Sonntag, 16. März 2014
Frischer Wind: Pagani Huayra von AUTOart, 1:18
Nach dem langen Abschied des Zonda war der Huayra etwas wirklich ganz neues, auch wenn einiges im Zonda R schon getestet worden war. Beim Huayra geht es weniger um Rekorde - der Huayra war mit 3,3 Sekunden von 0-100 km/h und 360 km/h Spitzengeschwindigkeit von Anfang an kein Konkurrent für Bugatti oder Koenigesegg - , sondern um Eleganz, sowohl hinsichtlich der technischen Lösungen wie der innovativen aktiven Aerodynamik als auch hinsichtlich der puren Ästhetik. Und bei all jener Liebe zur sinnlichen Erfahrung von Technik in jedem Detail huscht der Huayra dann sogar doch noch schneller um Teststrecken wie jene von TOP GEAR als die Rekordlerkonkurrenz. Den Ohrenschmaus des Twinturbo-Zischens, wenn man bei diesem Gott des Windes den Gasfuß lupft, oder den taktilen und olfaktorischen Genuss der feinen Materialien des Originals werden wir anhand eines Modells nie teilen können, aber Modellsammler sind per se Ästheten und werden daher ein gutes Modell des Huayra schätzen, um zumindest visuell teilhaben zu können.
Kein Wunder also, dass sich soviele Modellhersteller dieses Wagens angenommen haben. Wie ist also der sehnlichst erwartete AUTOart gelungen?
Ein gutes Anzeichen ist schon einmal die Anzahl der Fotos, die uns Herr Hämel angefertigt hat. Es gibt einfach sehr viel Schönes zu sehen. Schon das geschlossene Fahrzeug gefällt in seiner harmonisch fließenden Linienführung aus allen Perspektiven und Herr Hämel hat für uns meisterlich eingefangen, wie perfekt AUTOart diese getroffen hat. Einen solchen Gesamteindruck würde schon ein zu großes Spaltmaß der Türen und Hauben oder die falsche Federungshöhe der Räder stören. Aber nichts da! Alles perfekt! Zum Teil sind die Spaltmaße besser als auf Fotos vom Vorbild! Und das will bei einem weiß lackierten Modell, das in dieser Hinsicht Schwächen gnadenlos offenlegt, etwas heißen.
Neben dem Gesamteindruck kommt es beim Huayra aber auch auf Details an, denn Horacio Pagani ist geradezu fanatisch detailversessen. Natürlich sind die Bremsanlagen, Felgen und Räder (sogar mit Ventilen, aber wie immer ohne Aufdruck auf den Reifen) erneut gelungen und die berühmten Aerodynamik-Klappen sind - zumindest minimal - beweglich. Es ist zudem immer wieder bemerkenswert, wie perfekt AUTOart die Nachbildung des Sichtkarbons in seiner Strukturierung gelungen ist. Mancher Konkurrent von AUTOart wird wissen, warum er kein Sichtkarbondach nachgebildet hat. Die Karbon-Spiegel sind perfekt einem Frauenauge nachempfunden, wie der Maestro es wollte. Doch Vorsicht! Anders als beim Zonda R werden sie aufgesteckt, nicht geschraubt. Es herrscht Bruchgefahr! Man beachte zusätzlich die Nachbildung der wabenartigen Strukturierung im bicoloren, chromgefassten Rücklichtensemble, das liebevoll nachgebildete Haubenemblem oder die exakt als Fotoätzteile nachgebildeten Schriftzüge des Typennamens "Huayra" und der Signatur seines Namensgebers "Horacio Pagani".
Im Vergleich dazu nimmt man verwöhnt die wie immer perfekte Nachbildung der Frontbeleuchtung und die allseits durchbrochenen Lüftungsgitter allzu selbstverständlich zur Kenntnis und wendet sich lieber dem Blick unter die Motorhaube zu, wo vor allem die Auspuffanlage in ihren originalgetreuen Einfärbungen als kleines Kunstwerk heraussticht, was aber die Nachbildung der Pushrod-Federung samt Radaufhängung und des AMG-V12-Aggregats nicht schmälern soll. Da vergisst man vor Begeisterung fast das Gepäckabteil, das AUTOart mit der Nachbildung der maßgeschneiderten Gepäckstücke versehen hat. Wer möchte da gegen ein Resin-Modell tauschen?
Unter der Fronthaube kann sich nicht viel verbergen, darf man annehmen. Und doch kann man die von Magneten perfekt in Position gehaltene Haube zu allem Überfluss öffnen, auch wenn dort "nur" die Nachbildung der nach unten gerichteten Ventilatoren und die feine Karbonstruktur von Chassis und Innenseite der von außen lackierten Haube sowie ein Einblick in die Nachbildung der vorderen Radaufhängung wartet.
Viel eher lockt da der Innenraum, die Flügeltüren nach oben zu öffnen, sie mit Hilfe der Nachbildungen von Gasdruckfedern offen stehen zu lassen, um die italienisch verspielte Ästhektik des Innenraums zu bewundern. Filigranissimo ist die Darstellung der offenen Schalthebelanlage gelungen, auch wenn ich die Feder nicht dargestellt sehe. Die Mittelkonsole und das verspielte Armaturenbrett mit samt den Schaltpaddeln am Lenkrad sind sehr schön nachgebildet. Auf dem karbonstrukturierten Handschuhfach findet sich völlig korrekt der Huayra-Schriftzug und das Sichtkarbon des Innenraums bildet dort und am Lenkrad einen sichtbaren Kontrast zum matteren Unischwarz des "Leders", aber noch besser hätte das mit einer hellen "Leder"-Ausstattung gewirkt. Schade, anders als beim Wunsch nach der roten Außenfarbe hat man die ästhetischen Hinweise der Fans hier nicht erhört. Was noch schade ist, ist das Fehlen der Pagani-Logo-Prägung auf dem Lenkrad (Welly hat das!).
Es sind also winzige Nachlässigkeiten (beim Aventador fehlte die roten Abdeckung über dem Startknopf), die AUTOart unterlaufen. Das könnte AUTOart bei den anderen Farbvarianten nachbessern, damit vollends klar würde, welcher Modellhersteller in diesem Maßstab dem Huayra und der Vision von Horacio Pagani am meisten gerecht wird. Damit wäre der Huayra von AUTOart meines Erachtens ein klarer Anwärter auf den Titel "Modell des Jahres" und ein würdiger Nachfolger des Zonda R.
Für die Bereitstellung unseres Besprechungsmusters danken wir auch dieses Mal AUTOart recht herzlich.
Fotos: Georg Hämel
Text: Karsten Weiß