Mittwoch, 19. August 2015

Ein Kombi für den Avvocato - Fiat 130 Giardiniera Villa d'Este Introzzi von Matrix Scale Models, 1:43

Giovanni Agnelli, genannt der „Avvocato“, der langjährige Boss des Fiat-Imperiums hatte den großen Vorteil, dass er sich seine Wunschautos einfach bauen lassen konnte. Zu seiner Zeit als Playboy in den 50ern und 60ern waren das exklusive Einzelstücke auf Ferrari-Basis wie der 375 America, der 410 SA, beide mit eher ungewöhnlichem Pininfarina-Design, dann noch die 365 P Berlinetta Speciale mit drei nebeneinanderliegenden Sitzen, der Fahrer in der Mitte. Später gab es noch einen Testarossa Spider, aber auch Strandwagen namens Eden Roc sowohl auf Basis des alten Fiat Multipla von 1956, aber auch des verunglückten neuen Multipla von 2001. Und dann gab es einige Kombiwagen für den Alltag oder auch für den Skiurlaub in St. Moritz, unter anderem einen Fiat 125 (ebenfalls kein Serienauto), den Fiat 130 Maremma, einen Sportkombi auf Basis des Coupés, einen Lancia Thema 8.32 Giardiniera und eben den hier präsentierten 130 Villa d'Este.

Der Fiat 130 war 1969 wieder einmal ein Versuch des Turiner Konzerns, in der Oberklasse Fuß zu fassen. Leider gab es in Italien zu wenig Kunden für so ein großes Fahrzeug, und im Rest von Europa hatte man keine realistische Marktchance. Dazu kam, dass die erste Serie mit 140 und später 160 PS und einer trägen Borg-Warner-Dreigangautomatik eher untermotorisiert war. Ab 1971 gab es eine Hubraumerhöhung von 2.900 auf 3.200 ccm, 165 PS mehr, eine GM-Automatik und ein besseres Armaturenbrett mit Rundinstrumenten statt des Bandtachos. Dies und die Einführung eines hocheleganten Pininfarina-Coupés brachten auch nicht mehr zuviel Erfolg, 1977 war Schluss mit Oberklasse-Fiats, das blieb bis heute so.

Auf Basis des Fiat 130/3200 entstand dann der Kombi für Gianni Agnelli. Mit dem Bau dieses eleganten Familiare wurde die Officine Introzzi in Lipomo (Como) beauftragt, eine 1960 gegründete Firma, die hauptsächlich Krankenwagen, gepanzerte Fahrzeuge, Lieferwagen und auch Leichenwagen fertigte. Mit dem Tod des Firmengründers endete auch die Geschichte von Introzzi, 2014 wurden die Fabrikanlagen abgerissen, heute steht dort eine Audi-Niederlassung. Mit dem „Villa d'Este“ hat man sicherlich ein Meisterstück geliefert, das Kombiheck mit der Klappe harmoniert hervorragend mit der klaren Grundform des großen Fiat. Die Holzimitation an den Flanken ist zugegebenermaßen etwas zeitgeistig, der große Gepäckträger ist beim Original noch mit einem geflochtenen Korb bestückt, angeblich haben die Agnellis darin die Skier befördert, ohne sie festschnallen zu müssen. Der Avvocato und seine Frau Marella waren oft mit dem 130er in St. Moritz und machten damit dort keine schlechte Figur. Quellen berichten, dass es insgesamt vier solcher Kombis gab, allerdings hatte nur Agnellis Auto die Holzimitation und den Gepäckträger. Ab und zu sieht man den Fiat bei Events, so 2012 beim Concorso in Villa d'Este, wo er besonders gut hinpasst; bei einer Sonderschau 2013 in Turin, wo diverse Autos Agnellis präsentiert wurden, später wurde er allerdings in England zum Verkauf angeboten und auch veräußert.

Das Modell ist wie gewohnt in der großen Matrix-Box verpackt und sieht wirklich toll aus. Die Form ist sehr gut getroffen, die Detailfülle überragend. Wo man hinschaut, Chrom- und Ätzteile, die für das Auge sehr gut verarbeitet sind, die unerbittliche Makrolinse zeigt dann doch einige Ungenauigkeiten, aber das sollte man wirklich nicht überbewerten. Schöne Alufelgen, Reifen mit vorbildlichem Querschnitt, auch der schwarze, beim Vorbild sicherlich später montierte Außenspiegel und die Schmutzfänger mit Fiat-Schriftzug fehlen nicht. Im Innenraum ist ebenfalls alles in Ordnung, die Lackierung und die Holzflächen können gefallen. Bleiben aus meiner Sicht drei kleine Kritikpunkte: Die Motorhaube ist beim Original in der Mitte fast glatt, der ausgeprägte Falz beim Modell passt so nicht. Der an sich sehr filigrane Dachgepäckträger steht etwas zu hoch über der Karosserie, schade, dass man den typischen Korb einfach weggelassen hat, wie auch die Nebelscheinwerfer unter der Stoßstange. Dennoch ist der Fiat 130 Introzzi ein beeindruckendes Modell und ein Glanzstück für die Fiat-Sammlung. Vielleicht lassen sich unsere niederländischen Freunde auch noch zum Pininfarina Maremma hinreißen, dieses elegante Kombicoupé wäre eine tolle Ergänzung!

Für unser Fotomuster danken wir unserem Fachhandelspartner Cologne Model Cars!

Fotos und Text: Rudi Seidel

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