Sonntag, 21. September 2014

Der lange Weg zum Titel - Porsche 956 Sandown Park 1984 Bellof von Spark für Cartima, 1:43

1982 wurde, wie schon öfter in der Geschichte des Automobilrennsports ein neues Reglement für die Sportwagen-Weltmeisterschaft ausgegeben. Die teilnehmenden Fahrzeuge mussten den Regularien der Gruppe C entsprechen. Abgesehen von den üblichen Vorgaben wie Maße, Gewicht, Reifendimensionen u.s.w. gab es einige bahnbrechende Neuerungen. Zum einen waren die Rennwagen als geschlossene „Wing“- oder „Ground-effect-Cars“ auszulegen, zum anderen war die Treibstoffmenge für 1000-km-Rennen auf 600 Liter begrenzt. Zusätzlich durfte das Treibstoffsystem eines Fahrzeugs maximal 100 Liter Fassungsvermögen aufweisen.

Bei Porsche in Zuffenhausen nahm man die Herausforderung an, die eine vollkommene Neuentwicklung bedingte. Das bewährte Team um Projekteiter Norbert Singer entwickelte ja nicht zum ersten Mal einen Rennwagen, die Gesamtverantwortung lag bei Rennleiter Peter Falk. Zuerst betrachtete man die Möglichkeiten der Aerodynamik. Colin Chapman hatte das Wingcar-Konzept 1977 mit seinem Lotus 78 in die Formel 1 geführt. In Weissach erkannte man relativ schnell, dass man das Konzept der F1-Boliden nicht 1:1 adaptieren konnte. Um ein genietetes Aluminium-Monocoque entstand eine Karosserie, die so gestaltet war, dass das gesamte Fahrzeug Abtrieb erzeugte, ähnlich wie eine umgedrehte Flugzeugtragfläche. Ein wichtiger Bestandteil der Aerodynamik war der Diffusor am Heck der Konstruktion. Er saugt ab einer gewissen Geschwindigkeit die Luft unter dem Fahrzeugboden ab und erzeugt einen Unterdruck, der den Wagen an die Straße „saugt“. Hier musste natürlich beachtet werden dass jede Erhöhung des Abtriebs auch den Widerstand erhöht und damit der Endgeschwindigkeit abträglich ist. Die richtige Balance war also gefragt. Während man bei der Vorderachse auf bewährte Konstruktionen zurückgreifen konnte, musste die Hinterachse neu entwickelt werden. Der Luftstrom im Diffusor sollte ja so wenig wie möglich gestört werden. Beim Antrieb verwendete man bewährtes, einen Sechszylinder-Boxermotor mit 2649 ccm Hubraum, Luftkühlung für die Zylinder, Wasserkühlung für die Zylinderköpfe und je einem KKK-Turbolader pro Zylinderbank mit ca. 1,2 Bar Ladedruck. Neu war ein elektronisches Motormanagement. So leistete das Aggregat um die 620 PS bei 8200 1/min. Für Le Mans wurde der Ladedruck auf 1 Bar abgesenkt, was etwa 580 PS ergab. Porsche war und ist bei Leistungsangaben traditionell eher zurückhaltend und gibt immer nur so viel an, wie man unter den jeweiligen Umständen auch erreichen kann. Vor den 24h von Le Mans 1982 sprach ein Journalist Norbert Singer darauf an, dass Lancia ungefähr 100 PS mehr Leistung für seine Rennwagen angibt als Porsche. Singer antwortete: „Nun, dann werden sie uns wohl schlagen“. Die Historie belehrt uns eines Besseren.

Als Fahrer für die Einsatzwagen kam natürlich nur die Crème de la Crème der Sportwagenpiloten in Frage: Jacky Ickx, Jochen Mass, Derek Bell sowie Vern Schuppan starteten bei den 1000-km- bzw. 6h-Rennen, für Le Mans wurde noch ein drittes Fahrzeug mit Al Holbert und Hurley Haywood besetzt. Zusätzlich zum Dreifachsieg in Le Mans wurde Porsche Markenweltmeister und Jacky Ickx Fahrerweltmeister 1982.

