Donnerstag, 24. September 2015

Franco Scagliones letztes Design - Intermeccanica Indra Fastback Coupé von BoS Models, 1:43

Die kleine Marke Intermeccanica mit ihrer bewegten Geschichte ist inzwischen modellautomäßig gut repräsentiert: Neben einem alten Diecast-Indra von Pilen, den feinen Griffith und Italia von Automodello, dem Ford Mustang Station Wagon von Matrix und AutoCults kürzlich vorgestellten Imp kann der Sammler dank BoS jetzt auch noch einen Indra Fastback in die Vitrine stellen.

Es war 1968, als Frank Reisner, der Gründer und Besitzer von Intermeccanica, in Kontakt zu Erich Bitter kam. Bitter war Rad- und Autorennfahrer, beendete seine Sportkarriere allerdings 1969 aufgrund eines schweren Unfalls, und baute zeitgleich ein Unternehmen namens Rallye-Bitter auf, das andere Rennfahrer mit Helmen, Bekleidung, Schalensitzen und allem versorgte, was sie für ihre Einsätze brauchten. Dazu kam noch der Import für Abarth Sport- und Rennautos. Die Idee, den derzeit in Turin produzierten Italia nach Deutschland zu importieren, lag nahe, dank ISO und De Tomaso waren exotische Sportwagen mit Großserientechnik gerade en Vogue. Für Intermeccanica war der deutsche Markt eine interessante alternative zum US-Markt, wo die Gewinne deutlich schrumpften. Trotz großer Probleme mit der Qualität und ziemlich laxem Umgang mit Reklamationen seitens Frank Reisner konnte Bitter einige Italia in Deutschland absetzen, nachdem zumindest am Fahrwerk Verbesserungen durchgeführt wurden, die das Auto den höheren Geschwindigkeiten in Europa anpassen sollten. Typische Antwort Reisners auf „kleine“ Probleme wie gebrochene Vorderradaufhängungen oder Motorschäden: „That's interesting!“. Bitters Kontakte zu Opel und der dort vorhandene Diplomat mit De-Dion-Hinterachse führten zur Idee, auf dieser Basis einen neuen Sportwagen zu konzipieren. Ein stabiler Rahmen wurde mit den technischen Elementen des großen Opel bestückt, der Radstand betrug 2,50 m statt 2,845 m bei der Limousine, wahlweise konnte der 2,8-Liter Sechszylinder oder der Small-Block V8 mit 5,4 Litern Hubraum eingebaut werden. Das Design stammte von Franco Scaglione (1916 geboren), der in den Fünfziger Jahren vor allem durch die bei Bertone entstandenen BATs berühmt wurde, stromlinienförmige Studien mit teils überdimensionalen Heckflügeln. Auch der NSU Sport Prinz oder der Abarth Carrera stammten aus seiner Feder und Klassiker wie die Alfa Romeo Giulietta Sprint oder der 33 Stradale. Der Indra war sein letztes Projekt, durch die Pleite Intermeccanicas in Europa verlor er fast sein ganzes Vermögen und zog sich verbittert zurück. 1993 starb er nach dreijährigem Leiden an Lungenkrebs.

Der Indra erschien zuerst als Coupé und Spider, das Fastback wurde ein Jahr später nachgezogen. Bitter kaufte die Mechanik bei Opel, da Frank Reisner wieder einmal knapp bei Kasse war. Die moderne, etwas aggresive Form wurde nicht von allen als schön empfunden, aber das Interesse war durchaus groß. Leider machten die üblichen Qualitätsmängel einen möglichen Erfolg zunichte. Die an routinierte Großserienqualität gewohnten Opel-Händler und -Kunden konnten sich mit der nonchalanten Art, Autos zusammenzuschustern nicht abfinden. Wassereinbrüche, Rostschäden usw. gehörten zum Alltag, die Garantieleistungen seitens Bitter stiegen ins Uferlose. Letztlich führte dieser Umstand zum Projekt Bitter CD, mit dem Erich Bitter zusammen mit Opel und dem Karosseriewerk Baur einen GT nach seinen Ansprüchen entwickelte. Für Frank Reisner eine bittere Pille, er bekam keine Komponenten mehr, und auch der Versuch, den Indra in Amerika zu vertreiben, scheiterte. Es folgte wie gesagt der Konkurs und die Flucht der Reisners aus Europa, Intermeccanica entstand neu in Kalifornien und wurde vor allem mit Porsche-356-Replikas bekannt. Insgesamt entstanden ca. 150 Indras, davon 26 Fastback Coupés, das letzte mit einem 7-Liter Cobra-Triebwerk.

BoS Models, die Eigenmarke von Model Car World, möchte Lücken im Angebot durch relativ preiswerte, etwas einfacher gefertigte Resinmodelle füllen, was bisher oft sehr gut gelungen ist. Mit dem Indra sind wir hingegen nicht ganz glücklich, dazu gleich mehr. Die Grundform ist wie gewohnt gut getroffen, die gestreckte Linie mit den auffälligen Kotflügelverbreiterungen passt, die breite Spur mit den unten eingezogenen Flanken und dem keck in die Höhe weisenden Heck geben dem Coupé sein typisches Aussehen. Die Lackierung ist tadellos, die mit silberfarbenen Rahmen bedruckten Fenstereinsätze wirken etwas billig und sind ausserdem bei unserem Fotomuster rechts hinten nicht richtig verklebt. Die Schwellerzierleisten und der einzelne(?) Scheibenwischer sind Fotoätzteile, Rücklichter, hintere Stoßstangen und seitliche Lüftungsgitter sind eingesetzt, auf der Front und dem Kofferdeckel findet man vorbildgerechte Schriftzüge. Die Innenausstattung ist komplett schwarz, lediglich Armaturenbrett und Mittelkonsole sind bedruckt. Soweit, so gut, aber leider hat man wohl keine genaue Vorbildrecherche betrieben, sondern ein nicht originalgetreu restauriertes Fahrzeug nachgebildet. Neben dem Einzelscheibenwischer fallen vor allem die falschen Felgen und die Frontgestaltung auf. Eigentlich besaßen die Indras ferrari-ähnliche Fünfsternfelgen und auch an der Front zwei Stoßstangenelemente im Bereich des Frontgrills. Statt der beim Modell vorhandenen waagrechten Chromleiste gehört in die Mitte das Firmenlogo, der aufsteigende Stier. Eigentlich schade, ohne die beschriebenen Mängel wäre der BoS-Indra eine preiswerte Ergänzung für eine Sammlung italienischer Exoten, und durch seine Opel-Technik spricht er sicher auch noch andere Kreise an.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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