Mittwoch, 26. November 2014

Das Flügelmonster - Chaparral 2G CanAm 1968 von TSM, 1:43

Jim Hall gehörte sicherlich zu den schillerndsten Persönlichkeiten in der amerikanischen Rennszene der 60er Jahre. Seine Konstruktionen unter dem Namen Chaparral brachten entscheidende Innovationen, allerdings wurde Halls Mut nicht immer durch Erfolge belohnt. Aber spannend war es immer, was der Texaner aus dem Hut zog. Chaparral ist übrigens ein anderer Name für den Roadrunner, einen Rennkuckuck, der im Südwesten der USA und in Mexiko lebt, vielen Menschen ist er auch aus Comic Strips wohlbekannt.

Zum Start der Can Am Series 1966 präsentierte Jim Hall den Chaparral 2E, einen recht kompakten Gruppe7-Renner mit 5,3-Liter Chevy-V8, Automatikgetriebe, Aluminium-Chassis und einem in rund 1,40 Meter Höhe thronenden, riesigen Heckflügel, der über ein Pedal angesteuert wurde. Jim Hall bezeichnete den 2E als sein bestes Rennauto, schnell, extrem gut ausbalanciert und schließlich auch erfolgreich mit einem Doppelsieg in Laguna Seca, übrigens dem einzigen Triumph der Marke bei der Can Am.

Ein Jahr später wurde aus dem 2E der 2G, hauptsächlicher Unterschied war der Übergang zu einem 7-Liter Big Block und dementsprechenden Anpassungen an Chassis und Karosserie, um das größere Triebwerk unterzubringen. Erfolge blieben spärlich, im darauffolgenden Jahr wurden die Vergaser durch eine Einspritzung ersetzt, um die Kraft besser auf den Boden zu bringen, wuchsen die Reifen vor allem hinten, was zu eher unförmigen Kotflügelverbreiterungen führte. Auch der 2G war zwar schnell, aber nicht sonderlich erfolgreich. Schließlich endete die Rennkarriere Jim Halls in Las Vegas, als er bei einer Aufholjagd mit dem Mc Laren von Lothar Motschenbacher kollidierte und komplizierte Beinbrüche erlitt.

Die weiteren Chaparral-Typen 2H und 2J waren noch extremer, der 2H kam nie richtig ins Laufen und der 2J mit seinem zweiten Motor zum Absaugen der Luft unter dem Auto wurde nach wenigen Rennen verboten. Damit war die Can Am-Geschichte für Jim Hall beendet.

Als Can Am-Sammler und Chaparral-Fan hat man dieses neue Modell von TSM sehnlichst erwartet. Mit großer Freude und Erwartung öffnet man die schöne Vitrine, um den 2G zu bewundern. Grundform und Details sehen auf den ersten Blick gut aus, die Lackierung ist einwandfrei. Schön auch die durchbrochenen Gitter über den Vorderrädern. Die Entäuschung folgt aber beim Blick auf Vorbildfotos, die in den Chaparral-Büchern von David Friedman und Richard Falconer, beide bei Motorbooks erschienen, leicht zu finden sind. Am auffälligsten sind die relativ schmalen Hinterräder unter den breiten Kotflügeln. So fuhr der 2G bei seinem ersten Can Am-Einsatz Ende August in Road America, da es dort viel regnete. Dazu passen aber die roten Flügelspitzen und die oben schwarze Airbox nicht, die gab es erst beim LA Times GP in Riverside Ende Oktober. Die Front mit den breiteren Flippers links und rechts, die nicht direkt in die Kotflügelverbreiterungen übergehen, passt zu dem Rennen in Bridgehampton Mitte September. Der kleine OK-Aufkleber rechts vorne war wieder nur in Road America auf dem Auto. Laut TSM soll das Modell das Rennen von Riverside darstellen, dann sind also die Frontgestaltung, der kleine Aufkleber und die Hinterräder falsch. Für uns ist das unverständlich! Von einem Hersteller mit dem Anspruch und diesen Preisen (rund 70 Euro) erwarten wir schon eine vernünftige Vorbildrecherche. Die Detaillierung im Heckbereich könnte außerdem durchaus filigraner sein, die reliefartige Nachbildung der Technikkomponenten und die groben Nietennachbildungen an den Kotflügeln sehen eher nach einem Kioskmodell aus. Und der Unterboden stimmt auch nicht, beim Original gab es ein großes rundes Loch unterhalb des Motors, wie auf den Fotos, die von Jim Halls Unfall existieren, zu erkennen ist, aber das ist eher marginal.

Die Freude über ein zeitgemäßes Modell dieses Meilensteins der Rennwagenentwicklung wird leider von schlampiger Vorbildrecherche überlagert. Das hätte man mit gleichem Aufwand viel besser machen können. Schade drum!

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank dafür.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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