zeigte sich, dass die Kabine nicht dicht zu bekommen war, bedingt durch die starken Verwindungen des fragilen Aufbaus. Nachdem sich keine Lösung fand, ging man pragmatisch vor und bohrte Ablauflöcher in den Fahrzeugboden. Es folgte eine vierrädrige Version mit hinterer Schmalspur, der Motor wurde vergrößert, die 10 PS Leistung wurden allerdings durch eine deutlich herabgesenkte Lebensdauer des Triebwerks erkauft. Von 1955 bis 1958 wurden immerhin 12 000 Kabinen gebaut, Heinkel war damals einer der erfolgreichsten Kleinwagenproduzenten. Vor allem in England und Österreich fanden sich auch genügend Käufer, dort waren die Dreiräder steuerlich begünstigt. Da Heinkel inzwischen wieder in der Flugzeugindustrie tätig werden durfte, verlor man das Interesse am Fahrzeugbau, vor allem auch, weil weitergehende Projekte sich als nicht Erfolg versprechend erwiesen. Immerhin konnte man Lizenznehmer gewinnen: In Argentinien entstanden bis 1959 2000 Kabinen und eine irische Firma stieg in die Produktion ein, wegen gravierender Qualitätsmängel entstanden nur wenige Exemplare. Besser klappte es mit der englischen Firma Trojan, die immerhin bis 1966 produzierte, bis die mangelnde Nachfrage der Raumkapsel den Garaus machte.

Aus diesen historischen Fakten versteht man besser das Interesse britischer Modellautoproduzenten an diesem Fahrzeug. In vielen 1:43-Sammlungen dürfte das zeitgenössische Diecastmodell von Corgi Toys parken, das sogar eine "echte" Heinkel-Kabine darstellt. Oxford Diecast hat hingegen für seine 1:18-Interpretation einen Trojan verwendet, was man am Firmenlogo auf der Kabinentüre erkennt. Rechtslenkung und Einzelhinterrad sind weitere Merkmale des Trojan Kabinenrollers Typ 601, wobei die Engländer sowohl vierrädrige als auch linksgelenkte Versionen produzierten. Die Miniatur von Oxford Diecast ruft Begeisterung hervor. Die Grundform, der filigrane Aufbau mit den sauber eingesetzten Scheiben und die zu öffnende Kabinentüre sind perfekt ausgeführt. Lackierung, Chromteile und Bedruckungen, auch der Gummidichtungen um die Fenster, entsprechen hohen Ansprüchen und das im Original einfache Interieur ist einwandfrei wiedergegeben. Felgen, Reifen und die Technik an der Hinterradschwinge vervollständigen ein sehr gelungenes Modell. Erstaunlich, was man für 35 Euro bieten kann. Wir sind begeistert!

Sollte Oxford Diecast sich zu einer linksgelenkten Original-Heinkel-Kabine hinreissen lassen, hätten sie mit uns schon einen sicheren Abnehmer, vielleicht lässt sich die Bezeichnung RHD auf der Box so interpretieren, dass noch etwas nachkommt.

Unser Besprechungsmuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos: Georg Hämel, Text: Rudi Seidel

unsere fachhandelspartner:

Falls Sie Interesse an unserem Partnerprogramm haben freuen wir uns über eine Nachricht an info@auto-und-modell.de.