Donnerstag, 11. September 2014

Ritt auf der Nostalgiewelle - Siata 850 Spring Spider von Kess Scale Models, 1:43

Einer der Vertreter der Nostalgie- und Replika-Welle der 60er Jahre war der Siata 850 Spring Spider. Wir haben uns das Resinmodell der Firma Kess angeschaut und beschreiben kurz die Anfänge dieser Fahrzeuggattung.

„Erfinder“ dieser Autos war sicherlich der amerikanische Designer Brooks Stevens. Er nahm 1964 ein Studebaker-Fahrgestell, pflanzte einen Corvette-V8 hinein, packte das ganze in eine Karosse, die entfernte Ähnlichkeit mit einem Mercedes SSK hatte, und verkaufte das Fahrzeug als Excalibur SS. Die Modellreihe wurde ausgebaut, unter anderem mit einem Viersitzer, letztlich existierte die Marke wohl bis 1997! Zeitgleich entstand in den USA ein Nachbau des berühmten Cord 810. Da er nur 80% der Originalgröße erreichte, nannte man ihn den Cord 8/10. Um den Frontantrieb des Originals nachzuempfinden, verwendete man den Sechszylindertreibsatz aus dem Chevrolet Corvair. Bis 1966 entstanden 91 Stück. Im Jahre 1965 zeigte Zagato auf dem Turiner Salon eine Replika des Alfa Romeo 1750 Spider auf einem Giulia-Fahrgestell. Von diesem Auto, das auf Initiative der italienischen Zeitschrift „Quattroruote“ entstand, wurden immerhin 92 Exemplare produziert.

Die in den 50er Jahren durch Sportwagen, die teils auf stark modifizierter Fiat-Technik aufbauten, bekannt gewordene Firma Siata aus Turin präsentierte dann 1967 den Spring Spider, ein auf dem Fiat 850 basierendes kleines Cabrio, dessen Form kein direktes Vorbild hatte, aber durch freistehende Scheinwerfer, mächtiges Kühlergitter, Kotflügel mit Trittbrettern, Speichenräder, ausgeschnittene Türen und freistehendes Ersatzrad am Heck entfernt an englische Roadster der 30er Jahre erinnerte. Die Technik blieb unverändert, mit den 37 PS der 850er Maschine konnte man logischerweise keine Bäume ausreissen. Bis 1970 lief die Produktion von ca. 3500 Exemplaren, dann war es um die Marke geschehen. Wie zeitgenössische Prospekte zeigen, wurde der Spring Spider auch in Deutschland, Frankreich und Holland angeboten, die Fertigungsqualität war italienisch-leger und die Rostvorsorge nicht vorhanden. Später übernahm die sardische Firma ORSA 1974 den Spring und produzierte weitere ca. 2000 Stück mit der Technik des Seat 850, des spanischen Lizenzbaus des nicht mehr hergestellten Fiat. Die Produktionszahlen sind aus Alessandro Sannias Buch „Fiat 850 Fuoriserie“ entnommen, andere Quellen berichten von wesentlich weniger Exemplaren.

Ebenfalls 1967 präsentierte Vignale, eine Karosseriebaufirma aus dem Raum Turin, einen kleinen Spider, die Gamine auf Basis des Fiat 500. Die Karosserieform erinnerte etwas an den Balilla Coppa d'Oro aus den 30ern, mit 18 PS war natürlich noch weniger zu holen, aber für den Weg zum Mittelmeerstrand oder ins Ristorante bei schönem Wetter war der kleine Floh geeignet. In Deutschland wurde die Vignale Gamine vor allem dadurch bekannt, dass der Post-Shop, ein Unternehmen des Otto-Versandhauses, das speziell junge Leute ansprechen sollte, den Spider für DM 3980,- über seinen Katalog anbot. Ein ähnliches Fahrzeug produzierte auch die Firma Zanella aus Parma, der ebenfalls auf dem Fiat 500 basierende Spider nannte sich Erina, zeigte formal Anklänge an den Alfa Romeo 1750 aus den 30ern, über Produktionszahlen ist mir nichts bekannt.

In späteren Jahren gab es noch massenhaft Replikas, z.B. die „Bugattis“ auf VW-Käfer-Basis und vieles mehr, und heute werden wertvolle Rennautos wie Ferrari GTO, Jaguar E Lightweight originalgetreu nachgebaut. Aber das ist schon ein anderes Thema . . .

Doch nun zum Modell: Die Entwicklung der noch relativ jungen Marke Kess Scale Models ist positiv zu sehen. Die ersten Resinminiaturen fanden wir eher schlecht, letztes Jahr war eine Steigerung zu spüren, und der jetzt erschienene Siata Spring macht Freude. Die Form und die Proportionen des ja nicht gerade schönen Autos sind korrekt getroffen, mit Chrom- und Ätzteilen wurde nicht gespart. Schön sind der filigrane Gepäckträger auf der Motorhaube, die Innenausstattung mit feinem Sportlenkrad und die Logos und Schriftzüge nachgebildet. Die etwas groß wirkenden Türscharniere sind durchaus vorbildgetreu. Die gelbe Lackierung ist sehr sauber, die Montage zeigt leichte Mängel, wie die Position der Rücklichter, nicht ganz gerade angebrachte Stoßstangen und etwas schief angebrachte Räder. Vielleicht war aber beim Vorbild auch nicht alles im Lot. Bei unserem Fotomuster war eine Zierleiste etwas locker, was sich leicht beheben ließ. Die kleinen Speichenräder sind durchaus gut, lediglich Spurweite und Reifenbreite dürften schmäler ausfallen, im Original waren 5.50-12 montiert. Wer das vorbildgerechte gelb nicht mag, es gibt auch noch eine weisse Version, dann allerdings mit geschlossenem Verdeck.

Der Vertrieb für Deutschland läuft jetzt über Matrix Scale Models, was bei einigen Modellen die Preise etwas freundlicher werden liess, der Spring geht für rund 65 Euro über die Ladentheke, was für die Qualität und das doch exotische Vorbild akzeptabel ist.

Unser Fotomuster kommt von Supercars in München, vielen Dank für die Unterstützung.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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