Samstag, 17. Juni 2017

Es blieb beim Versuch - Chrysler Turbine Car 1963 von Matrix Scale Models, 1:43

In den 50er Jahren experimentierten viele Hersteller mit dem Einsatz von Gasturbinen im Auto. Es entstanden diverse Studien, neben amerikanischen Dreamcars gab es in Europa beispielsweise den Socéma-Gregoire oder die Fiat Turbina. Intensiver mit dem Thema befassten sich Rover in Großbritannien und Chrysler in den USA. Neben einer Studie für eine viertürige Limousine namens T4 versuchten sich die Briten auch im Rennsport, zwei Einsätze bei den 24 Stunden von Le Mans 1963 und 1965 waren durchaus erfolgreich, aus dem T4 wurde allerdings 1963 der Rover 2000 mit konventionellem Antrieb. Chrysler hingegen setzte den Plan um, einen Großversuch mit 50 Autos zu starten, die von ganz normalen Fahrern im Alltag erprobt werden sollten. Man nutzte die letzte Entwicklung einer PKW-Gasturbine mit 130 HP, verstellbaren Leitschaufeln der zweiten Turbinenstufe und Wärmetauschern zur Erhitzung der verdichteten Luft, die den Verbrauch mindern sollten. Die Turbine konnte mit nahezu jedem Treibstoff gefüttert werden, Diesel, bleifreies Benzin, Kerosin oder Pflanzenöl waren möglich. Der mexikanische Präsident Adolfo Lopez soll sogar einen erfolgreichen Test mit Tequila absolviert haben. Die Vorteile des einfachen Aufbaus der Turbine, ihres vibrationsfreien Laufs und des nicht vorhandenen Ausstoßes von CO, Kohlenwasserstoffen und Ruß wurden durch diverse Mängel aufgewogen. Verzögertes Ansprechverhalten, hoher Verbrauch, etwas ungewohntes Motorgeräusch (mancher Tester verglich es mit einem großen Staubsauger) und vor allem ein extremer NO2-Ausstoß blieben unüberwindbar, auch wenn der Feldversuch mit den 50 Autos ansonsten zufriedenstellend verlief.

Die Produktion der Versuchsfahrzeuge war nicht einfach. Der Designer Elwood Engel, der von Ford kam, zeichnete die Linie des Turbine Cars, wobei er sichtliche Anleihen beim Ford Thunderbird nahm und einige Turbinenelemente integrierte, wie die Scheinwerferringe, Radkappen oder die Mittelkonsole. Produziert wurden die Aufbauten in Italien bei Ghia, um sie dann nach Detroit zu verschiffen. Die Lackierung nannte sich frostfire metallic, später turbinenbronze, dazu kam ein schwarzes Vinyldach und bronzefarbenes Kalbsleder für die Sitze. Die Ausstattung war sehr umfangreich, Servobremsen, Servolenkung, elektrische Fensterheber und ein Armaturenbrett mit elektroluminiszenten Anzeigen waren 1963 noch nicht Standard.

Von den 55 Autos (darunter 5 Prototypen) wurden nach Ende der Testphase 46 zerstört, um vor allem die hohen Einfuhrzölle für die Karosserien aus Italien zu umgehen. Sechs Exemplare wurden funktionslos gestellt und an Museen in Amerika übergeben, zwei der einsatzfähigen Turbine Cars gingen ebenfalls in Sammlungen über, einer blieb bei Chrysler. Später wurde ein Fahrzeug wieder fahrbereit gemacht, so dass aktuell vier funktionsfähige Autos existieren. Eines davon hat inzwischen seinen Weg in die Garage des amerikanischen Talkmasters und Autofans Jay Leno gefunden.

In den späteren 60ern versuchten noch einige Rennteams wie Howmet, Lotus oder Granatelli in Indianapolis, mit der Gasturbine als Antrieb erfolgreich zu sein, aber der große Durchbruch blieb aus.

Von Matrix Scale Models kommt eine gewohnt aufwendig gestaltete Resinminiatur. Die rostrote Metalliclackierung und das seidenmatte Vinyldach sind bestens wiedergegeben. Die Detaillierung mit extrem vielen Ätzteilen, feinen Schriftzügen und einer Menge Chrom an Front und Heck ist ausgezeichnet. Die Form passt, vor allem die Heckgestaltung ist sehr extravagant und von Matrix gut reproduziert. Der Innenraum ist vorbildgerecht Ton in Ton mit der Aussenfarbe und bis ins Detail liebevoll nachgebildet. Die Fertigungsqualität ist sehr zufriedenstellend, einige minimale Ungenauigkeiten bringt erst das unbestechliche Makroobjektiv zutage. Lediglich die Radioantenne links hinter der C-Säule vermissen wir. Ansonsten sind wir sehr zufrieden, dass Matrix uns ein tolles Modell des seriennähesten Turbinenfahrzeug der Automobilgeschichte präsentiert, zwar kein Meilenstein, dennoch eine interessante Bereicherung für die Sammlung.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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