Sonntag, 22. Januar 2017

Ein millionenschweres Desaster - Nissan GT-R LM Nismo von Spark, 1:18

Wenn es eine Art Enzylopädie der erfolglosesten Rennwagen aller Zeiten gibt, dann hat sie seit 2015 einen neuen, prominenten Eintrag und wie immer bei solchen gescheiterten Projekten, waren die Erwartungen zu Beginn sehr groß. Im Jahr 2014 kündigte Nissan an, im Jahr 2015 werksseitig in die Königsklasse der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) einzusteigen und gegen Audi, Toyota und Porsche in der LMP1-Hybridklasse anzutreten. Die Anweisung der Nissan-Bosse an Chefkonstrukteur Ben Bowlby (der Kopf hinter dem DeltaWing-Projekt) war dabei eindeutig: Der Nissan-Bolide durfte kein Audi-Klon werden, sondern sollte ein eigenständiges und neues Konzept verfolgen. Diese Anweisung setzte Bowlby dann auch konsequent um. In einem millionenschweren Werbespot im Rahmen des Superbowl 2015 zeigte Nissan den revolutionären Renner erstmals im Bild. Es war klar, dass man hier tatsächlich etwas völlig anderes auf die Rennstrecke bringen wollte, als die Konkurrenz, Der "GTR-LM" getaufte Bolide trug vorne einen Sechszylinder-Benzinmotor mit Twin-Turbo-Aufladung, der dann auch nur die Vorderräder antreiben sollte. Dahinter positionierte man ein mit zwei Schwungrädern ausgestattetes KERS-System zur Rekuperation von Bremsenergie, welches teilweise ebenfalls die Vorderräder, aber über einen 761 PS starken Elektromotor auch die Hinterachse eintreiben konnte. Ein erstaunliches System, bei dem von Beginn an Zweifel über die Praxistauglichkeit aufkamen. Diese Zweifel verstärkten sich, als Nissan nach Problemen bei den ersten Testfahrten auf den Start bei den beiden ersten Saisonläufen 2015 verzichtete und ankündigte, erst bei den 24 Stunden von Le Mans mit drei (!) Autos an den Start gehen zu wollen.

Diese Ankündigung machte man dann auch wahr, aber leider war das Fahrzeug nicht ansatzweise ausgereift. Besonders das Hybridsystem machte massive Probleme, so dass es in Le Mans ausgeschaltet wurde und der GTR-LM nur mit dem Benzinantrieb unterwegs war. Dessen 503 PS waren aber deutlich zu schwach, um konkurrenzfähige Fahrleistungen zu ermöglichen und der reine Vorderradantrieb sorgte für große Probleme im Fahrverhalten. Die Rundenzeiten blieben demnach deutlich hinter der Konkurrenz zurück und man hatte Mühe, mit den schwächeren Teilnehmern der LMP2-Kategorie mitzuhalten. Hinzu kam eine verheerende Zuverlässigkeit der Technik, die zwei der drei angetretenen GTR-LM schon frühzeitig aus dem Rennen warf. Das dritte Auto sah zwar die Zielflagge, hatte aber durch eine Vielzahl von Reparaturstopps derart viel Zeit verloren, dass es nicht gewertet werden konnte. Nach diesem katastrophalen Ergebnis sagte Nissan die Teilnahme an den weiteren Saisonläufen ab, um mit weiteren Testfahrten aus dem GTR-LM ein konkurrenzfähiges Rennauto machen zu können. Diese Tests ergaben allerdings, dass die einzige Möglichkeit, aus Bowlbys Bastelbude einen halbwegs erfolgreichen Rennwagen zu machen, darin bestand, ihn von Grund auf neu zu konstruieren. Nachdem man bereits einige Millionen in dem Projekt versenkt hatte, beschloß der Nissan-Vorstand im Dezember 2015 die Reißleine zu ziehen, man stampfte das Projekt ein und zog sich nach nur einem Jahr wieder aus der WEC zurück.

Wir bei auto & modell haben ja ein Herz für Exoten und veritable Flops. Hinzu kommt, dass ich den Nissan GTR-LM als Prototyp im Rahmen einer Präsentation vor dem ersten WEC-Lauf in Silverstone im Jahr 2015 live vor dem Marble Arch mitten in London erleben durfte. Seitdem hat der spektakuläre, aber zweifelsfrei nicht wirklich schöne. Bolide bei mir einen Stein im Brett. Schade, dass Nissan den GTR-LM nach seiner kurzen und erfolglosen Sportkarriere nicht an Hollywood verkaufen konnte, der flache Bolide mit dem finsteren Blick und dem aggressiven Kühlerschlung hätte perfekt zu Ben Afflecks düsterem Batman gepasst. Und dann liegen die Abgas-Endrohre auch noch auf der Oberseite der Motorhaube und lassen genau vor dem Cockpit manchmal schicke Flammen erscheinen - und er hat einen "Godzilla"-Button in seinem Tastenfeld, von dem niemand weiß, was er tut - das Gerät musste ich einfach mögen. Daher muss auch ein Modell her. Interessanterweise ist das Bowlby-Desaster in Modellform stark vertreten, in 1:43 gibt es mehrere Modelle und selbst in 1:18 gibt es inzwischen Miniaturen von Spark aus Resine und ein Composite-Modell von AUTOart, an dem allerdings nur die Flügeltürchen zu öffnen sind. Daher ist es dann der Spark-18er geworden, der wie gewohnt, die gewöhnungsbedürftige Optik exakt trifft.

Das Lackfinish und die Verarbeitung sind hochklassig. Die Antennen fallen filigran aus und das enge Cockpit bietet viele Details vom aufwändig dekorierten Lenkrad bis zu den eingesteckten Trinkflaschennachbildungen. Die Scheinwerfer tragen winzige Linsen, rundum finden sich perfekt verarbeitete Carbondecals. Die Räder sind wunderbar, in der Motorhaube sitzen die Endrohre, aus denen der Betrachter sekündlich die Abgasflammen erwartet. Ein rundum gelungenes Modell - hätte das Vorbild doch nur ansatzweise die Qualitäten der Spark-Miniatur gehabt!

Text und Fotos: Georg Hämel

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