Freitag, 3. Juni 2016

Zwei Amerikaner träumten vom Luxussportkombi - Intermeccanica Murena 429 GT von Autocult, 1:43

Über Frank Reisners Firma Intermeccanica haben wir schon einiges geschrieben, konnten wir ja schon Modelle der Typen Imp, Italia und Indra präsentieren. Aber die hier gezeigte Murena 429 GT war sozusagen der Oberhammer aus den Turiner Werkstätten.

Zwei nicht gerade arme Typen aus New York waren es leid, nicht das ideale Auto für Ausflüge zum Skifahren oder ähnlichem zu besitzen, der Station Wagon war geräumig, bot aber keinen Fahrspass, beim Porsche war es genau umgekehrt. So kamen Charlie Schwendler, Sohn des Mitgründers der Grumman-Flugzeugwerke und Joe Vos in Verbindung mit Frank Reisner. Dieser hatte schon schlechte Erfahrungen mit anderen Leuten, die riesige Projekte versprachen, die sich letztlich als große Seifenblase erwiesen. Mit den beiden Amis schien es einfacher, sie wollten keine Großproduktion anleiern, sondern nur zwei identische Autos für sich. Ideen und grobe Skizzen gab es auch, man wollte einen luxuriösen Kombi mit den Leistungen eines Supersportwagens. Ein erster Besuch bei Intermeccanica im Februar 1968 lief eher schlecht ab, die Reisners hielten Joe Vos für einen Steuerfahnder und er fand es unglaublich, dass in den vorgefundenen Hallen Autos gebaut werden konnten. Letztlich schien aber die Persönlichkeit Frank Reisners den Ausschlag gegeben zu haben und man wagte sich an das Projekt. Franco Scaglione, sozusagen der Hausdesigner, war verhindert, deshalb durfte ein Nachwuchsmann namens Ivo Barison die Grundform des Autos zeichnen. Als Antriebsquelle sollte Fords nagelneuer Big Block-V8 in Verbindung mit einer Dreigangautomatik dienen. Für die Holzform, über die die Karosseriebleche geformt werden sollten, war ein Holzkünstler namens Raniero zuständig, der erst davon überzeugt werden musste, dass die im Plan angegebenen Maße stimmen, seiner Meinung nach würde dieses Auto auf keine italienische Straße passen. Die nächste Anekdote betrifft die Namensgebung. Joe Vos war mit einem FIAT-Manager beim Essen in einem exklusiven Restaurant und fragte nach dem Namen einer Fischart, die in seinem Salat enthalten war. Sein Lunchpartner wusste die Antwort: "Das ist eine Murena, ein sehr seltener Fisch aus sardischen Gewässern!" Und so bekam das Auto seine Bezeichnung und Joe den Kommentar, dass er für vier Dollar, den Preis der Vorspeise, einen passenden Namen fände, wofür ein Konzern bis zu einer halben Million ausgäbe. Im März 1969 war die erste Murena fertiggestellt, Charlie Schwendler flog nach Italien, um das Auto auf dem Kreuzfahrtschiff Rafaelo nach New York zu bringen. Bei der dortigen Autoshow erregte der Intermeccanica riesiges Aufsehen, ein kalifornischer Maserati-Händler kaufte vom Stand weg das erste Auto und insgesamt nahm man trotz des extrem hohen Preises von 14.750,- Dollar 200 Vorbestellungen entgegen. Zusätzlich kam noch der damalige Präsident von Ford, Lee Iacocca, zu Besuch, auch er wollte den Wagen kaufen. Man kam überein, dass Vos und Schwendler auf ihrem Überführungstrip von New York nach Kalifornien in Detroit vorbeischauen sollten, damit die Ford-Leute die Murena besichtigen konnten. Das klappte gut, aber auf der Fahrt über die Highways passierten die beiden eine Radarkontrolle, als sie gerade mit 250 -260 km/h testeten, was der Sportkombi draufhat. Letztlich wurden sie gestoppt, konnten aber die Cops durch einige Proberunden besänftigen. Zum Abschied empfahl man ihnen, das Fahrzeug doch zuzulassen, was sie in der ganzen Hektik seit New York vergessen hatten.

Letztendlich kam es doch zu keiner größeren Produktion, die Möglichkeiten bei Intermeccanica waren begrenzt, und die beiden Amerikaner wollten doch nicht den großen Schritt zum Automobilhersteller wagen. So blieb es bei zehn Murenas, immerhin fünfmal soviel wie ursprünglich geplant. Eine davon hielt allerdings nur eine Woche, ein Bandmitglied der Rockband Iron Butterfly schrottete das Auto und kaufte sofort eine neue Murena. Die Ausstattung war für 1969 sehr fein: Klimaautomatik, Leder, getönte Scheiben, heizbare Heckscheibe, elektrische Fensterheber, Radio, 8-Spur-Tonband, Barfach, Picknicktische, später sogar ein Kühlschrank. Die Mittelkonsole ähnelte mit ihren Schaltern und Hebeln ganz bewusst einem Flugzeugcockpit. Die zehn Autos wurden in sieben verschiedenen Farben ausgeliefert, das letzte im März 1971.

Thomas Roschmann hat wieder tief in die Raritätenkiste gegriffen, aber die Murena von Autocult wird dem Vorbild gerecht. Die schiere Länge und Breite des geduckt wirkenden Sportkombis ist hervorragend wiedergegeben, die schlichte Form mit wenig Chrom und dem beeindruckenden Kühlermaul mit den riesigen Doppelscheinwerfern ist etwas ganz besonderes, unterstrichen durch die Leichtmetallräder, die satt in den Kotflügeln sitzen. Die Lackierung ist makellos, auch die Fertigungsqualität ist gewohnt gut, lediglich ein kleiner Farbklecks von der Farbe des Interieurs oberhalb des Heckfensters ist dem Endkontrolleur wohl entgangen, das lässt sich aber sicherlich wegpolieren. Die Scheibenrahmen, Zierleisten, Türgriffe, Schriftzüge usw. sind fein ausgeführt, das zweifarbig gestaltete Interieur macht Freude, die Schalter auf der Mittelkonsole sind zumindest angedeutet. Die Intermeccanica Murena 429 GT ist ein tolles Stück italo-amerikanischer Autogeschichte. Betrachtet man Fotos vom Vorbild, sieht man, dass wohl keine Murena der anderen glich. Unterschiedliche Räder, Rücklichter, Markenzeichen im Grill sind zu finden, uns gefällt die Interpretation von Autocult in dunkelblau mit hellbraunen Sitzen und Leichtmetallrädern ausnehmend gut.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel, für weitere Informationen empfiehlt sich das Buch: "Intermeccanica - The Story of the Prancing Bull" von Andrew Mc Credie, das derzeit bei einem bekannten Onlinebuchversand für rund 35 Euro erhältlich ist

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