Sonntag, 23. August 2015
Das Plastik-Ei - Fuldamobil S7 von BoS, 1:43
Kurz nach dem Modell eines der ersten Fuldamobil-Kleinwagens (unseren Bericht findet man hier), beglückt uns BoS mit der letzten Version dieses Fahrzeugs, dem bis 1969 in kleinen Stückzahlen produzierten S7.
Die bereits parallel zum „Silberfloh“ gebaute S-Serie unterschied sich vor allem durch eine gerundete, modernere Karosserielinie. Der S1, noch mit einem Aufbau aus warm verformten Alublechen, fand das Interesse der Nordwestdeutschen Fahrzeugbau GmbH in Wilhelmshaven, die durch Aufbauten für Ford-LKW und -Busse bekannt wurde. Dort wurde das Fuldamobil in Lizenz als NWF 200 gefertigt, allerdings endete diese, wenig erfolgreiche Zusammenarbeit bereits im Sommer 1955. Trotzdem zeigte die Elektromaschinenbau Fulda auf der IAA im September den S4, eine Weiterentwicklung mit einem hinteren Zwillingsrad ähnlich der Isetta, da der Gesetzgeber die Steuervorteile für Dreiradfahrzeuge aufgehoben hatte. Angetrieben wurde der S4 jetzt vom gleichen Sachs-Motor, der auch im Messerschmitt-Kabinenroller verbaut wurde. Die Stückzahlen blieben dennoch gering, und die Versuche, neue Lizenznehmer zu finden, waren nicht wirklich erfolgreich.
Karl Schmitt, der Besitzer der Elektromaschinenbau Fulda, wollte den Fahrzeugbau, gewissermaßen sein Hobby, doch nicht ganz lassen. Die Chance, sein Mobil noch einmal zu aktualisieren, sah er in der Entwicklung einer Kunststoffkarosserie. Mit ihr wurde der Kleinwagen über einen Zentner leichter, größere Fensterflächen und eine Panoramaheckscheibe verbesserten die Optik, zusätzlich war die Fertigung in kleinen Stückzahlen einfacher und billiger. Das überzeugte den Engländer York Nobel, der unter großem Getöse, unter anderem mit der Ex-Kaiserin Soraya als Direktorin, das in Nobel 200 umgetaufte Fuldamobil als „biligstes Auto der Welt“ propagierte. Der Erfolg blieb aus, die Welt brauchte keine Kleinwagen dieser Art mehr, allerdings fand das Fuldamobil S7 doch noch in vielen Ländern Lizenznehmer, so in Holland, Schweden, Norwegen, Chile oder Argentinien. Mit am bekanntesten wurde sicherlich der griechische Nachbau, der als Alta bzw. Attica bescheidene Verbreitung fand.
Selbst die Einstellung der Produktion des Messerschmitt Kabinenrollers und damit des Fuldamobil-Triebwerks konnte Schmitt nicht davon abhalten, weiterzumachen. Er wandte sich erfolgreich an die Heinkel-Werke, die den für ihren eigenen Kabinenroller konstruierten 194 ccm-Viertakter noch in geringer Stückzahl fertigten. Gleichzeitig wurde noch die Vorderradaufhängung modernisiert, die Querblattfeder wich Federbeinen, und die Seilzugbremsen wurden durch eine hydraulische Anlage ersetzt. Lediglich die Selbstmördertüren blieben dank einer Ausnahmegenehmigung erhalten. Damit hatte das Fuldamobil den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht. 1968 wurde Heinkel von Daimler Benz übernommen, sofort war Schluss mit der unrentablen Kleinmotorenproduktion. Bis 1969 reichte der Vorrat an Triebwerken, dann endete die kleine Produktion des Fuldamobils rund 20 Jahre nach der Präsentation des ersten Modells. Vom S7 wurden in knapp 12 Jahren rund 700 Stück hergestellt, man kann sich gut vorstellen, wie unrentabel dieses Hobby des Herrn Schmitt letztlich war.
Mit seiner Eigenmarke BoS präsentiert uns Modelcarworld immer wieder sehr ausgefallene Vorbilder als Resinminiaturen im günstigeren Preisbereich von unter 40 Euro. Das Fuldamobil füllt eine Lücke in jeder Sammlung deutscher Autos oder von Kleinwagen. Als Vorbild hat man sich ein restauriertes Fahrzeug ausgesucht, dass im Prototyp Museum steht (oder stand?). Die einfachere Machart der BoS-Miniaturen fällt bei dem kleinen Dreirad kaum auf: Scheinwerfer, Seitenblinker und Rücklichter sind eingesetzt, ein fotogeätzter Wischer und ein filigraner Rückspiegel mit der typischen dreieckigen Grundplatte sowie ein als Einzelteil montierter Auspuff sind schöne Details, der Rest ist in der Form gegossen und silber bedruckt, damit kann man gut leben. Vor allem die Fenstergummis wirken gut so. Innen ist das Modell auf recht hohem Niveau, bunt gemusterte Sitzbezüge, Schalthebel und ein detailliertes Armaturenbrett sind erfreulich. Die Gesamtform, die kleinen Räder und die Ausführung der Lackierung und der Montage der Fenstereinsätze sind lobenswert. Wirklich nur ganz leise Kritik äußern wir an den üblichen dummen BO-S-Kennzeichen mit AU-Plakette und an der etwas plumpen Bodenplatte, die auf Höhe der Vorderräder kaum mehr Bodenfreiheit zulässt. Dass man die sehr seltene Dreiradversion gewählt hat, soll nur erwähnt werden, üblicherweise wurden die Fuldamobile S7 mit zwei Hinterrädern ausgeliefert. Schön, dass man die beim restaurierten Vorbild vorhandenen zusätzlichen vorderen Blinker weggelassen hat!
Unser in der Vorstellung des Fuldamobil N2 genannter Wunsch nach einem S wurde blitzschnell erfüllt, hoffen wir, dass die Macher von BoS weiterhin so gute Ideen haben und wirkliche Lücken im Angebot aufspüren.
Fotos und Text: Rudi Seidel