Sonntag, 14. April 2013

Maranello schlägt zurück - Ferrari F355 Berlinetta von Kyosho, 1:18

Der Ferrari 348 war für den Ruf der Sportwagen aus Maranello in vielerlei Hinsicht ein Desaster. Optisch fragwürdig, schlecht verarbeitet und in den Fahrleistungen enttäuschend ließ der 348 so manchen Fachjournalisten an den Fähigkeiten des Hauses Ferrari zweifeln. Der Sportler mit dem "Cavallino" musste sich in jeder Hinsicht Hondas exzellentem NSX geschlagen geben. Doch 1994 bewies Ferrari, dass man den Bau herausragender Sportwagen noch lange nicht verlernt hatte. Auf dem Genfer Salon stellte man den F355 vor, auf dem ersten Blick nur ein sehr intensives Facelift des 348 - aber in technischer Hinsicht weit mehr als das. Äußerlich hatte der F355 jegliche Testarossa-Zitate, wie die seitlichen Kiemen oder die schwarze Blende über den breiten Rückleuchten verloren. Stattdessen trug er eine elegante neue Frontschürze, klassisch runde Rückleuchten und ein insgesamt etwas abgerundeteres Erscheinungsbild. Die Grundproportionen des 348 blieben erhalten, aber plötzlich wirkte der Wagen frisch und modern. Die wirklich entscheidenden Unterschiede lagen aber unter dem attraktiven Blech, die Technik wurde komplett überarbeitet, das Chassis verfügte jetzt über adaptive Dämpfertechnik, der Fahrer konnte sein bevorzugtes Setup wählen. Der vollverkleidete Unterboden trug Flügelelemente, die das Fahrverhalten entscheidend verbesserten. Entstanden war einer der besten Sportwagen der 90er Jahre.

Die Ferrari-Modelle von Kyosho gehörten lange Zeit zum Besten, was in 1:18 an Modellen nach Vorbildern aus Maranello verfügbar war. Dann verlor man die Sublizenz und die Serie wurde nicht fortgesetzt - bis 2011 eine neue Lizenz direkt von Ferrari erworben wurde und man begann, bekannte Modelle als leicht überarbeitete "High End"-Versionen auf den Markt zu bringen. Die erste Formneuheit seit dem Neustart ist nun mit dem F355 erschienen und mit Preisen um die 200 EUR weckt der Neuling hohe Erwartungen. Leider kann er diese nicht vollends erfüllen.

Auf den ersten Blick wirkt die Form des F355 nicht recht stimmig. Die Frontschürze ist zu wulstig, hinten stehen die Rückleuchten zu stark hervor und irgendwie wirkt das Modell breiter, als das elegante Vorbild. Die Seitenschürzen sind klobig und die Passungen von Karosserieober- und Unterteil sowie der Fronthaube sind nicht optimal und führen zu Spalten, die in dieser Preisklasse unschön sind. Zudem liegt das ganze Modell deutlich zu tief, was vermutlich für den unvorteilhaften Ersteindruck mitverantwortlich sein dürfte. Aber genug des Meckerns, denn Kyoshos F355 hat durchaus auch seine guten Seiten.

Dazu gehört der Innenraum, den Kyosho mit gewohnter Präzision gekonnt verkleinert. Die Oberflächen wirken realistisch und alle Instrumente, Schalter und Hebel sind korrekt nachgebildet. Die Sitze sind sehr gut, die Sicherheitsgurte werden aus Textilmaterial montiert. Der Boden ist beflockt und auch die Türinnenseiten hat man perfekt miniaturisiert. Ebenso perfekt bildet Kyosho den Motorraum nach, in dem der Achtzylinder mit exzellenten Details glänzt. Von der kompletten Verkabelung bis hin zu aufgedruckten Wartungshinweisen oder dem Schild mit der Fahrgestellnummer ist alles zu finden. Interieur und Motorraum entsprechen also durchaus High-End-Ansprüchen.

Die Klappscheinwerfer funktionieren tadellos und schließen mit erfreulich geringen Spalten, die Reflektoren haben ausreichend Tiefe. Auch die Rückleuchten können im Prinzip gefallen, stehen nur zu deutlich aus dem Heckblech hervor. Die Felgen sind schön und korrekt proportioniert, aber die Spur erscheint mir zu schmal - dass der F355 zu tief liegt, wurde ja schon erwähnt. Unter der Fronthaube finden wir einen komplett mit Teppichnachbildung bezogenen Kofferraum mit passendem Gepäckstück, das allerdings fest montiert ist. Trotzdem eine nette Idee. Insgesamt gibt es bei viel Licht aber leider auch viel Schatten an einem Modell, das sicher nicht schlecht ist, aber die durch den stolzen Preis geweckten Ansprüche leider nicht befriedigen kann.

Wir danken unserem Fachhandelspartner modellauto18.de für die Bereitstellung unseres Besprechungsmusters! Sie finden das Modell über diesen Link im dortigen Webshop.

Text und Fotos: Georg Hämel

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