Sonntag, 28. Juni 2015

Der letzte echte Bugatti - Typ 101 Coupé Antem 1954 von Matrix Scale Models, 1:43

Der Bugatti 101 war die letzte Entwicklung, an der mit Roland Bugatti ein Familienmitglied beteiligt war. Mit dem Antem Coupé hat sich Matrix Scale Models eines der später fertiggestellten Fahrzeuge vorgenommen. Wir haben die Geschichte dieses Autos recherchiert und das Modell genau betrachtet.

Wie viele andere Hersteller exklusiver Fahrzeuge kam auch Bugatti nach dem 2. Weltkrieg nicht mehr richtig auf die Füße. Nachdem Jean Bugatti, der vielversprechende Sohn von „Le Patron“ Ettore, bereits 1939 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, starb Bugatti selbst 1947 im Alter von 66 Jahren und damit fanden auch die letzten Konstruktionen, der kleine Typ 68 und der 1,5-Liter Typ 73, keine Fortsetzung mehr. Der jüngere Bruder von Jean, Roland beschloss dann 1951, die Produktion mit dem Typ 101 fortzusetzen, einer Weiterentwicklung des mit rund 720 produzierten Autos sehr erfolgreichen Vorkriegstyps 57. Leider war der Markt für solche Fahrzeuge Anfang der 50er Jahre kaum vorhanden und der 101 mit seinem Achtzylinder-Reihenmotor und der starren Vorderachse technisch veraltet, was die moderneren, in Pontonform gehaltenen Karosserien nicht ausgleichen konnten. Nach 6 Exemplaren war Schluss. Alles was danach unter dem Namen Bugatti erschien, hatte nichts mehr mit dem Original zu tun. Weder die 251 und 252 Sport- und Rennwagen, die Mitte der 50er von Gioacchino Colombo entworfen wurden, noch die späteren Entwicklungen unter Artioli in Italien und unter Piech/VW waren Fahrzeuge im Sinne Ettore Bugattis.

Mit 3,30 m Radstand und 5,20 m Gesamtlänge war der 101 ein massiges Fahrzeug, die 135 PS der 3,3-Liter-Maschine hatten ihre Mühe, die ca. 1750 kg schwungvoll zu bewegen, die im Antem-Coupé verwendete Kompressorversion mit 190 PS tat sich etwas leichter. Mit über 3.000.000 Francs gehörte der Bugatti zu den teuersten Autos seiner Zeit. Letztlich ein trauriges Ende für eine der berühmtesten Automarken der 20er und 30er Jahre.

Wie gesagt, gab es nur sechs Exemplare mit den Fahrgestellnummern 101500 bis 101506, Nummer 101505 wurde wohl nie produziert. 101500 war der Prototyp mit einer viertürigen Limousinenkarosserie, 501 bis 503 wurden von Gangloff und Guilloré als Coach und Cabrio eingekleidet. 101506 wurde erst 1965 von Ghia mit einem von Virgil Exner gezeichneten Aufbau versehen, die etwas den Stutz Blackhawk und anderen Retrodesigns ähnelte. Unser Auto entstand auf dem Chassis 101504 und wurde erst 1954 auf dem Pariser Salon auf dem Stand der Karosseriefirma Antem präsentiert. Über den Erstbesitzer sind sich die Fachleute nicht einig, entweder war es ein gewisser René Bolloré, wohlhabender Papierfabrikbesitzer und zweiter Ehemann von Ettore Bugattis Witwe, oder der Brüsseler Bugatti-Händler de Dobbleer. Sicher ist, dass das Auto 1963 in der Harrah Automobile Collection in Reo/Nevada landete und 1986 von Jacques Harguindeguy, einem französischen Sammler, nach Europa zurückgeholt wurde. Zu den weiteren Besitzern gehörte der Schauspieler Nicolas Cage, der den Bugatti 2005 kaufte. Letztmals tauchte 101504 im Jahre 2011 bei RM Auctions auf, einem mir nicht bekannten Bieter war er 616.000 $ wert. Optisch änderte sich im Laufe der Jahre einiges: Bei seinem Debüt war der 101 wahrscheinlich dunkelgrün, hatte Weisswandreifen und die Gitter unter den Schwellern waren verchromt. Die französische Zulassungsnummer lautete 572-BS67. Jacques Harguindeguy veranlasste die neue Lackierung in einer für Bugattis typischen Farbkombination rot/schwarz, mit der Begründung: „If you think, it's ugly now, you should have seen it before!“ Zu dieser Zeit waren auch noch der Kühlergrill und die flankierenden Grills rot ausgelegt. Heute sieht 101504 aus, wie das Matrix-Modell es darstellt, mit schwarz ausgelegten Grills und schwarzen Lochblechen unter den Schwellern. Zum Design wäre vielleicht noch zu sagen, dass es schon eine Mammutaufgabe ist, ein zweitüriges Coupé auf 3,30 m Radstand zu bauen. Schön ist der Antem-Aufbau sicherlich nicht zu nennen, aber er zeigt schon interessante Details, wie die vierteilige Pseudopanoramascheibe mit den winzigen, runden Lüftungsöffnungen, die mächtige Haube für den Achtzylinder-Reihenmotor und die Interpretation des klassischen Bugatti-Kühlers. Die schon erwähnten Lochbleche sehen allerdings eher nach Baumarkt aus, schwer zu sagen, welcher Teufel die Firma Antem damals geritten hat. Das Bugatti 101 Coupé ist jedenfalls ein kurioses Einzelstück und damit genau das Richtige für die niederländischen Entwickler von Matrix.

Der erste Blick ist ja oft entscheidend, und in der großen Kunststoffvitrine findet sich ein attraktives Modellauto. Wie von diesem Hersteller gewohnt, finden sich jede Menge Fotoätzteile, die Lackierung ist hochglänzend und die roten Flächen sind perfekt abgesetzt, schön, dass auch die seitlichen Kiemen rot ausgelegt sind. Die Innenausstattung ist fein dargestellt. Die Fertigungsqualität ist bei unserem Muster sehr gut, vor allem die sicherlich komplizierte Verarbeitung der Fensterrahmen ist perfekt. Die Speichenräder sind auf der besseren Seite, die Leuchteinheiten ok. Also eigentlich alles bestens, bis man anfängt, das Modell mit Originalfotos zu vergleichen. Irgendwie ist die Form nicht ganz getroffen. Zu breit, der Dachaufbau zu niedrig, das Heck etwas zu lang, die Scheinwerfer sollten etwas weiter innen sitzen, die vorderen Blinker weiter oben. Dazu kommen noch die zu kleinen Räder, beim Vorbild 17 Zoll, das entspräche im Modell rund 12 mm, leider hat das Matrix-Modell nur 10 mm Durchmesser. Etwas verwunderlich finde ich auch, dass Matrix die Lochblenden an den Schwellern mit der Bodenplatte gegossen hat, statt sie als durchbrochene Ätzteile darzustellen. Aber das ist im Vergleich zu den Mängeln in der Reproduktion der Originalform zweitrangig.

Wieder einmal können wir mit einem Modell von Matrix nicht ganz zufrieden sein. Diesmal stimmt die Qualität, aber leider gibt es Probleme mit der Wiedergabe des Originals. Die Entscheidung bleibt dem Sammler überlassen, ob er rund 90 Euro für ein schönes, aber nicht in jeder Hinsicht vorbildgerechtes Modellauto investieren will.

Wir danken Supercars in München für unser Fotomuster.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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