Für 1983 bildeten Ickx und Mass ein Team auf dem Nr. 1-Wagen. In Monza teilte sich Bell die Nr. 2 mit Al Holbert, ab Silverstone kam Stefan Bellof ins Team der Nr. 2. In Stefan Bellof sehen viele eines der deutschen Motorsport-Talente schlechthin. Tatsächlich verblüffte der Gießener die Rennsportwelt damals mit seinem überragenden Können. Er begann, eigentlich typisch, mit Kartsport. Von 1973-80 bewegte er Karts in diversen Serien und wurde 1976 Luxemburgischer und 1980 Deutscher Kartmeister. Von 1981-82 Teilnahme an der Formel-Ford, Formel 3 und Formel 2. 1982 bewegte er auch zum ersten Mal Sportwagen: Für die Gebrüder Kremer einen Porsche 936 in der DRM und einen hauseigenen Gruppe 5-Boliden den CK 5, auf Porsche 936 Basis, leider jeweils Ausfall wegen technischer Defekte. Auch eine Teilnahme an den 24h Nürburgring war geplant, der BMW 323i, den er mit Quester und Jelinski teilen sollte, fiel aber aus, bevor Bellof ins Volant greifen konnte. Im Jahr darauf kam endlich der Durchbruch. Zwar gab es noch kein Angebot für ein F1-Cockpit, von dem er lange träumte, aber einen Werksfahrervertrag bei Porsche. Mit Jochen Mass und Derek Bell verstand Bellof sich auf Anhieb sehr gut, nur mit Jacky Ickx wurde er nie richtig „warm“. Der Belgier kam mit der lockeren, lustigen, Art des Jungspunds nicht zurecht. Vielleicht zeigte Stefan Bellof einfach auch manchmal zu wenig Respekt für den Altmeister. Mit Bell als Teamkollegen passte es perfekt. Bellof machte die Pace, Bell verwaltete den Vorsprung und achtete auf den Spritverbrauch. Unvergessen die langen Gesichter der versammelten Sportwagenelite, als der Neuling ihnen in Silverstone 2 Sekunden im Qualifying abnahm. Ebenso legendär seine Fabelrunde auf der Nordschleife, das einzige Mal, dass hier ein Schnitt von über 200 km/h gefahren wurde. Aber auch der Abflug im 1000km Rennen am Nürburgring soll nicht unerwähnt bleiben. Nur einmal, 1983, nahm er an den 24h von Le Mans teil. Hier im Team mit Jochen Mass. Leider zeigte der Porsche immer wieder technische Gebrechen und man musste nach 20 Stunden aufgeben. Für 1984 bekam Bellof dann auch endlich das ersehnte Formel 1 Angebot. Neben Werkseinsätzen für Porsche fuhr er auch noch Sportwagenrennen für Walter Brun, auch auf Porsche 956, und F1 für Tyrrell mit dem Typ 012.
Besonders erwähnenswert ist hierbei sicherlich der GP von Monaco. Bellof startete, im völlig unterlegenen Tyrrell mit Saugmotor vom letzten Startplatz. Im strömenden Regen pflügte er förmlich durch das Feld, um in Runde 24 bereits Dritter zu sein. Eventuell wäre noch mehr möglich gewesen, aber das Rennen wurde wegen des Regens abgebrochen. Pikanterweise war der Rennleiter in Monaco Jacky Ickx. Wegen einer technischen Unregelmäßigkeit am Fahrzeug wurden Tyrrell 1984 alle WM Punkte aberkannt. Bellof konnte sich aber im Dezember mit der Krone des Sportwagen-Weltmeisters trösten. Mit dem Sieg im letzten Rennen im Australischen Sandown Park war er Weltmeister. Zuvor, im September, hatte er am Nürburgring bereits die Deutsche Rennsport Meisterschaft für sich entschieden.

