Mittwoch, 14. Juni 2017
Nicht königlich, trotzdem edel - Maserati Quattroporte Tipo 121 1971 von Kess Scale Models, 1:43
Mit dem Maserati Quattroporte Tipo 121 von 1971 erfreut uns das italienische Label Kess Scale Models mit einer Wiedergabe eines sehr schönen Frua-Designs. Um allerdings die Geschichte dieser insgesamt drei Autos zu erzählen und manches wie die Sockelbeschriftung richtigzustellen, haben wir uns mit freundlicher Genehmigung von Stefan Dierkes aus den Informationen auf seiner Website www.pietro-frua.de bedient. Dort findet sich die komplette Historie, eine Unzahl von Fotos und alle verfügbaren Daten.
Die erste wohl falsche Geschichte ist, dass der Aga Khan der Auftraggeber für den ersten der drei Quattroporte war. Er erhielt nämlich erst 1974, also drei Jahre später, die Fahrgestellnummer AM 121.004, während AM 121.002 bereits auf dem Pariser Salon im Oktober 1971 erstmals präsentiert wurde. Wahrscheinlicher ist, dass Pietro Frua einen Nachfolger für den ersten Quattroporte entwickeln wollte, leider kam die Übernahme Maseratis durch Citroen dazwischen, man favorisierte den von Bertone entworfenen und auf SM-Technik basierenden Quattroporte II, der sich als ziemlicher Flop erwies.
Und die zweiten "Fake News" betreffen den Erstbesitzer des Vorbilds unseres Kess-Modells. Der Maserati wurde zwar nach vielen Salonauftritten 1974 in Spanien einer Typprüfung unterzogen und letztlich am 17. Mai 1975 zugelassen, aber sein Erstbesitzer war mitnichten der im November des gleichen Jahres zum König ausgerufene Juan Carlos I. Bereits im Januar 1976 tauchte der Quattroporte auf dem Gebrauchtwagenmarkt auf, wo er jahrelang ein regelmäßiger Gast war. Der Eigentümer ab 1987 stammte aus Alicante, drei Jahre später wurde das Auto restauriert, wobei unter anderem die vorderen Blinker von unter der Stoßstange nach oben wanderten. Mit immer noch wenigen km auf der Uhr, aber inzwischen einigen weiteren Besitzern landete der Frua im Jahre 2000 in der Sammlung Alfredo Breners in Houston, wo er sein Schwesterfahrzeug traf, das dort bereits 1998 zum Bestand gehörte. Nach einigen weiteren Eigentümerwechseln wurde AM 121.002 letztlich am 20.08.2016 in Monterey angeboten und weit unter dem Schätzwert (175.000 - 225.000 $) für 88.000 $ verkauft.
Über die verwendete Technik beim Aufbau der Quattroporte gibt es sehr verschiedene Aussagen. Fakt ist, das 002 einen 4,7-Liter- und 004 einen 4,9-Liter-V8 unter der Haube haben. Das Fahrgestell stammt ebenfalls nicht vom Quattroporte I, sondern besitzt größere Abmessungen: Radstand 2.825 mm, Spur v/h 1.510 mm, Länge 5.080 mm, Breite 1.886 mm.
Kurz nochmals zu den beiden anderen Autos: AM 121.004 wurde im September 1974 an den Aga Khan ausgeliefert, vergleichsweise intensiver bewegt (immerhin 80.000 km bis 1989), hatte zweimal den gleichen Besitzer wie 002 und wurde letztmals 2015 zum Verkauf angeboten. Das dritte Auto bleibt etwas mysteriös. Es war wohl silber lackiert und 1973 in Barcelona ausgestellt, wurde 1984/85 in Spanien zum Verkauf angeboten und ist angeblich bei einem Unfall ausgebrannt.
Erstaunlich bleibt, dass solch exklusive und elegante Fahrzeuge wie die beiden Frua-Quattroporte in der Käufergunst so schlecht abschneiden, verglichen mit manchen aktuellen Verkaufserlösen erscheinen die erzielten Preise als Schnäppchen.
Zum Maserati in 1:43: Kess bietet uns ein imposantes Modell dieser eleganten Limousine mit den riesigen Fensterflächen an. Die Detaillierung ist ausgezeichnet, die Lackierung in einem allerdings zu leuchtenden metallicblau fein ausgeführt, die Scheibenrahmen sowie die Klarsichtteile exakt eingesetzt. Vor allem das gut einsehbare Interieur kann gefallen, die hellbeigen Sitze, detaillierte Türinnenverkleidungen mit Holzleisten als oberem Abschluss sowie ein schönes Armaturenbrett mit feinem Volant und Lenkstockhebeln ergeben ein perfektes Gesamtbild. Aussen- und Innenspiegel, geätzte Wischer und feinste Heizdrähte in der Heckscheibe zeugen von liebevoller Detaillierung. Das Modell zeigt den Stand zwischen 1990 (vordere Blinker über der Stoßstange) und 2000, wie man an den Rücklichtern erkennt, diese wurden durch Exemplare von der Alfa Romeo 1750 Berlina ersetzt, ursprünglich stammten sie von der 2000 Berlina Serie 2, wobei die Trennung zwischen rot, orange und weiß beim Modell etwas undeutlich ausfällt..
Das Modell wirkt recht groß, aber die Nachfrüfung ergab bei Länge und Radstand lediglich 1 mm Abweichung, damit kann man leben. Die Spurweiten stimmen allerdings nicht, die ansonsten schönen Räder stehen viel zu satt in den Radkästen, was sicherlich dem heutigen Stilempfinden mehr entspricht. 1971 kragte aber auch die Karosserie des Quattroporte deutlich weiter über die Räder hinaus. Eine Änderung beim Modell wäre sehr aufwendig, also bleibt der Maserati, wie er ist. Etwas kurios sind die statt amtlicher Kennzeichen angebrachten dunkelblauen Flächen mit (königlichem?) Wappen, die, wie gesagt, keinerlei Berechtigung haben, genau wie der Aufdruck auf dem Vitrinensockel, der den Maserati als Auto des spanischen Königs bezeichnet.
Ansonsten kann man mit dem Kess-Modell sehr zufrieden sein, die Fertigungsqualität ist bei unserem Fotomuster erfreulich und preislich bewegt man sich in der Liga anderer Resinminiaturen wie NEO oder Matrix.
Unser Besprechungsmuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.
Fotos und Text: Rudi Seidel