Mittwoch, 21. Dezember 2016

Exote mit Opel-Technik - Bizzarrini 1900 GT Europa von Autocult, 1:43

Über den autobezogenen Lebenslauf des Ingegnere Bizzarrini aus Livorno in der Toskana haben wir schon in unserer Besprechung des ISO Grifo A3C Le Mans berichtet. Neben den großen Sportwagen mit Corvette-Triebwerken experimentierte man bereits 1965/66 mit einem kleineren Coupé, das einen 1,5-Liter Fiat-Motor und eine Kunststoffkarosserie besaß. Auf dem Turiner Salon 1966 präsentierte man den GT Europa 1900, jetzt mit dem Vierzylinder des Opel Rekord. Neben der 90 PS der Standardausführung konnte man auch 106 PS oder sogar 140 PS bekommen, da half dann der Opel-Tuner Conrero mit einer Weber-Doppelvergaser-Anlage nach. Das Fahrwerk war durchaus aufwändig, rundum Einzelradaufhängung, Scheibenbremsen und Koni-Dämpfer sorgten dafür, dass die guten Fahrleistungen des Leichtgewichts (ca. 650 kg) auf die Straße gebracht werden konnten. Leider kam es nie zu einer geregelten Produktion. Bizzarrini hatte in Livorno nicht die Voraussetzungen und gab alle möglichen Aufgaben an Fremdfirmen, die ihn nicht immer zuverlässig belieferten. Ein vernünftiges Vertriebsnetz existierte ebenfalls nicht, aber was hätten eventuelle Händler auch verkaufen sollen? Als dann auch noch die Firma Subalpina aus Turin, die die Karosserien bauen sollte, in Konkurs ging, suchte Bizzarrini Hilfe bei einem früheren Partner, Salvatore Diomante, der in Livorno eine kleine Manufaktur für die Aufbauten schaffen sollte. Das ging auch nicht so gut, der Ingegnere war einfach kein Geschäftsmann, sondern verlor sich in diversen Projekten. Die „Produktion“ des GT Europa endete bereits 1968 nach offiziell 12 Stück, aber vielleicht auch einigen Exemplaren mehr. Statistik war bei Bizzarrini nicht so wichtig. Ob der Opel GT, der als Prototyp bereits 1965 auf der IAA präsentiert wurde, aber erst 1968 in Serie ging, den Erfolg des Bizzarrini beeinflusste, scheint fraglich, der Opel bewegte sich doch in einer ganz anderen Preisklasse. Für den Italiener wollte man ca. 21.500,- DM, rund das Doppelte des deutschen Coupés. Aber ein wunderschöner kleiner Sportwagen war der GT Europa auf jeden Fall, vor allem die zierliche Silhouette und die ins Dach gezogenen Türscheiben wirken noch heute sehr attraktiv. Interessanterweise existierten wohl beim Konkurs der Firma noch einige mehr oder weniger fertiggestellte Autos. Bizzarrini war der Meinung, dass man aus den Teilen noch 47 Autos produzieren hätte können. Das erklärt, warum immer wieder einmal ein Europa GT auf Messen angeboten wird. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf einen sehr fundierten Artikel auf Zwischengas.com verweisen.

Die Ankündigung des Bizzarrini durch Autocult war für uns fast wie Ostern und Weihnachten am gleichen Tag, ein Modell des kleinen Sportlers erhofften wir uns seit Jahren! Gespannt waren wir, wie das Team von Thomas Roschmann die Aufgabe bewältigt, diesen kleinen Sportwagen in 1:43 zu verwirklichen. Das Ergebnis ist absolut gelungen, vor allem die sehr delikate Dachpartie mit den großen, gekrümmten Fensterflächen hat man toll hinbekommen. Die feinen Chromrahmen um die Luftschlitze, die Schriftzüge, aber auch die Leuchteinheiten und die Räder können begeistern. Die Lackierung und die Fertigungsqualität sind gewohnt hochwertig, der in schwarz gehaltene Innenraum zeigt viele Details, so z.B. ein feines Sportlenkrad und einen Beifahrerhaltegriff. Da wohl fast jeder Bizzarrini 1900 GT im Detail etwas anders aussieht, hat man durchaus ein gutes Vorbild gewählt, die Unterschiede zeigen sich in den Lüftungsöffnungen, der Frontstoßstange oder im Endschalldämpfer, der beim Autocult-Modell vorbildgerecht um 90° verdreht montiert ist, was bewirkt, dass die beiden Endrohre übereinander stehen. Auch wenn wir sicherlich aufgrund der Vorbildauswahl nicht ganz neutral sind, kommen wir zum Ergebnis, dass Autocult uns ein hervorragendes Modell des kleinen Bizzarrini liefert, das seinen Preis wert ist. Wenn Thomas Roschmann uns jetzt noch irgendwann mit einem De Tomaso Vallelunga beglücken würde . . .

Und etwas ist uns doch noch aufgefallen: Bei der Sockelbedruckung und auf der Bodenplatte ist dem Bizzarrini ein "r" verlorengegangen, aber mit diesem kleinen Fauxpas kann man leben, vor allem, wenn das Modell ohne Verpackung in der Vitrine steht.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

unsere fachhandelspartner:

Falls Sie Interesse an unserem Partnerprogramm haben freuen wir uns über eine Nachricht an info@auto-und-modell.de.