
Sonntag, 4. August 2013
„Long may she reign“ – Rolls Royce Phantom VI State Limousine von T.R.L , 1:18
Nachdem Georg Hämel letzten Sonntag die Phantom V Staatslimousine besprochen und sich die Phantom VI Ausgabe gewünscht hatte, wird dieser Wunsch diesen Sonntag wahr, allerdings in 1:18. Über den königlichen Fuhrpark und die typische Dachlinie der Staatslimousinen Elisabeths II war in seiner Rezension schon ausführlich die Rede. So hat natürlich auch dieser Phantom VI die gegenüber der Serienversion angehobene Dachlinie und Kuppelverglasung, die den britischen Untertanen einen guten Blick auf ihre Monarchin erlaubt, wenn diese „at ceremonial speed“ majestätisch an Union Jack schwenkenden Menschenmengen vorbei gleitet, bzw. glitt. Denn der oben zitierte Wunsch „long may she reign“ (dt. „lange möge sie regieren“) aus der britischen Nationalhymne ist bereits so sehr in Erfüllung gegangen, dass der Phantom VI, den die Queen zu ihrem silbernen Thronjubiläum geschenkt bekam schon längst nicht mehr Staatskarosse Nr. 1 ist, sondern zum goldenen Thronjubiläum von der Bentley Staatslimousine abgelöst wurde, die Minichamps im selben Maßstab nachgebildet hat. Trotzdem hat der alte Rolls noch große Auftritte: 2010 geriet der britische Thronfolger Prinz Charles mit seiner Camilla in diesem Wagen, den nun meist er für offizielle Anlässe nutzt, in eine Studenten-Demo und 2011 wurde Kate Middleton in der traditionsreichen Karosse in Begleitung des Brautvaters zu ihrer Hochzeit mit dem nächsten in der Thronfolge, Prinz William, zur Westminster Abbey chauffiert. Da passt es nicht schlecht, dass wir nun, da Herzogin Kate gerade einen weiteren Thronfolgekandidaten zur Welt gebracht hat, ihr Hochzeitsauto rezensieren können.
Da wir den normalen Phantom VI dieses Herstellers schon kennen, müssen wir diese Elemente hier nicht mehr besprechen, sondern konzentrieren uns auf diese Sonderversion.
Nach den nicht allzu scharfen Ebay-Fotos kann man nach dem Auspacken erst einmal aufatmen: Ja, die Staatslimousine hat die richtige Farbe, jene Royal-Claret-over-Black-Livree aller offiziellen Staatslimousinen des britischen Königshauses. Allerdings ist es kein Unilack wie beim Original, sondern lässt Metallic-Partikel funkeln. Auch die hauchfeine rote Linie, die direkt über der Chromapplikation entlang der Flanke des Wagens verlaufen müsste, fehlt. Das königliche Wappen auf den Fondtüren fehlt ebenfalls.
Die hohe Dachlinie und die Verglasung hat T.R.L. aber gut getroffen und auch die runden Nebelleuchten der Normalversion durch eckige ersetzt, wie sie der historische Wagen hat. Die Blinker in den Kotflügeln sind dagegen nicht vorbildgerecht, sondern wurden von T.R.L. (sicher aus ökonomischen Gründen) von den anderen Phantom VI Karosserie-Varianten übernommen. Das zusätzliche Konvoy-Licht über der Frontscheibe ist vorhanden, ist aber weiß statt blau. Dahinter findet sich ein dem Minichamps-Bentley sehr ähnlicher Sockel für das Wappen, auf das wir wie beim Bentley leider verzichten müssen, und dahinter ein Aufnahmepunkt für die königliche Standarte. Vorbildgerecht wurde auf Kennzeichen verzichtet.
Leider bemerkt man bei der Verarbeitung gegenüber dem bereits besprochen Phantom dieses Herstellers einige Nachlässigkeiten. Die Seitenspiegel passten im Auslieferungszustand nicht in die dafür vorgesehen Löcher, sondern mussten erst bearbeitet werden. Der Spiegel im Innenraum fehlt bei meinem Modell ganz, war aber auf den Ebay-Fotos ohnehin am Dachhimmel statt auf dem Armaturenbrett falsch platziert. Bei genauem Hinsehen bemerkt man an den Lüftungsschlitzen an der Front hinter den Nebelscheinwerfern, dass auf einer Seite die Vertiefungen geschwärzt wurden, um zu suggerieren, dass der Schlitz durchbrochen ist, auf der anderen Seite aber nicht! Und dann sind da noch die unschönen Kleberreste bis hin zu dem halben Fingerabdruck auf dem Kofferraum und der unschön verkleisterten Schublade des Kabinettschränkchens im Innenraum. Not very Rolls-Royce, very shocking!
Schade, denn ansonsten punktet das Modell mit derselben schönen Holzimitation wie bei dem schon besprochenen Modell und gibt sich auch Mühe, die Besonderheiten im Innenraum dieser Staatskarosse vorbildgerecht nachzugestalten. So haben die vorderen Sitze zum Beispiel nicht nur eine andere Farbe, sondern auch eine andere Textur als die Sitzbank im Fond, die sogar beflockt wurde um nachzubilden, dass kuschelige, warme Stoffbezüge in Adelskreisen als der wahre Luxus gelten, während sich der Chauffeur auf dem Kutschbock mit strapazierfähigem Leder begnügen muss. Deswegen kann man nur den Kopf schütteln, dass bei soviel Orientierung am Vorbild das Kabinettschränkchen aus dem bereits vergangenen Herbst besprochenen Phantom VI übernommen wurde, obwohl das bei anderen Ausführungen des Phantom VI von T.R.L. oft fehlt. Elisabeth II, die ihre Rolle als Monarchin schon immer sehr ernst nimmt und als Dienst versteht, verzichtet bei ihren Staatskarossen immer auf Luxusausstattung, die im Widerspruch zum Repräsentationszweck dieser Fahrzeuge steht. Die Monarchin mit auf die Glotze geheftetem Blick, statt ihren Untertanen huldvoll zu winken? Ihre Majestät, wie sie dem einfachen Volk zuprostet und sich dann ein Gläschen Sherry oder Gin hinter die Binde kippt? Hätte nicht einmal die verstorbene Queen Mum gemacht.
Generell betrachtet hat T.R.L. mit dem Phantom VI eine geschickte Wahl getroffen und neben anderen Modellvarianten auch dieses historische Unikat nicht als Chance ausgelassen. Das Silver Jubilee Car ergänzt sehr schön den Golden Jubilee Bentley von Minichamps. Schade nur, dass T.R.L. hinter den eigenen, klar vorhandenen Möglichkeiten, was Vorbildtreue und Verarbeitung betrifft, hier durch unnötige Patzer zurückbleibt. Sicher wird sich einiges durch Nacharbeiten beheben lassen, über anderes wird der Liebhaber hinwegsehen müssen. Aber angesichts des Preises: I am not (fully) amused!
Text&Fotos: Karsten Weiß