Montag, 18. Mai 2015

Letztes Aufbäumen - Lamborghini 400 GT Flying Star II Touring von White Box, 1:43

Bereits 1926 gründete Felice Bianchi Anderloni in Mailand die Carrozzeria Touring, die sich sehr schnell zu einem der größten und erfolgreichsten Unternehmen ihrer Branche entwickelte. 1931 präsentierte man mit dem Flying Star einen grandiosen Spider auf Basis eines Isotta Fraschini, der beim Concorso d'Eleganza in Villa d'Este prämiert wurde. Das Design wurde dann auch für kleinere Chassis von Alfa Romeo und Fiat adaptiert. Vor allem für Lancia und Alfa Romeo produzierte man wunderschöne Karosserien, auch die Mitte der 30er Jahre in Mode kommende Stromlinie war ein Thema bei Touring. Erfolgreiche Rennsportwagen trugen auch Spiderkarosserien aus Mailand, zum Beispiel der Alfa Romeo 8c 2900 B als Sieger der Mille Miglia oder die erste Eigenkonstruktion von Enzo Ferrari, der AAC 815. Berühmte Coupéaufbauten waren sicherlich der Alfa Romeo 8c 2900 B Berlinetta Le Mans oder der BMW 328, der bei der Mille Miglia 1940 erfolgreich war. Nach dem Krieg ging es erfolgreich weiter, viele Alfa Romeo 6c 2500 und vor allem die Ferrari 166 Barchetta und Berlinetta waren Meilensteine. Das Superleggera-Prinzip mit alubeplankten Rohrrahmen war zu dieser Zeit höchst erfolgreich. Pegaso, Maserati, Aston Martin, Lancia, Alfa Romeo zählten zu den Stammkunden. Für mich gehören Autos wie der Aston Martin DB 4 oder der Maserati 3500 GT zu den schönsten ihrer Zeit. In den 60er Jahren kamen wirtschaftliche Probleme, manche Aufträge liefen aus und neue waren rar. Zuletzt entwickelte man den ersten Lamborghini, den 350 GT, zu einer Serienversion, auch für den Miura lieferte man einen Entwurf ab. Die letzten Projekte waren dann 1966 der Aston Martin DBS Prototyp und eben der Lamborghini 400 GT, dem man als Reminiszenz an große Zeiten den Namen „Flying Star II“ gab. Leider erinnerte nur der Name an damals, das Design war eher gewöhnungsbedürftig. Präsentiert wurde der Sportkombi auf dem Turiner Salon 1966, anschließend kaufte Jacques Quoirez, der Bruder der Schriftstellerin Francoise Sagan, das Einzelstück. 1999 stand das Fahrzeug zum Verkauf und wurde anschließend bei Touring Superleggera (siehe unten) restauriert und 2013 bei der Rétromobile und in der Villa d'Este präsentiert.

Zurück zur Firmengeschichte; am 31. Januar schloß die Carozzeria Touring ihre Tore, Carlo Felice Bianchi Anderloni, der Sohn des Gründers, rettete Archiv und Modelle, bevor aus den Hallen eine Seifen- und Schuhcreme-Fabrik wurde. Heute existiert unter dem Namen Touring Superleggera einer der exklusivsten Betriebe für die Restaurierung klassischer Fahrzeuge und für Sonderentwicklungen, wie zum Beispiel den Bellagio, ein Kombi auf Basis des Maserati Quattroporte.

Tourings letzte Entwicklung gab es schon damals als Spielzeugauto von Politoys, jetzt bietet uns White Box ein preiswertes Modell dieser Studie an. Ursprünglich stammt der Flying Star II aus einer italienischen Kioskserie, aber auf diese Weise ist er auch für den deutschen Sammler ohne Klimmzüge und ebay & co erreichbar.

Natürlich darf man von einem 20-Euro-Modell keine Wunderdinge erwarten. Wichtig ist erst einmal eine stimmige Linie, da muss man kleine Abstriche machen: Die Windschutzscheibe steht etwas zu steil, die Scheinwerferabdeckungen sind zu stark gewölbt und die zu geringe Bodenfreiheit hinten lässt den Lambo aussehen, als wäre zuviel Urlaubsgepäck eingeladen worden, was ja durch die, wenn auch sehr niedrige, Heckklappe möglich ist. Ansonsten stimmt die Form, vor allem die abgeschrägte Gürtellinie ist gut wiedergegeben. Der Rest ist routiniert gemacht, Chrom- oder Ätzteile sucht man vergeblich, die Scheibenwischer sollte man austauschen, Felgen und Reifen sind hingegen sehr gut. Lackierung und Innenausstattung können zufriedenstellen, Logos und Schriftzüge sind sauber aufgedruckt.

Alternativen gibt es derzeit nicht, so gesehen kann man mit dem Flying Star II die Lamborghini-Sammlung für wenig Geld um einen Exoten erweitern. Und ob man für dieses Auto 80 oder mehr Euro ausgeben möchte, wenn es von einer der Resinemanufakturen produziert werden würde, sei dahingestellt.

Unser Besprechungsmuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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