Sonntag, 4. Dezember 2016

Kurioser Niederländer: Gatso 4000 Aero-Coupé 1948 von Autocult, 1:43

Die Niederlande sind nicht gerade als große Autobauernation bekannt, am ehesten geläufig sind sicherlich Spyker, eine bis 1926 existierende Marke, die 1999 wiederbelebt wurde und 2014 mit ihrer Sportwagenmanufaktur in die Insolvenz ging sowie Daf, deren Kleinwagen mit stufenloser Riemenscheibenautomatik durchaus erfolgreich waren, später wurde die Firma einschließlich ihrer Produktionsanlagen von Volvo übernommen. Aber es gab auch Kuriositäten wie den Gatso, die Geschichte des Menschen, der hinter dieser Marke steht, wollen wir aufzeichnen und das Autocult-Modell vorstellen.

Maurice Gatsonides, der Schöpfer dieses Unikums, wurde 1911 als Sohn eines Diplomaten in Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien geboren. Nach seiner Schulzeit wurde er bei der niederländischen Fluggesellschaft KLM zum Piloten ausgebildet, bereits 1935 machte er sich mit einem Automobilhandel selbständig und baute 1939 sein erstes Auto, den Kwik, ein Cabrio mit Mercury-Technik, den er nach Kriegsbegrinn vergrub, um ihn in Sicherheit zu bringen. Während der Kriegsjahre hatte Gatsonides großen Erfolg mit der Entwicklung und Herstellung von Holzgasgeneratoren. Nach 1945 wollte er wieder ein sportliches Fahrzeug entwickeln. Als Basis diente das Fahrwerk eines US-Ford mit Starrachsen vorne und hinten. Dazu kam ein Mercury V8-Triebwerk., 120 PS mit stehenden, 175 PS mit hängenden Ventilen waren durchaus genügend Leistung, vor allem bei einem niedrigen Gewicht von rund 1100 kg, erreicht durch eine flugzeugähnliche Aluminiumbeplankung auf einer Rohrkonstruktion ähnlich dem Touring-Superleggera-Prinzip. Zuerst bekam der Sportler den Namen Gatford, da Ford seine französische Produktion als Matford bezeichnete, war man nicht begeistert, deshalb wählte Gatsonides einfach die Kurzform seines Namens. Prospekte wurden gedruckt, die vom Roadster bis zum Aero-Coupé fünf verschieden Varianten versprachen und der Prototyp stand erstmals 1948 auf dem Genfer Autosalon. Die kuriose Form mit dem dritten Mittelscheinwerfer und der Plexiglas-Kuppel, die an ein Jagdflugzeug erinnerte, kam beim Publikum wohl nicht an, eine Serienproduktion blieb aus, ca. 11 Stück des Gatso wurden vermutlich produziert. Danach kam noch ein kleinerer Sportwagen mit der Technik des Sechszylinder Fiat 1500, der ein Einzelstück blieb, aber heute noch existiert.

Mehr Erfolg hatte Maurice Gatsonides im Rennsport. Immerhin vier Teilnahmen bei den 24 h von Le Mans sind zu verzeichnen, ein Klassensieg und 21. Platz auf einem Aero Minor 1950 und ein 11. Gesamtrang 1954 auf Frazer Nash waren durchaus anerkennenswert, dazu kommt noch ein neunter Platz bei den 1000 km am Nürburgring 1953 mit einem Ferrari 212, der dem Regisseur Roberto Rosselini gehörte. Und bei Rallyes war der größte Sieg sicherlich die Monte 1953 auf Ford Zephyr. 1958 beendete "Maus" Gatsonides seine sportliche Karriere.

Wirtschaftlich größter Wurf des Niederländers war allerdings eine unter Autofahrern nicht so beliebte Erfindung, die umgangssprachlich als Blitzer bekannt ist. Bei diesen Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwachungsanlagen ist die 1958 gegründete Firma Gatso heute noch führend, über 45.000 installierte Anlagen in mehr als 60 Ländern sprechen für sich. Maurice Gatsonides starb übrigens 1998, die Firma wurde von seinem Sohn weiterbetrieben, heute gehört Gatso zur schwedischen Sensys Gatso Group, die Enkel des Firmengründers gehören nach wie vor der Geschäftsführung an.

Autocult hat sich für sein Modell das spektakuläre Aero Coupé ausgesucht. Mit der Produktion von Modellen nach nicht mehr existierenden Vorbildern hat man ja einige Erfahrung. Verglichen mit den nicht gerade zahlreichen zu findenden Fotos hat das Team um Thomas Roschmann wieder sehr gute Arbeit geleistet. Die fließenden Karosserielinien sind trefflich reproduziert, die markant-häßliche Front mit den drei Scheinwerfern und dem Kühlergitter, die feine Antenne vor der Windschutzscheibe, die etwas rustikalen Griffe auf der Motorhaube und der perfekten Plexiglaskuppel sowie die wenigen Details an der Karosserie passen wunderbar. Die cremeweisse Lackierung ist sauber aufgebracht, überhaupt ist die Fertigungsqualität absolut hochwertig und wem es wichtig ist, die Räder drehen sich einwandfrei. Der Innenraum ist relativ einfach ausgestattet, aber das Lenkrad und das Armaturenbrett sehen sehr fein aus. Die Räder sind vorbildgerecht schlicht und richtig, nämlich ziemlich tief in den Radkästen montiert. Der Unterboden ist glatt, lediglich das Auspuffendrohr wurde reproduziert, was aber diesem hervorragenden Modell keinen Abbruch tut.

Wessen Herz für absolut exotische Vorbilder schlägt, kommt an Autocults wunderbar reproduzierten Gatso 4000 Aero-Coupé kaum vorbei. Und wir sind jedesmal gespannt, was aus der Wendelsteiner Ideenfabrik an interessanten Modellen auf uns zukommt.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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