Sonntag, 10. Juli 2016

Der Königswellenflitzer - BMW 700 RS Spyder von Autocult, 1:43

Ein Wunschmodell für Fans der Marke hat uns Autocult mit dem kleinen BMW 700 RS Spyder geschaffen, schön, dass man ein historisches Vorbild gewählt hat, Alex von Falkenhausens Einsatz beim Flugplatzrennen in Neubiberg 1964 war zwar sicherlich kein Meilenstein, lässt aber Raum für einige Geschichten rund um Auto, Person und Rennen.

Kurz zur Person: Alexander Freiherr von Falkenhausen (1907-1989) war ein Münchner Urgestein, aufgewachsen in Schwabing, Studium an der TH, ab 1934 als Konstrukteur und Rennfahrer bei BMW, zunächst auf zwei, später auf vier Rädern. Nach dem Krieg kurzzeitig selbst Autohersteller (AFM = Alex Falkenhausen München), dann große Karriere bei BMW als Leiter der Rennsportabteilung und ab 1957 als Gesamtverantwortlicher der Motorenentwicklung. Erst 1976 ging er in Ruhestand. Und nebenbei nahm er noch an Rallyes, Zuverlässigkeitsfahrten und Rennen teil, oft auch gemeinsam mit seiner Ehefrau. Sein letztes Rennen bestritt er eben am 16. August 1964 in Neubiberg mit dem RS Spyder, 1966 schaffte er allerdings noch einige Weltrekorde in Hockenheim. Racing blieb in der Familie, dafür war aber dann von Falkenhausens Schwiegersohn, der Österreicher Dieter Quester zuständig. Zu erwähnen wäre noch, dass der Freiherr auch das Turboprojekt zum Laufen brachte, das im Tourenwagensport und letztlich in der Formel 1 zu größten Erfolgen führte, Nelson Piquets Weltmeistertitel 1983 war der Höhepunkt dieser Entwicklung.

Neubiberg ist heute wohl hauptsächlich wegen seiner Bundeswehrhochschule ein Begriff, allerdings wurde dort bereits 1933 ein Fliegerhorst gegründet, der im Krieg von der Luftwaffe und danach von der US Air Force genutzt wurde. Die Bundeswehr übernahm die Anlage 1958, verlegte aber den Fliegerhorst 1977 nach Fürstenfeldbruck, um das Areal eben für die Hochschule nutzen zu können. Die Startbahn existiert heute noch, rundherum entstand der Landschaftspark Hachinger Tal. Reisende aus München in Richtung Salzburg kennen sicherlich den Autobahntunnel Neubiberg, der zur Unterquerung dieser Startbahn gebaut wurde. Wie auf vielen anderen Flugplätzen wurden auch dort Rennen ausgetragen, von 1962 bis 1974 fanden, allerdings nicht jedes Jahr, verschiedene Läufe für Touren- und Sportwagen, aber auch Formel 3 und 2-Renner statt. Vor allem unter lokalen Größen hatte das Rennen eine gewisse Popularität, wenn es auch zu keiner Meisterschaft zählte. Kuriosester Eintrag in den Siegerlisten ist vielleicht die Skikönigin Rosi Mittermaier, die 1970 dort ein Promirennen der Formel V gewann.

Zum Auto gibt es auch viel zu erzählen: Nachdem BMW schon mit dem 700 Coupé durchaus erfolgreich war, entschied man sich für die Entwicklung eines richtigen kleinen Rennautos. Der 1961 präsentierte RS Spyder entsprach dem damaligen Standard: Gitterrohrrahmen, Mittelmotor, Aluminiumkarosserie. Das Triebwerk war allerdings sehr speziell, man verwendete eine Weiterentwicklung des Königswellentriebwerks aus den Rennmotorrädern, mit Doppelzündung und Dell'Orto-Vergasern in verschiedenen Ausbaustufen bis zu 80 PS, in einer aufgebohrten 800-ccm-Variante sogar 90 PS. Bei 630 kg Gewicht waren muntere Fahrleistungen gewährleistet und Erfolge bei Berg- und Rundstreckenrennen sicher. Unter anderem Hans Stuck, Herbert Linge und eben von Falkenhausen selbst brachten die lediglich zwei gebauten Spyder an den Start. Vom Serienauto blieben übrigens kaum Teile übrig, lediglich Vorderradaufhängung, Lenkung, Kupplung sowie die Trommelbremsen, die allerdings auf ein Zweikreissystem umgebaut werden mussten, kamen aus dem BMW 700. Der Radstand war übrigens mit genau zwei Metern auch 12 cm kürzer, die Reifen in der Dimension 5.20 x 12 waren recht schmal.

Nachdem BMW keine weitere Verwendung für die beiden Spyder hatte, gingen sie an Willi Martini, der sich als Tuner der kleinen 700er und später durch seine Eigenschöpfungen einen Namen machte. Dort wurden sie modifiziert, RS2 bekam einen Ferrari-ähnlichen aerodynamischen Überrollbügel und wurde rot lackiert, Renneinsätze blieben aber selten und nicht vom Erfolg gekrönt, fiel man z.B. beim 500-km-Rennen am Nürburgring 1965 schon nach fünf Runden aus. Zum Ende der Saison wurden die Spyder zum Verkauf angeboten, fanden aber keine Interessenten. RS1 ging erst im Jahre 2000 in die USA, während RS2, inzwischen wieder silber lackiert, 1973 an BMW zurückverkauft wurde, man bezahlte damals 10.000,- DM + MwSt an Martini, der sich zuerst etwas zierte. Lange Zeit war der Spyder im Museum zu sehen, bis er später wieder in den Originalzustand versetzt wurde und seitdem Auftritte unter anderem in Goodwood hatte. Erfreulich, dass dieses Stück weiß-blaue Renngeschichte erhalten blieb und nicht, wie viele Sportwagen aus dieser Zeit einfach auf den Schrott wanderte.

Dass die Sammler so lange auf eine Miniatur dieses hübschen kleinen Rennwagens warten mussten, ist auch nur schwer zu erklären. Dank Thomas Roschmann und seinem Autocult-Team hat das Warten jetzt ein Ende. Aus der üblichen Vitrine schlüpft ein wie gewohnt sehr sauber gefertigtes 1:43-Modell mit vielen kleinen Details. Die Gesamtform ist gut getroffen, die Lackierung sehr sauber aufgetragen. Die Scheinwerfer, die typischen langen Frontblinker (bei unserem Fotomuster allerdings mit unter dem Makroobjektiv sichtbaren Kleberspuren), die ab- und eingeschnittene Windschutzscheibe, das feine Interieur sowie die Startnummern entsprechen den Originalfotos, lediglich zwei fehlende Schraublöcher an der Schnauze sowie der etwas zu hohe und gerade Überrollbügel verdienen leise Kritik, wie auch die viel zu breiten Reifen auf vorbildgerecht aussehenden Felgen, aber dieses Problem kennt der Modellsammler ja zur Genüge.

Auf jeden Fall überwiegt die große Freude an dem kleinen Spyder die erwähnten Punkte, wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, sollte nicht zögern, trotz des recht hohen, aber angemessenen Preises von rund 90 Euro werden die 333 Stück relativ schnell in die Sammlervitrinen rollen. Und vielleicht kommt Thomas Roschmann auch einmal auf die Idee, eines der heißen Martini-BMW Kunststoffcoupés ins Programm zu nehmen Typ 3 oder 4 wären sicherlich interessante Vorbilder!

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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