Sonntag, 6. November 2016

Der Allgäu-Ferrari - Thurner RS Coupé 1969 - 1974 von Autocult, 1:43

Manche Geschichten klingen so unglaublich, aber insgesamt 121 Exemplare dieses Autos wurden tatsächlich gebaut und mindestens 55, also fast die Hälfte, existieren noch heute! Wir haben die Historie des Thurner RS verfolgt und stellen das Autocult-Modell des kleinen Flügeltürenflitzers vor.

Rudolf Thurner war Versicherungskaufmann und Hobbyrennfahrer. 1968 kam ihm die Idee zur Entwicklung eines kleinen Sportwagens. Zusammen mit einigen Freunden baute man einen Prototyp, für den man ein um 10 cm verkürztes NSU-1200-Chassis verwendete. Als Kraftquelle diente das TT-Triebwerk aus gleichem Hause, darüber gestaltete man eine für eine "Bastelkonstruktion" stilsichere und solide Gfk-Karosse mit auffälligen Flügeltüren. NSU wurde aufmerksam und ließ sich das Auto vorstellen, die Frage nach Konstruktionsplänen war etwas peinlich, es gab keine, sie wurden nachträglich gezeichnet. Thurner ging das Risiko ein, mietete am Rande von Bernbeuren im Ostallgäu ein altes Spinnereigebäude und begann mit sechs noch dazu branchenfremden Mitarbeitern eine "Serienproduktion". Mit 640 kg Gewicht, guter Aerodynamik und 65 Serien-PS lief der Flitzer immerhin 180 km/h, wie auch beim TT blieb viel Raum für Tuning, Rennversionen mit Abt-Einspritzmotoren brachten bis 135 PS!

Nachdem das Geschäft anfangs ganz gut lief, kamen 1974 zuerst die Energiekrise, und noch viel schlimmer, ein Großbrand in der Produktionshalle, so dass 1974 die Produktion nach 121 Exemplaren stoppte und die Firma in Konkurs ging. Ein Projekt mit VW-1303-Chassis und Porsche-914-Triebwerk wurde nicht mehr realisiert.

Rudolf Thurner orientierte sich neu, unter anderem mit einer Personenschutzfirma in München. Zu seinem 80. Geburtstag wurde 2004 in Bernbeuren groß gefeiert, überhaupt bilden die heutigen Thurner-Besitzer eine eng zusammenstehende Gemeinschaft mit regelmäßigen Treffen. Der Markeninitiator starb 2008 in seiner Wahlheimat Icking in Oberbayern.

Thomas Roschmann von Autocult hat wieder einmal ein Näschen bewiesen, der Thurner hat nach wie vor viele Fans, und für Sammler deutscher Autos ist der Flügeltürenrenner ein Muss. Die Ausführung ist gewohnt hochwertig, die Form toll getroffen und die Details fein reproduziert. Über Originalität braucht man nicht groß nachdenken, bei solch einer Kleinserie sah sowieso jedes Auto etwas anders aus und heute gibt es kaum mehr ein wirklich originales Exemplar. Fakt sind die NSU-TT-Scheinwerfer unter aerodynamischen Abdeckungen und die Windschutzscheibe vom Porsche 904. Die Räder waren sehr unterschiedlich, die beim Modell verwendeten sind sicherlich nicht verkehrt. Sehr schön sind die Scheiben verarbeitet, innen geht es gewohnt nüchtern zu. Mich persönlich stören die etwas zu wuchtigen Rückspiegel auf den Kotflügeln, ansonsten ist dieser Thurner RS ein perfektes Modellauto. Die Auflage von 333 Stück dürfte relativ schnell vom Markt verschwinden, interessierte Sammler sollten nicht zu lange überlegen. Natürlich sind rund 90 Euro kein Pappenstiel, aber für diese schöne Miniatur gut angelegt!

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank dafür.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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