Sonntag, 28. Dezember 2014

Kuscheltier auf vier Rädern - Autobianchi Bianchina Cabriolet 1961 von Kess Scale Models, 1:43

Zu den kleinsten fahrbaren Untersätzen, die die Bezeichnung Auto verdienen, gehört sicherlich der Fiat 500, der ab 1957 vor allem in Italien geliebt und gekauft wurde und auch noch heute eine riesige Fangemeinde hat. Für Leute mit besonderem Geschmack und etwas mehr Kleingeld durfte es dann eine Sonderkarosserie sein, die von allen italienischen Carozzieri offeriert wurde. Am meisten verbreitet und auch in nennenswerter Stückzahl produziert war die Bianchina von Autobianchi, die uns Kess Scale Models als schnuckeliges Cabriolet präsentiert.

Die Marke Autobianchi SpA entstand 1955 durch Fiat und die Reifenfirma Pirelli aus der Firma Bianchi, der von 1905 bis 1939 durchaus hochwertige Autos baute, aber nach 1945 nur noch Nutzfahrzeuge produzierte, Erstes Modell war eben die kleine Bianchina mit der Technik des Nuova 500, also anfangs Zweizylinder-Twin mit 479 cm3 und 15 PS im Heck, aber viel attraktiverer Karosserie, ursprünglich als Trasformabile, wir würden es als Cabriolimousine bezeichnen. Mit der Zeit wurde die Familie größer, zu dem kleinen Cabrio gesellte sich noch ein Kombi namens Panoramica, der in Deutschland als NSU-Fiat Panorama angeboten wurde, sowie eine viersitzige Limousine mit längerem Dach, um etwas Kopffreiheit für die hinten sitzenden Fahrgäste zu schaffen. Ausserdem existierten noch verschiedene Lieferwagen, auch mit großem Kofferaufbau. Technisch passten sich die Autobianchi der jeweiligen Bauserie des Cinquecento an, zusätzlich gab es noch die Special-Modelle mit dem getunten Motor des 500 Sport, die dann sagenhafte 21 PS erreichten. Der Autor hat dazu persönliche Erinnerungen, mit den Eltern als 4-jähriger Knabe für 10 Tage von Hof in Oberfranken nach Jesolo an die Adria, das war schon noch abenteuerlich, sowohl die Fahrt über die Alpen als auch die Gepäckunterbringung, heute nicht mehr vorstellbar. Die Bianchina war aber schon der ganze Stolz meines Vaters, ein Trasformabile in korallenrot mit weiß, eben in der Special-Version, so etwas hatte Ende der 50er nicht jeder, genauer gesagt, in Hof keiner. Die Bianchina blieb als Cabrio und Berlina bis 1968 in Produktion, der Kombi sogar ein Jahr länger. Inzwischen hatte Autobianchi als Versuchslabor für Fiat die Primula auf den Markt gebracht, eines der ersten Autos nach dem Quermotor/Frontantrieb/Heckklappen-Prinzip, 10 Jahre vor dem VW Golf, nach dem später diese Fahrzeuggattung benannt wurde. Und 1969 kam mit dem A112 die modernere Interpretation des Mini, berühmt auch in den scharfen Abarth-Versionen. Der Nachfolger Y 10 wurde dann schon fast überall als Lancia vermarktet, nur in Italien hielt sich die Marke Autobianchi noch bis 1996. Heute sind vor allem die Bianchina und inzwischen auch der A112 richtige Liebhaberstücke geworden.

Mit Modellen wie dem Kess-Autobianchi geht es einem wie mit kleinen Hunden oder Katzen, man kann ihnen eigentlich nicht böse sein, trotzdem wollen wir uns das Cabriolet schon genau anschauen. Man hat sich große Mühe gegeben, die zierliche und mit einigem Chromschmuck versehene Karosserie nachzubilden, und das mit Erfolg. Vor allem der schwarze, von Chromleisten gerahmte Zierstreifen an der Flanke sieht gelungen aus. Chrom- und Ätzteile sowie Leuchteinheiten sind fein reproduziert und montiert. Erfreulich die Räder mit Chromkappen und Weißwandreifen in der richtigen Breite (125x12), bei unserem Fotomuster allerdings mit zu breiter Vorderachse, die man aber gut kürzen kann, dann schlackern die Räder auch nicht mehr hin und her. Die Bodengruppe ist sehr grob nachgebildet, vor allem leidet darunter die Bodenfreiheit etwas, aber das ist nicht wirklich wichtig. Freuen wir uns lieber über eine schön detaillierte Innenausstattung, die Radkästen sollten allerdings schon mit Gummimatten verkleidet werden und nicht rot lackiert. Erfreulich der Verzicht auf einen Außenspiegel, die Nachbildung des geöffneten Verdecks, die feinen Seitenscheiben und die filigranen Wischer. Der recht feine Windschutzscheibenrahmen wirkt allerdings im Vergleich zur Karosserie etwas zu niedrig, was den Gesamteindruck leider etwas stört.

Rundum gehört das Bianchina Cabriolet zu den erfreulichen Neuheiten des noch jungen Herstellers Kess Scale Models, leider hat man noch kein ganz einheitliches Niveau erreicht, wie uns ein viel zu breiter Alfa Romeo 1900 SS Ghia Coupé von 1954 deutlich zeigt.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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