1985 fuhr Bellof nur noch für Brun und Tyrrell, ein Engagement als Werksfahrer ließ sich mit den zunehmenden F1-Einsätzen nicht mehr vereinbaren. Am 01.09.1985 kam es dann in Spa zur Katastrophe. Bei den 1000 km von Spa wollte Bellof einen Werksporsche in der Eau Rouge überholen, dieser, gefahren von Jacky Ickx, hielt dagegen. Die Fahrzeuge berührten sich und Bellof schlug in die Leitplanke ein. Eines der hoffnungsvollsten Rennsporttalente jener Zeit starb den Rennfahrertod. Ickx hier eine Absicht unterstellen zu wollen, wäre vermessen, kein Rennfahrer riskiert eine Kollision an dieser Stelle. Genauso hätte er das Opfer sein können. Die Antipathie der Beiden bewirkte aber sicherlich eine gewisse Verbissenheit, ohne die vielleicht nichts passiert wäre.

Für weitere Informationen ist das Buch „Stefan Bellof - eine viel zu kurze Karriere“ von Rainer Braun und Ferdi Kräling empfehlenswert. Hier wird nicht nur der Rennfahrer, sondern auch der Mensch Stefan Bellof ausführlich beschrieben.

Die Firma car.tima im Baden-Württembergischen Friolzheim würdigt in ihrer Stefan Bellof Collection schon seit längerer Zeit die Leistung des Ausnahmefahrers. In loser Reihenfolge werden bei Spark hergestellte Porsche Rennfahrzeuge von Bellof angeboten, einige Modelle sind aber bereits vergriffen.

Zum Stefan Bellof Tribut am 20. September 2014 erschien nun ein weiteres Modell der Serie. Die Nachbildung zeigt den Porsche 956, mit dem Bell/Bellof im australischen Sandown Park 1984 den ersten Platz belegten und Bellof damit Weltmeister wurde. Die Form des Gruppe C-Boliden ist gut getroffen und zeigt sehr schön die aerodynamischen Eigenheiten des Originals. Ebenso ist die Lackierung makellos. Da es sich um ein Sondermodell handelt, hat Spark die Tabakwerbung angebracht. Das karge Cockpit ist vollständig wiedergegeben, aber leider nur schwer einsehbar. Auch wenn die Rothmans-Porsche aus der Stefan Bellof Collection auf den ersten Blick gleich aussehen, haben doch alle signifikante Merkmale. Beim vorliegenden Modell sind das z.B. Seitenscheiben mit doppelreihigen Löchern. Auch das Fehlen der Felgenscheiben an allen Rädern ist zwar ungewöhnlich, aber fotografisch belegt. Die Miniatur zeigt eine sehr dezente, Darstellung von Gebrauchsspuren und Verschmutzung. Die weißen Punkte an der Front sind keine Decalfehler, sondern Steinschläge. Die Fronthaube ist leicht verschmutzt, an den Seiten sind Abgasspuren vorhanden. Ebenso weisen die Felgen einen moderaten Schleier auf. Bleche, welche den Diffusor am Heck vergrößern, zeigen, dass es sich um die letzte Evolutionsstufe des 956 handelt. Eine Eigenheit des Porsche 956 hat Spark aber übersehen. An allen Rädern waren zwei Bremssättel montiert, das Modell zeigt je nur einen.

Ob man als Sammler alle Rothmans Porsche von Stefan Bellof haben muss, sollte man selbst entscheiden. In eine Porsche- oder Gruppe C-Sammlung sollte aber wenigstens ein Rothmans Kurzheck 956 Einzug halten.

Unser Fotomuster stammt von Car.tima aus Friolzheim.

Text und Fotos: Robert Balb

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