Dienstag, 23. Mai 2017

Der große Jaray - Maybach SW 35 Stromlinienlimousine Spohn 1935 von Autocult, 1:43

Nachdem wir bereits zwei Stromlinien-Maybach von NEO präsentieren konnten, liefert Autocult mit dem SW 35 ein weiteres Modell der exklusiven Fahrzeuge aus Ravensburg. Den Aufbau nach Jaray-Patenten schuf wieder Spohn in Ravensburg. Für den Sammler eine tolle Möglichkeit, die rapide Entwicklung der Karosserieformen in den 30er Jahren in der Vitrine zu demonstrieren.

Der 1935 präsentierte SW 35 war in mehrerer Hinsicht ein Meilenstein für Maybach. Nach dem riesigen Zwölfzylinder Zeppelin, dessen Markt naturgemäß begrenzt war, wollte man ein kleineres, dennoch exklusives Fahrzeug schaffen, für das man durchaus eine Klientel fand. So bekam der SW 35 einen 3,5-Liter Sechszylinder mit 140 PS, ein mit dem Differential verblocktes Getriebe und erstmals ein Vollschwingachsenchassis statt der Starrachsen. Der Rahmen konnte dadurch niedriger gebaut werden, was natürlich der Optik der Autos entgegenkam. Der Radstand betrug 3,10 oder 3,50 m, andere Quellen nennen 3,08 und 3,48 m, was uns für den Maßstab 1:43 nicht sonderlich betrifft. Billig konnte so ein Auto nicht sein, alleine das Fahrgestell kostete 16.200,- Reichsmark, einen kompletten Horch Achtzylinder oder Mercedes 3,4-Liter bekam man schon für rund 9.000,- RM. So blieb die Stückzahl recht bescheiden, nach 50 Exemplaren war bereits Schluß, der SW 38 mit größerem Triebwerk und längerem Chassis blieb dann von 1936 bis 1939 im Programm und war mit ca. 520 Stück etwas erfolgreicher. Die letzte Ausbaustufe kam dann mit dem SW 42, wieder wurde der Hubraum erhöht, um trotz der immer schlechteren Treibstoffqualität in Deutschland die 140 PS Nennleistung zu erhalten. Der Krieg stoppte die Produktion nach ca. 45 Autos.

Zurück zum Vorbild des Autocult-Modells. Auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung 1935 in Berlin zeigte Maybach eine dieser Stromlinienlimousinen und sorgte für viel Gesprächstoff. Der Aufbau folgte den von Paul Jaray in seiner Patentschrift von 1929 verfassten Prinzipien, vor allem der sich nach hinten verjüngende Dachaufbau mit gerundeten Scheiben folgte genau den Ideen des Aerodynamikers. Handwerklich stellten solche Aufbauten eine Herausforderung dar. Sowohl die Herstellung des Holzgerippes als auch die Beplankung mit Blechen erforderten wahre Künstler ihres Faches. Die historischen Fakten sind leider nur lückenhaft zu recherchieren. Wahrscheinlich wurden nur zwei dieser Autos produziert, der Fachjournalist Ralf Kieselbach stellte allerdings in seinem 1982 veröffentlichten Werk "Stromlinienautos in Deutschland" die Vermutung an, dass es noch ein drittes Exemplar gegeben haben könnte. Auch berichtet er, dass eine der beiden Stromlinienlimousinen an Max Schmeling und die andere an einen nicht namentlich erwähnten Schauspieler verkauft wurde. Selbst die Farbgebung bleibt unklar, Fotos zeigen zwar, dass die Hell/Dunkel-Aufteilung bei den beiden Exemplaren genau konträr war, aber mehr wissen wir leider nicht. Gerhard Mirsching schrieb in seinem Spohn-Buch "Maybach-Karosserien aus Ravensburg", dass das auf der Messe präsentierte Auto beige mit roten Kotflügeln und Dach lackiert war, aber sicher scheint mir das nicht. So beruht wohl auch die Schwarz/silberne Lackierung des Autocult-Modells nicht auf Fakten, aber gut schaut sie schon aus und möglich wäre sie auch. Sei es wie es sei, leider hat keines der Fahrzeuge die Kriegswirren überlebt und dem Modellbauer bleibt nur die Interpretation von nicht allzu zahlreichen Fotos der Originale.

Das die Autocult-Vitrine gut ausfüllende Maybach-Modell erfreut wie von diesem Hersteller gewohnt durch eine hervorragende Fertigungsqualität, die Lackierung und die Montage der zahlreichen Anbau- und Ätzteile sind einwandfrei. Auch die gewölbten Scheibeneinsätze und Rahmen sitzen perfekt. Die Räder sind vorbildgerecht, auch bei der Reifenbreite blieb man zurückhaltend. Vom Innenraum sieht man nicht viel, aber ein schönes schwarzes Lenkrad und ein gut reproduziertes Armaturenbrett sind zu erkennen. Auf so hohem Niveau äußern wir allerdings auch etwas Kritik: Die Scheinwerfer sind von vorne gesehen nicht auf der gleichen Höhe, den für die Zierleisten verwendeten Ätzteilen fehlt wie gewohnt die dritte Dimension, beim Original sind das profilierte Leisten, die möglicherweise nur poliert waren. Bei der Gesamtform erscheinen uns im Vergleich mit den Originalbildern die Kühlermaske und die Motorhaube zu niedrig. Aber wie gesagt, das kann leider nicht geprüft werden, da Originaldokumente nicht auffindbar sind.

Trotzdem überwiegt natürlich die Freude daran, dass wir wieder ein hochinteressantes Stromlinienfahrzeug in die Sammlung aufnehmen können, am Ende unserer Fotostrecke sieht man die drei Maybachs vereint.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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