Dienstag, 26. Januar 2016

Der Reifentestwagen - Maybach SW38 Stromliniencoupé Dörr & Schreck 1938 von NEO Scale Models, 1:43

Über die Marke Maybach braucht man nicht allzuviele Worte verlieren, die Geschichte ist als bekannt vorauszusetzen: Dr. Karl Maybach, der Sohn von Wilhelm Maybach, dem Schöpfer des ersten Mercedes, gründete 1910 am Bodensee eine Firma, die mit Luftschifftriebwerken begann, dann aber Automotoren baute und diese ab 1921 auch in eigene Chassis montierte. Diese Fahrzeuge waren immer technisch ihrer Zeit voraus und in der absoluten Oberklasse eingeordnet. Bereits 1929 kam der erste Zwölfzylinder, der unter dem Namen Zeppelin berühmt werden sollte. Etwas kompakter war der 1935 präsentierte SW35, Maybachs erster Vollschwingachser mit einem Sechszylinder von 3435 ccm und 140 PS. 20 Sekunden von 30 auf 100 km/h im direkten Gang und 140 km/h Spitze waren damals Sportwagenwerte, auch wenn die Limousine mit kurzem Radstand rund 2250 kg wog. Bei den nachfolgenden SW38 und SW42 wurde nur der Hubraum erhöht, die Leistung blieb gleich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Personenwagenbau nicht mehr aufgenommen und 1960 wurde die Firma inklusive der Markenrechte von Daimler-Benz gekauft. Ab 2002 baute man unter dem Traditionsnamen wieder Luxusautos, aber der Markt zeigte nicht genug Interesse, so dass die Produktion 10 Jahre später eingestellt wurde.

Auf Basis eines SW38 ließ sich die Reifenfirma Fulda ein spektakuläres Testfahrzeug bauen. Freiherr Reinhard Koenig-Fachsenfeld, einer der frühen Stromlinienpioniere, schuf nach Jaray-Patenten eine elegante, windschlüpfrige Coupélinie, die beim Frankfurter Karosseriebauer Dörr & Schreck in die Tat umgesetzt wurde. Der Freiherr musste die Maybach-Leute erst überzeugen, dass der traditionelle Kühler ein Hindernis darstellen würde, aber dann gelang eine sehr niedrige, moderne Frontpartie. Auch der Rest des Autos sah gut aus, die Zweifarbenlackierung betonte noch den schmalen, spitz auslaufenden Dachaufbau und mit Zierat ging man äußerst sparsam um. Immerhin erreichte man auf der neuen Autobahn ca. 200 km/h, 60 mehr als das konventionell karossierte Chassis. Reinhard Koenig-Fachsenfeld bezeichnete später diesen Maybach als seinen besten Job.

Die 1890 von Jacob Dörr in Frankfurt gegründete und nach dem Eintritt von Matthias Schreck, einem künstlerisch und technisch begabten Bayern in Dörr & Schreck umbenannte Firma kam nach 1945 auch nicht mehr richtig auf die Beine, man hielt sich mit Reparaturen über Wasser, nach dem bald folgenden Verkauf wurde das Unternehmen liquidiert. Das gleiche Schicksal traf den Maybach, nach dem Krieg verschwand er auf Nimmerwiedersehen. Auch die Firma Fulda erinnerte sich später an die Geschichte und man brachte Daimler-Benz dazu, ein neues gemeinsames Projekt zu starten, den Maybach Conceptcar Exelero. Mit diesem Stealth Fighter auf Rädern erreichte Klaus Ludwig auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke im italienischen Nardo 351,45 km/h, benötigte dafür aber auch einen 5,9-Liter-Zwölfzylinder mit 700 PS.

NEO Scale Models hat sich der Aufgabe gestellt, ein Modell nach wenigen vorhandenen Fotografien zu erstellen und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Mag sein, dass die Frontscheibe etwas hoch, die Türe etwas kurz und das Heck etwas zu abfallend gestaltet ist, aber das sind subjektive Eindrücke, die Perspektive der Fotos täuscht das Auge häufig. Der Charakter der langgestreckten, aerodynamischen Karosserieform ist jedenfalls gut wiedergegeben. Die Anbauteile sind fein und bei unserem Muster perfekt montiert, ebenso die Fenstereinsätze mit ihren fotogeätzten Rahmen. Die Maybach-Logos und die originalgetreuen Nummerntafeln sowie die feinen Gittereinsätze an der Schnauze und den Flanken sowie die einwandfreie Lackierung machen Freude, ebenso der Innenraum mit schönem Armaturenbrett und Ersatzrad hinter den beiden Sitzen. Die Lochfelgen mit Chromradkappen sind ok, wo man aber 1938 derartige Breitreifen herbekommen hätte, entzieht sich unserer Kenntnis.

Dies ist aber der einzige offensichtliche Schwachpunkt an einem ansonsten gelungenen Modell, wer die rund 90 Euro Anschaffungspreis verschmerzt hat, kann entscheiden, ob der SW38 in der Vitrine dem Exelero von Schuco oder anderen Stromlinienfahrzeugen der 30er Jahre Gesellschaft leisten soll.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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